Mobirise


Neuseeland: Südinsel


Tag 259 / Di 23.4.2019 / Renwick
(Cornelia) Früher Aufbruch (7 Uhr) zur ‚Interislander‘-Fähre (Abfahrt um 9), weil man uns vor starkem Verkehrsaufkommen gewarnt hat – letztlich stehen wir schon recht früh in einer der vier Autoschlangen, bekommen dafür aber zwei Sitze mit Aussicht in einem der Bordrestaurants. Zum Glück bin ich gerade abgelenkt, als der Captain angekündigt, dass ‚rather rough sea‘ (ziemlicher Wellengang) in Aussicht sei, weswegen er einen kleinen Umweg fahren müsse. Als aber ‚sickbags‘ (weiße Papiertüten für den Mageninhalt) ausgeteilt werden, habe auch ich das Auf und Ab in den Wellen auch ohne Information schon an mein Großhirn gemeldet bekommen… Letztlich ist aber der Abschnitt im offenen Meer, in der Cook Strait, gar nicht so lang; mehr Zeit braucht man, um aus Wellingtons Bucht herauszufahren und danach, um durch die sog. Sounds (also Meerengen), in der letzten Eiszeit von den Gletschern geschliffen, zum Anlegeort Picton auf der Südinsel zu gelangen. Leider ist die Inselwelt in Nebel und Nieselregen gehüllt und erst kurz vor dem Anlegen, nach gut drei Stunden Fahrt, klart es auf.
Picton besteht nur aus einer Handvoll Häusern, taugt aber für einen Kaffee. Wir verlassen den Ort Richtung Weinanbaugebiet Marlborough (sprich: Marlbrug), in dessen Hauptort Blenheim (sprich: Blänäm) uns die Dame vom Fremdenverkehrsamt zwei Weingüter empfiehlt, die auf Hügeln liegen. Dieser Tipp ist wertvoll: Bald stehen wir auf winzigen Hügeln und blicken auf herbstlich golden und rot verfärbte Weinreben. Die geometrischen Muster sind eine wahre Pracht! Und... ja klar nehmen wir ein paar Flaschen mit, damit wir in unseren Quartieren in Ruhe probieren und den Wein mit entsprechenden Speisen begleiten können. Viele Weingüter haben eine ‚cellar door‘ (so heißt hier die Probierstube) und manche ein Restaurant, die aber wie die meisten Läden in Neuseeland schon um 17 Uhr schließen. Das zweite Weingut pflegt auch ein Neuseeland-Falken-Pärchen, das es einsetzt, um Schädlinge (traubenliebende Vögel in diesem Fall) zu jagen. Aha, auch eine Idee!
Unser Bed&Breadfast ist ein viktorianisches Haus mit einem wunderschönen Garten: sehr putzig! Wir haben Glück, denn wir sind die einzigen Gäste und die Betreiberin wohnt auch woanders. Die Villa gehört einen Abend lang uns!


Tag 260 / Mi 24.4.2019 / Kaikoura
(Cornelia) Wir genießen die Vorteile eines gut geführten B&Bs und erfreuen uns an einem ausgezeichneten englischen Frühstück – erst am Abend werden wir wieder ein kleines Hungergefühl spüren… Gleichzeitig erfahren wir noch einiges über die Familie der Hausherrin: Die Großeltern zogen der Arbeit in einer Zuckersirup-Fabrik wegen von Indien auf die Fidji-Inseln, sie selbst mit sieben und ihrer Adoptivmutter/Tante nach Christchurch; ihr Partner stammt aus den USA, hat aber kürzlich seine amerikanische Staatsbürgerschaft zugunsten der Kiwi-Zugehörigkeit aufgegeben. Ihre 12 Tanten und 14 Onkel leben über die USA, Kanada, Australien und Neuseeland verteilt. So oder ähnlich klingen viele Geschichten von Neuseeländern, die irgendwo in Asien oder Polynesien geboren wurden.
Nun führt uns der Highway 1 erst noch durch hügelige Landschaft mit Weinanbau – das rote und gelbe Laub der Reben ist wieder wunderschön – und überwindet bald mit vielen Kurven einen kleinen Pass. Hier auf der Südinsel muss man auf der Landstraße auch nach Schlaglöchern Ausschau halten. Ah ja, das kennen wir doch…! Eine ‚historic bridge‘ ist ausgeschildert, was heißt, dass die stillgelegte, kombinierte Bahn- und Straßenbrücke (oben das Bahngleis, unten die Straße), die bis ins Jahr 2007 von Autos befahren wurde, Anfang der 1930er-Jahre gebaut wurde. Zum Glück fährt der „Coastal“ (Küstenzug) gerade nicht, als wir neben der Brücke stehen… Jedenfalls hat das Bauwerk eine eigene Ästhetik.
Die meiste Zeit folgt die Straße direkt links oder rechts der Eisenbahnstrecke an der Küste entlang. Wir fahren im Küstennebel und nehmen jeden Bogen mit… Kleiner Halt nach 50 Kilometern in eigenartiger Lichtstimmung an einem seltsamen Strand mit ganz viel Totholz, vieles ganz glatt geschliffen von der Flut. Ein wenig später sind Straßensicherungsarbeiten im Gang; wir nehmen an, dass beim letzten Erdbeben auch Teile der Stützmauer abgebrochen waren. Schließlich erreichen wir Kaikoura, einen gesichtslosen Ort, an dem sich Crayfish-Restaurants (Langusten) und Pubs aneinanderreihen. Unser Motel liegt in Richtung Halbinsel, die wir am späteren Nachmittag erkunden. Glücklicherweise ist gerade Ebbe, so dass wir uns auf flachen Steinterrassen ein Stück in Richtung Seehundkolonie bewegen können. Manche Stellen sind schlammig, manche nur rutschig – man muss wachsam sein. Beim letzten Erdbeben hat es auch einige Felsen aus dem Wasser gehoben; man erkennt sie an der weißen Farbe. Sie weisen eine faszinierende schräge Fältelung auf. Seehunde lungern darauf herum.
In fünf Minuten ist ein Lookout erreicht, von dem man die ganze steinplattenreiche Küste von oben betrachten kann. Wir wandern auf der Klippe noch ein bisschen weiter und sehen in der nächsten Bucht von oben auf eine zweite Seehund-Kolonie. Ein kleiner rosa Schimmer liegt noch auf dem Pazifik vor der Ostküste, aber es wird schnell dunkel. 

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Tag 261/ Do 25.4.2019 / Christchurch
(Cornelia) Ein paar Stunden früher hätten wir in Christchurch ankommen sollen – dann wäre es möglich gewesen, einen Blick auf Prince Andrew zu erhaschen, der zum heutigen Feiertag (Anzac Day – Feiern im Gedenken an die Helden des Ersten Weltkriegs) seine Kiwis besuchte: In Auckland und eben auch in Christchurch…
Aber erst mal der Reihe nach. Am Morgen buchen wir nach eher kurzer Suche ein Apartment in Sydney für die zwei letzten Wochen im Mai. Erleichterung setzt ein – für die Fortsetzung des Abenteuers ist gesorgt! Auf dem Weg zum heutigen Höhepunkt, Whale Watching in Kaikoura, stellen wir fest, dass gleich hinter der Bucht hohe Berge aufragen. Ach so, wer hat die den über Nacht da hingestellt? Gestern waren sie nicht zu sehen!
Zwar ist das Wetter an Land recht sonnig mit nur ein paar Wölkchen, aber als wir bei der Bootsfirma ankommen, lesen wir, dass vor ‚sea sickness‘ gewarnt wird; praktischerweise kann man dort auch gleich Pillen gegen Seekrankheit erwerben, was wir auch ohne Zögern tun, obwohl wir die Kiwis für eher behütend halten. Wir wissen aber auch, dass sich die Wale weit außerhalb der Bucht aufhalten, was eine lange Anfahrt nötig macht.
Das Boot, ein Katamaran, liegt im Hafen; man reist hinter Glas und darf nur an die Reling oder aufs Oberdeck, wenn der Captain von 55 km/h auf Null heruntergebremst hat, wozu er nur 18 Meter braucht. OK, verstanden. Zunächst geht es in geringem Tempo die Küste entlang zu einer Bucht, in der sich schon Hunderte von Delfinen tummeln, sich im Parallelschwimmen üben und sich auch nicht von zwei Booten stören lassen. Die harmonische Bewegung der Delfine ist einfach toll anzusehen und bringt alle zum Strahlen. Kaum sitzen wir wieder, weist man uns eindringlich auf die längst verteilten Spucktüten hin; ein Handzeichen genüge, damit sie entsorgt würden. Recht bald müssen einige davon Gebrauch machen, während andere nur mit leerem Blick versuchen zu überleben. Es schaukelt wirklich mächtig, das Boot platscht in tiefe Wellentäler und wird im nächsten Augenblick wieder nach oben gehoben. An den Seiten spritzt das Wasser meterhoch. Ab und zu stoppt das Boot und der Captain lauscht mit einem langen Mikrofon in die Tiefe des Wassers, um einen Wal über dessen Rufen oder Klicken zu orten. Das gelingt zunächst nicht, aber ein anderes Boot gibt die Ortungsdaten durch; hurtig düst das Boot zur angegebenen Stelle – den nächsten Passagieren wird schlecht… Deswegen bekommen die paar Aufrechten (u. a. Tom und ich) auf dem Oberdeck einen Superplatz an der Reling und sehen den Pott-Wal aus nächster Nähe seine Fontäne nach oben sprühen. Auch der massige, gegen Kälte imprägnierte Körper ist gut zu erkennen. Viele Male spritzt er Wasser nach oben, sachte vom Boot begleitet. Schließlich sagt das erfahrene Personal voraus, dass der Wal bald mit einem eleganten Flossenschwung abtauchen wird. Und genau so ist es: Der Körper erhebt sich etwas aus dem Wasser, die Flosse ragt heraus und – schwupp – beginnt der Tauchgang in unglaubliche Wassertiefen. Weg isser…!
Nach einigen Minuten Fahrt, in denen man versucht, uns durch geologische Informationen zum Unterwasser-Canyon von Kaikoura nach besten Kräften abzulenken, erreichen wir wieder ruhigere Gewässer, sehen noch einmal Delfine, die jetzt in der Nachmittagssonne wie Akrobaten aus dem Wasser schnalzen, sich einmal drehen und wieder ins Meer tauchen. Die Mienen werden heiterer, je glatter der Pazifik ist, und nach gut zwei Stunden auf dem Boot legen wir wieder im Hafen an. Es hat sich gelohnt!!
Die etwa 170 Kilometer kurvenreiche Landstraße zu unserem heutigen Ziel ziehen sich wie Kaugummi; die Herbstsonne steht oft störend tief über dem Horizont, wenngleich sie auch die Landschaft fast theatermäßig ausleuchtet. Gegen 18.30 Uhr sind wir endlich in Christchurch und beziehen unser neues Quartier für die nächsten sechs Tage – mag Prince William noch da oder schon wieder weg sein...


Tag 262 / Fr 26.4.2019 / Christchurch
(Cornelia) Am späten Morgen durchstreifen wir ‚The Colombo‘, die Shopping-Mall gleich gegenüber, mehr auf der Suche nach einem Capuccino als nach einem schicken Fummel – in unserem airbnb gibt es weder Plunger noch Nescafé. Einige Stände bilden einen Mini-Farmer‘s-Market. Für 14 Uhr ist ein Doppeltermin bei einem Friseur am Rande der Innenstadt reserviert; das letzte Mal waren wir vor drei Monaten in Argentinien beim Haareschneiden. Vom Friseur (der Chef selbst war am Werk) gehen wir weiter Richtung Zentrum. Auch ohne Christchurch vor den Erdbeben gekannt zu haben, sieht man die Wunden sofort: Hier wird eine historische Fassade von aufeinandergestapelten Containern gestützt, dort ist ein Haus hinter der Fassade völlig umstrukturiert. An anderen Stelle steht ‚gap filling art‘, also Übergangskunst, oder es gähnen weite Flächen neben Neubauten. Auch eine Übergangskathedrale gibt es, im Volksmund ‚cardboard cathedral‘ genannt, weil aus Pappröhren in nur elf Monaten von einem mit Erdbeben erfahrenen japanischen Architekten errichtet. Ein interessantes Bauwerk, in dem – bis auf Holzstühle – auch die Inneneinrichtung aus stabilen Pappröhren gebaut ist. Statt Glasfenstern gibt es gestückelte, aber dekorative Folie, die einmal mehr die Zerrissenheit demonstriert. Die alte Kathedrale mitten im Zentrum sieht aus wie nach einem Bombenangriff. Wir sind von der Zerstörungskraft des Erdbebens betroffen und vom Aufbauwillen der Bewohner von Christchurch berührt.
Um 18.10 Uhr (kuriose Anfangszeit!) finden wir uns mit bestimmt 50 weiteren Menschen zu einem ‚after work‘-Jazz-Konzert ein und hören einige mit guter Stimme gesungene und schön gestaltete Jazz-Standards, begleitet von Piano und Bass. Der erste Jazz seit Buenos Aires… 


Tag 263 / Sa 27.4.2019 / Christchurch
(Cornelia) Nach einem richtig guten Frühstück starten wir zur Banks Peninsula, östlich von Christchurch. Luftlinie wären es nur 40 Kilometer, aber mit den üblichen Kurven und Schlangenlinien kommt man dann doch auf 80 und braucht knapp 90 Minuten. Ziel ist Akaroa, dunnemals eine französische Gründung, die immer noch mit ein paar französischen Straßennamen kokettiert und auch manche Geschäfte französisch benennt, wohl eher aus Profitgründen denn aus Respekt vor dem Erbe. Immerhin weht auch noch die Trikolore am Ufer der Bucht. Aber das ist ein Vorgriff...
Auf halber Strecke werden wir von einem Biker-Treffen überrascht, auf dem es so manche technische Rarität oder gar Motorräder Marke Eigenbau zu bewundern gibt. Den Stand mit Schmieröl finde ich nicht so attraktiv, aber Tom freut sich an den bunt lackierten Maschinen und den glänzenden Auspuffrohren.
Was uns hauptsächlich nach Akoroa zieht, ist der Garten einer Künstlerin, unter dem Begriff „Giant‘s Home“ bekannt. Die Dame betreibt auch ein B&B, sehr edel und stilvoll, aber auch sehr teuer (um die 270 Euro pro Nacht…). Ein bisschen erinnern die Wege, Durchgänge, Stützmauern, Treppen und Skulpturen auch an den Giardino dei Tarocchi von Niki de Saint-Phalle in der Toskana; der Schwerpunkt liegt aber mehr auf der Gartengestaltung, es gibt kein Gesamtkonzept und der ganze Maßstab ist viel kleiner. Gemeinsam ist beiden Gärten die Verwendung von Zement und zerbrochenen Fliesen, Porzellantellern und Flaschen. Jedenfalls ist es nett, sich die Kunstwerke anzusehen und die Sonne scheint auch gerade.
In der Colombo-Mall befindet sich auch ein Kino… man muss nur zwei Minuten quer über den Parkplatz gehen… da kann ich nicht widerstehen und sehe mir den Film „Red Joan“, dt. Titel „Geheimnis eines Lebens“) über eine britische Physikerin an, die als 80-Jährige (Judy Dench, tatsächlich 84) als KGB-Spionin enttarnt wird. In Rückblenden wird die Geschichte erzählt. (Ich fand den Film besser, als der Kritiker vom "Guardian" schreibt.)


Tag 264 / So 28.4.2019 / Christchurch
(Cornelia) Der Sonntag vergeht mit Eisenbahnfahren. Um 8.15 Uhr setzt sich der TranzAlpine, der die Ostküste (Christchurch) mit der Westküste (Greymouth) verbindet, gezogen von zwei Dieselloks, in Bewegung. Er fährt langsam, so dass die Fahrgäste viel Zeit zum Schauen haben, durch große Ebenen, über abenteuerliche Brücken, die tiefe Schluchten überbrücken, an verzweigten Flusstälern entlang, durch viele Tunnel zum Arthur‘s Pass, der sowohl eine Wasser- wie auch eine Wetterscheide darstellt. Und tatsächlich verlässt uns der Sonnenschein mit dem folgenden Tunnel: Wir tauchen im Regen auf. Schön ist die Landschaft allemal, aber so mancher Gipfel ist doch verhüllt. Die Strecke war nötig geworden, weil Goldsucher zur Westküste gelangen und Schafzüchter ihre Tiere transportieren wollten. Manche der historischen Bahnhofsgebäude aus der Zeit um 1880 stehen noch. Vor Greymouth weitet sich die Landschaft; die Gleise führen über Moore, zu einem See (heute mit Sommertourismus) und durch den Busch. Greymouth selbst wirkt am Sonntag recht verschlafen – wir haben aber nicht den Eindruck, dass unter der Woche mehr los sein könnte. Für die eine Stunde Aufenthalt, einen Kaffee und etwas Luftschnappen ist es passend. Schon ertönt das Abfahrtssignal, und wir rumpeln wieder zurück. Wie erwartet ist nach dem Pass das Wetter wieder besser; die zerklüftete, wilde Landschaft wird durch die untergehende Sonne in ein schönes Licht gerückt. Wegen der niedrigen Geschwindigkeit sind die zwei Mal 223 Kilometer in neun Stunden Fahrtzeit insgesamt weniger anstrengend als man denkt.


Tag 265 / Mo 29.4.2019 / Christchurch
(Cornelia) Es regnet in Strömen… na ja, muss auch einmal sein. Wir wollen ohnehin in zwei Museen und Tram fahren. Die Trambahn dient nur als touristische Attraktion; die Wagen sind anderen Städten abgekauft, z. B. Invercargill ganz im Süden der Südinsel, und stammen aus den Zwanzigerjahren. Jeder Fahrgast wird zwar nicht gerade mit Handschlag begrüßt, aber immerhin nach seinem Heimatland befragt. Die Fahrerin kommentiert mit trockenem Humor live; deutschen Kuchen schätzt sie, Australiern empfiehlt sie augenzwinkernd einen Besuch des ‚All Blacks‘-Shop (führende Rugby-Mannschaft Neuseelands) und weist auf diese und jene vom Erdbeben zerstörte und neu errichtete Gebäude hin. Eine ältere Dame, in Christchurch aufgewachsen und zu Besuch in ihrer Stadt, sitzt kopfschüttelnd im Zug und wischt sich Tränen aus den Augen.
An der Christchurch Art Gallery steigen wir aus. Ein modernes Gebäude empfängt uns, dessen Eingangshalle lichtdurchflutet wäre, wenn es nicht gerade so regentrüb wäre. Verschiedene kleinere und größere Ausstellungen erwarten den Besucher. Besonders heiter ist die Foto-Ausstellung ‚Being Human‘ des Amerikaners William Wegman, dessen besonders gern posierender Weimeraner ihn zu einer riesigen Serie von Fotoaufnahmen sowie einigen Kurzfilmen anregte. Manches Lächeln bis Lachen zaubern die verrückten Hundebilder auf unsere Gesichter. Aber auch die Ausstellung neuseeländischer Künstler – oft an Landschaften oder kulturellem Erbe der Maori orientiert und inspiriert – ist sehenswert. In der europäischen Abteilung findet sich u. a. auch ein Dürer-Holzstich. Die neuseeländische Malerin Rita Angus begründete 1936 mit ihrem Bild "Cass" einen ganzen Malstil.
Es regnet in Strömen… immer noch oder wieder, egal… rasch in die Straßenbahn an einer privaten Schule/Internat vorbei - „harrypottish“ kommentiert die Straßenbahnfahrerin – bis zu Quake City, einem Museum, das die Schreckensbilder aus den Jahren 2010 und 2011 zeigt sowie Filme von Menschen, die von ihren Verlusten erzählen und weinen, das aber auch physikalische Erklärungen für das Wegdriften des Untergrunds (hier: Verflüssigung von Sandschichten) liefert und die Baumaßnahmen beschreibt, die nun getroffen werden, um einer erneuten Zerstörung im Falle eines nächsten Erdbebens zu trotzen. Die Dame am Eingang erklärt mit fester Stimme: „Nobody or nothing will ever kick me off my city!“ Bewundernswert, dieser Mut! Die Fotos, meist von Feuerwehrleuten aufgenommen, dokumentieren das Ausmaß der Zerstörung: Die Stadt sah aus wie nach einem Bombenangriff.
Es regnet in Strömen… Gleich an der Tram-Endhaltestelle wärmen wir uns bei Tee und Bier in einem japanischen Lokal auf; die nette junge Asiatin wiederholt meine Vorspeisen-Bestellung: „Lachs-Taltal“.


Tag 266 / Di 30.4.2019 / Twizel
(Cornelia) Bei strahlendem Wetter verlassen wir Christchurch und fahren durch die von Ackerbau und Viehzucht dominierte Canterbury Ebene nach Süden. Es hat um die kühle 8 Grad, die Sonne lässt so manches Herbstlaub in Rot und Gelb leuchten. In Geraldine folgen wir dem Vorschlag unseres Reiseführers, im Café ‚Verde‘ einzukehren, einem allerliebsten Garten-Café mit kalorienreichen Kuchenstücken. Wir füllen auch die Vorräte auf – man weiß ja nie, ob noch ein größerer Supermarkt auf der Strecke liegt…
Schon vor Geraldine hatten wir einen Blick auf die Südalpen mit von Schnee überzuckerten Spitzen. Nach Geraldine sind wir noch näher dran und genießen die Kulisse: Neben der Straße bunte Bäume und am Horizont gezackte Berge mit weißen Gipfeln unter blauem Himmel! Ein paar Mal halten wir an Aussichtspunkten, bis wir dann den ersten See in der Endmoränenlandschaft erreichen, den Lake Tepako. Wunderschön milchig-hellblau liegt er vor uns, im Hintergrund die Bergkette. Über eine gebührenpflichtige Mautstraße geht es auf den knapp über 1000 Meter hohen Mount St. John, der von einem von der Canterbury University betriebenen Observatorium sowie dem ‚Astro Café‘ gekrönt wird. Von dort oben hat man einen 360-Grad-Blick – wow! Leider ist die Aussichtsfläche von lauten Asiaten übervölkert… es ist schwer, keine Ressentiments zu entwickeln. Da die ganze Region hier (Mackenzie Region) als ohne Lichtverschmutzung eingestuft wird – Aoraki Mackenzie International Dark Sky Reserve – beschließen wir, eine weitere Sternen-Tour zu buchen (wie im Februar auf der Hazienda de los Andes hinter Ovalle in Chile).
Am nächsten See, den die Gletscherschmelze am Ende der letzten Eiszeit geschürft hat, dem Lake Pukaki, halten wir wieder; am Aussichtspunkt gibt es den ‚Mt. Cook Alpine Salmon Shop‘, dessen Lachs als Sashimi besonders begehrt bei Asiaten ist, die zuhauf auf der Aussichtsterrasse den rohen Fisch verzehren. Wir kaufen die geräucherte Variante und müssen zugeben, dass wir noch nie so milden und zarten Räucherlachs gegessen haben… Kurz vor dem Abendessen in unserem Quartier in Twizel fällt mir auf, dass in Bayern heute mit dem Deutsch-Aufsatz das Abitur eröffnet wurde… OHNE MICH! Auf jeden Fall Anlass genug, eine Flasche neuseeländischen Sekts zu köpfen! Passt hervorragend zum Lachs… 

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Tag 267 / Mi 1.5.2019, Tag der Arbeit / Twizel
(Cornelia) Kaiserwetter!! Wir fahren in Richtung Mount Cook, in der Maori-Sprache Aoraki genannt: ‚der die Wolken durchbohrt‘. Er ist 3742 Meter hoch; er und die anderen 18 Dreitausender im Mount Cook Nationalpark wachsen immer noch. Angesichts der Steinmassen fällt mir diese Vorstellung schwer… Der Neuseeländer Sir Edmund Hillary – richtig, der Erstbesteiger des Mt. Everest – hat ihn als Erster vom Südgrat her bezwungen. Das haben wir nicht vor… Wir bleiben schön im Tal, blicken von unten auf den Gletscher und genießen auf der Wanderung den wunderschönen Blick auf die majestätische Bergwelt. Die verschneiten Gipfel unter blauem Himmel sind so schön, dass wir ihre Ansicht und den Weg gerne mit einigen Franzosen und Deutschen und Dutzenden von Asiaten teilen. Am Endpunkt der Wanderung kommen wir mit einem Australier chinesischer Herkunft (Emigration wegen der Kulturrevolution) ins Gespräch und sehen ihn später noch einmal, als wir den kurzen, aber steilen Anstieg zum Aussichtspunkt auf den stark schmelzenden Tasman-Gletscher nehmen. Ich befürchte es schon auf den Treppenstufen, aber der Anblick ist noch niederschmetternder als gedacht: Auf dem trüben braungrauen Wasser treiben braun-graue Eisberge, die ganz viel Geröll mit sich führen, der Gletscherabbruch ist in weiter Ferne, da der Gletscher jährlich mehrere hundert Meter abschmilzt. Hinter dem See türmt sich die steinige Moräne. Es ist ein Jammer. - Auf der Rückfahrt nach Twizel geraten wir in eine riesengroße Schafherde und müssen eine Weile lang im Schritttempo fahren.
Abends um 18.30 brechen wir noch einmal zum 60 km entfernten Lake Tekapo auf, wo wir im Shop von „Earth & Sky“ mit kleinen Rotlichtlämpchen und großen dicken Daunenjacken ausstaffiert werden. So sind wir für unser Stargazing-Abenteuer bestens gerüstet. Ein großer Bus fährt gegen 20 Uhr die Teilnehmer aus aller Welt zum Mt. St. Johns Observatory; Will, gelernter Marine-Navigator und unser Guide (mit zwei weiteren, die schon oben auf dem Berg sind), steckt bereits noch im Shop alle mit seiner Sternen-Begeisterung an und verkürzt die Fahrt im Dunkeln – auch der Bus fährt den letzten Kilometer nur mit Standlicht – mit kleinen Astro-Quiz-Fragen, deren Antwort (ja, nein, keine Ahnung) die Gäste mit dem Rotlicht an die Busdecke leuchten. Nette Idee!
Alles ist wieder einmal bestens organisiert: Oben stehen die Guides an schwierigen Stellen (Stufen z. B.), nach einer halben Stunde in der Kälte (etwa 6 Grad) gibt es ‚hot chocolate‘ für alle und schließlich noch ein Gruppenfoto vor dem Nachthimmel. Für die drei Sternschnuppen kann die Agentur nichts, auch nichts für den wolkenlosen Neumond-Himmel. Beeindruckend, was man alles mit bloßem Auge sieht, wenn man in einer nicht licht-verschmutzten Region zu den Sternen aufblickt: Sirius, Alpha-Centauri, das Sternbild Skorpion, den Großen und den Kleinen Hund, die Magellan-Nebel, das Kreuz des Südens, Antares und vor allem die Milchstraße in einer Fülle und Dichte an Sternen, dass man deutlich die eigene Winzigkeit und Bedeutungslosigkeit wahrnimmt. In den zwei außen aufgestellten Teleskopen sind Jupiter (selbst seine ‚Streifen‘) und seine vier Monde zu sehen sowie NGC4745 (‚the Jewel-Box‘, ein Sternennebel); durch die geöffnete Kuppel eines der universitären Forschungsobservatorien auf dem Berg sehen wir einen weiteren Sternennebel, dessen Sterne vor unserem Auge ein verschlungenes Muster ergeben. Tief beeindruckt treten wir die nächtliche Heimfahrt an.

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Tag 268 / Do 2.5.2019 / Twizel
(Cornelia) Am frühen Nachmittag brechen wir zu einem ‚Fährtle‘ auf, das wir aber das erste Mal schon nach ein paar Kilometern am Lake Ruataniwha, einem kleinen Stausee, dann am Wairepo-Arm und schließlich nach 40 Kilometern in Omarama zugunsten eines Capuccino auf der sonnigen Terrasse einer Schaf-Farm mit Café/Shop unterbrechen. Von einem bequemen Ledersofa aus blinzeln wir in die Sonne und sehen den Spatzen zu, die überall einen Futterplatz finden, wo es Touristen und leer gegessene Teller gibt.
Ganz in der Nähe von Omarama liegt der mehrarmige und mehrfach gestaute Lake Benmore, immer wieder von herbstlich gelb gefärbten Pappeln umstanden, die sich häufig auch im blauen oder blaugrünen Wasser spiegeln. Nach dem Ort Benmore überqueren wir auf dem längsten Erd-Staudamm Neuseelands beim E-Werk die Staustufe und umrunden den See, vorbei an unzähligen Büschen wilder Rosen mit prächtigen roten Hagebutten und mehreren Campgrounds, bis er in den Lake Aviemore übergeht. Immer wieder halten wir an, fasziniert von Herbstfärbung, Spiegelungen und Lichtstimmungen. Kurz vor dem Sonnenuntergang gelangen wir wieder in Omarama an und erreichen wenig später unseren Ort, Twizel, der in den 60er-Jahren nur gegründet wurde, um die Staudamm-Arbeiter zu beherbergen und nach Ende der Arbeiten – 24 Jahre später – aufgelassen werden sollte. Die Ortsansässigen wollten aber nicht mehr weg und bauten den Ort für den Tourismus aus. Auch unser Häuschen ist vom Schnitt her so ein Fertighaus aus dem Ortsgründungsprogramm, aber wie viele andere auch etwas aus- und umgebaut.


Tag 269 / Fr 3.5.2019 / Wanaka
(Cornelia) Wir verlassen Twizel im dicksten Nebel, wissen aber schon, wo „Mt. Cook Alpine Salmon“ zu finden ist. Ein paar Lachse schwimmen neben diversen Maori-Enten in Becken hinter dem Café, wo auch kostenloses Fischfutter bereit steht. Füttert man sie, schnappen die Lachse gierig danach und werfen sich danach oft platschend ins Wasser. Wir kaufen drei Sorten Lachs: Filets für Ceviche und für die Pfanne und ein Stück Räucherlachs.
Der Nebel hebt sich in weißen wolkigen Schwaden. Weg von der Hauptstraße folgen wir dem Hinweisschild zu den ‚Clay Cliffs‘, die auf Privatgrund liegen, weshalb wir brav fünf Dollar für das Auto zahlen. Die ungeteerte Straße ist sehr gepflegt und führt kilometerlang durch rote Büsche: Hagebutten! Wie schön muss es aussehen, wenn die wilden Rosen blühen…! Nach einiger Zeit haben wir auch einen guten Blick auf den mäandernden Fluss, der ziemlich viel Lärm macht. Die Klippen liegen gut im Licht der Vormittagssonne; die letzten paar hundert Meter gehen wir zu Fuß auf sie zu und schließlich durch einen trockenen Bachlauf auch noch in sie hinein. Ein bisschen erinnert die bizarre Steinlandschaft an den Bryce Canyon in Utah, ist aber doch auch wieder anders. Wir genießen die Stille zwischen den steil aufragenden Felsen, die feuchte Kühle in ihrem Schatten. Als wir sie verlassen, kommen uns lärmende Asiaten entgegen – Glück gehabt…!
Nur ein paar Kilometer weiter liegt die Farm „The Wrinkly Rams“, die neben Café und Laden auch eine ‚sheep show‘ für den Touristen im Programm hat. Erst darf man den Lämmern Milch und ein paar Schafen Trockenfutter reichen, dann fasst ein Film die Arbeitsprozesse auf der Farm bis zur Spinnerei zusammen. Damit sich eine Farm lohnt, muss man etwa 4000 bis 5000 Schafe besitzen. Zunächst verfolgen wir draußen die Hütehund-Vorführung. Jeder Border Collie lernt fünf Kommandos: vor, zurück, rechts, links und stop, entsprechend einer jeweils anderen Pfiff-Kombination. Fast wie ferngesteuert saust der Border Collie davon und bringt circa zehn Schafe von der hinteren Ecke ihrer Weide zu uns nach vorne. Dann legt er sich vor sie und lässt sie nicht aus mehr den Augen. Weiter geht es drinnen: Unter ungefähr 120 Japanern sitzen nun also auch die Ockers… Der Hundführer alias Schafscherer macht uns schnell in der Masse aus und freut sich, danach noch ein bisschen mit uns zu klönen. Seine humorvollen Kommentare werden offenbar gut ins Japanische übersetzt, denn die Japaner lachen. Ein guter Scherer schafft etwa 180 Schafe in acht Arbeitstunden, also gut zwei Minuten pro Schaf – wobei das Ziel immer eine weitgehend zusammenhängende Schur ist; der neuseeländische Rekord liegt bei 480 Schafen in neun Stunden – „wow“, sagen wir, während die Japaner mit einem eher tiefen „Oah“ ihr Erstaunen kundtun.
Bevor wir am frühen Abend unser nächstes Quartier in Wanaka erreichen, wieder mit einem Kaminofen und sogar trockenem Holz, windet sich die Straße durch viele Hügel und über einen Pass. Mein Lachs-Ceviche zieht noch etwas, bevor wir es uns schmecken lassen...

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Tag 270/ Sa 4.5.2019 / Wanaka
(Cornelia) Am Vormittag bummeln wir durch Wanaka, notieren uns einige Buchtitel in der örtlichen Buchhandlung, die wir später aufs eBook laden, schauen beim Optiker vorbei, der tatsächlich den richtigen Schraubenzieher für meine Brillenbügel und sogar eine passende neue Schraube hat und betreten noch einen Woll-Laden, der auch fertige Sachen aus Merino-Wolle mit Opossum-Haaren anbietet. Wer so etwas einmal in der Hand hält, verliebt sich augenblicklich in die Kombination aus geringem Gewicht und Wärme… Widerstand zwecklos…
Am Seeufer gibt es einen hübschen Spaziergang zum Eely Point; es riecht nach Herbst und Pilzen, wenngleich wir meist nur Fliegenpilze sehen. Die Wellen machen hier am See fast so viel Lärm wie am Meer.
Danach: RUHE. Und ein wunderbares Lachs-Essen. 


Tag 271 / So 5.5.2019 / Queenstown
(Cornelia) Eine halbe Autostunde nach Wanaka erreicht man die ehemalige Goldgräberstadt Cordrona, wo es noch ein lauschiges Hotel aus der Zeit um 1870 gibt, ein paar alte Autos und eine Pferdewagen. Im Hotelgarten stehen Kirchenbänke. Im Winter steppt hier wohl der Bär, denn in nächster Nähe gibt es ein Skigebiet.
Wir fahren durch ein enges Tal, dessen Hügel zu beiden Seiten goldgelb leuchten, dann über einen kleinen Pass und machen in der Pisa Conservation Area, von der aus man einen schönen weiten Blick auf die Gegend um Queenstown hat, einen kleinen Spaziergang.
Arrowtown ist der nächste Halt, ebenfalls ein Städtchen aus der Zeit des Goldrauschs. Manches ist erhalten, anderes nur im Baustil nachempfunden. Jedenfalls bummelt man nett durch die eher touristische Hauptstraße. Interessant ist die Chinesen-Siedlung, von der noch einige einfachste Hütten und ein Laden erhalten sind. Einige Tafeln erklären das Schicksal der chinesischen Gastarbeiter, die – vom Goldfieber angesteckt – Ende des 19. Jahrhunderts China über Kanton verließen und hier ihr Glück suchten. Allerdings passierte dasselbe wie überall: Die einheimischen Goldsucher waren neidisch auf die fleißigen Arbeiter, Rassismus kam auf, die Chinesen mischten sich nie wirklich mit der Bevölkerung (die ihrerseits aus eingewanderten Schotten und Australiern bestand). Viele kehrten enttäuscht in die Heimat zurück, manche fanden aber auch die Heimat so verändert vor, dass sie wieder nach Neuseeland zurückkehrten. Die letzten anwesenden Chinesen wurden im hohen Alter dann respektvoll behandelt.
In Queenstown angekommen, stellen wir fest, dass unser Apartment direkt über dem Uferweg am See Wakatipu liegt und vom Balkon aus einen wunderbaren Blick bietet. 15 Grad hält man warm angezogen gut aus – also, raus auf den Balkon und mit einem Glas Wein die Aussicht genießen!


Tag 272 / Mo 6.5.2019 / Queenstown
(Cornelia) Heute gilt: Tom auf Tommy Thomsens Scenic Driveway! Die reine Wahrheit, nichts erfunden… Schon während unseres Frühstücks mit Seeblick beginnt sich der Nebel zu heben; eigentlich sehen die Nebelschwaden ja toll aus, weswegen Tom auf den 44 Kilometern zwischen Queenstown (sehr touristisch, nicht weiter sehenswert) und Glenorchy, dem Ort an der anderen Seespitze, auf meine Bitte hin öfter anhalten muss. Der Wakatipu-See hat fünf Zu-, aber nur einen Abfluss und ist sehr tief, meist um die 300 Meter. Deshalb ist sein Wasser sommers wie winters an die zehn Grad kühl – brr! Strände sind infolgedessen nicht von Nöten; es gibt ohnehin fast keine, weil das Ufer sehr schmal ist.
Nach vielen engen und sehr engen Kurven erreichen wir Glenorchy, wo wir den Glenorchy Walkway durch die ‚Lagune‘, ein Sumpfgebiet, nehmen wollen. Außer Enten und ein paar schwarzen Schwänen sehen wir wenigstens einmal einen Tui mit seinem weißen Knöllchen an der Kehle an uns vorbeifliegen. Im Moorwasser spiegeln sich wunderbar die umliegenden Berge und die Bäume mit gelben und roten Blättern. Es gibt viele Bänke mit Aussicht und an einigen Stellen wird der Weg auf Planken übers Wasser geführt. Zwei Stunden wandern wir so durch den Sumpf, bevor Tom wieder Tommy Thomsen nimmt…

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Tag 273 / Di 7.5.2019 / Te Anau
(Cornelia) Die dicke Schicht Nebel hebt sich während unseres Frühstücks malerisch nach oben. Auch später, als wir am südlichen See-Arm entlang fahren, sehen wir immer wieder Berggipfel, die wie in einem Bilderrahmen im Nebel stecken oder eben dicke horizontale Schlieren in der Landschaft. Einmal zwingt uns ein blinkendes Polizeiauto zum Anhalten und ein Polizist weist uns an, auf einen Picknick-Platz auszuweichen, weil ein besonders breites Fahrzeug folge. Wir warten eine Weile und glauben dann, unseren Augen nicht trauen zu können: Da wird auf der Landstraße ein ganzes Haus auf einem Laster transportiert. Das sieht schon sehr kurios aus!
Eine dreiviertel Stunde vor Te Anau führt die Straße durch gelbes Tussock-Gras – sieht schön aus im Nebel, aber wir halten nicht, weil Schilder vor einem Unfallschwerpunkt warnen. Etwas später weist ein Schild auf ein spezielles Landschaftsschutzgebiet hin, das von sehr langsam wachsenden Büschen besiedelt ist und eine Art Urform des Pflanzenwachstums darstellt: Mit Moos und Flechten, Lychen - und vielen Spinnennetzen. Geheimnisvoll liegt es im Nebel vor uns, die Schritte federn auf dem Moosboden.
Wenige Kilometer vor Te Anau gibt es mehrere Wildgehege. Manch einer denkt vielleicht an Bambis treue braune Augen… Ockers mehr an ein Reh-Steak, das sich dann tatsächlich in Te Anau auf unsere Teller ‚medium rare‘ ordern lässt.
Danach spazieren wir - nach einem kurzen Besuch im örtlichen Besucherzentrum – am See entlang. Gerade heben sich auch hier die Nebelschwaden; ein fast dramatischer Anblick! Wieder gibt es auffällig viele Fliegenpilze. Nach einer halben Stunde erreichen wir den Bird Sanctuary, einen Vogelschutzpark, in dem wir die einheimischen Besonderheiten aus nächster Nähe bewundern können: Eine Alpen-Papageien-Art in Grün mit rötlichem Untergefieder und einen emblematischen flugunfähigen Vogel, den Takahe, der bei den Maori eine große Rolle als Seelenvogel, ja, fast als eine Art Schutzengel spielt. Er hat rote Füße mit langen spitzen Krallen und einen roten Schnabel; sein Gefieder changiert sehr hübsch von dunkelblau nach dunkelgrün. Die Tuis verstecken sich, aber wir hören ihre typischen Rufe. Eine einsame Kanada-Gans schreit auf dem Wasser. Weitere typische Vögel sehen wir nur als Abbildung auf Info-Tafeln…
In rosa Sonnenuntergangsstimmung kommen wir bei unserem Airbnb an und werfen sofort die Heizung an. In den nicht unterkellerten Holzkonstruktionen der Kiwis muss man die windige Elektroheizung erst eine Weile laufen lassen, bis es wohnlich-warm wird.


Tag 274 / Mi 8.5.2019 / Te Anau
(Cornelia) Heute gibt es gleich zwei Ausflüge, einen nach Norden, zum Lake Mistletoe, und einen nach Süden, zum Lake Manapouri. Den Mistletoe-See kann man zwar nicht umrunden, aber man hat doch einen schönen Blick auf ihn und die Berge im Hintergrund. Auf dem Rundweg stehen viele Farne, deren Blätter recht fein strukturiert, aber erstaunlich hart sind und in denen viele Wassertröpfchen hängen.
Der Manapouri-See hat an seinem Zufluss einen Hafen namens Pearl Harbour (hm…), von wo aus täglich Fahrten (per Boot und Bus) zum Doubtful-Sound starten. Die Wasserfläche hier ist ein dunkler Spiegel. Unten am Strand aber überwältigt uns der Anblick von See und Wolken. Die Natur inszeniert sich hier selbst, wie eine sich ständig verändernde Malerei. Wir finden eine Bank und verhalten uns ganz still und genießen. (Im Sommer tobt hier wohl das pralle Leben… Boote, Wasserski, Strandleben…), heute sind wir alleine.
Letzter Punkt auf der Tagesordnung, zwei Auto-Minuten vom See entfernt: „Wild Wool“, ein Geschäft, das Produkte aus Alpaka, Seide und Merino vertreibt. Neben dem Geschäft sehen wir schon ein paar Alpakas auf der Weide. Die Besitzerin gesellt sich zu uns; so erfahren wir, dass es sich bei den Tieren vor uns um ‚Jugendliche‘ handelt. So hübsche große runde Augen haben Alpakas! Wir dürfen sie füttern; Katze Charlotte beobachtet alles von ihrem Aussichtsposten auf dem Zaunpfosten. Auch die ‚Babies‘ bekommen wir vorgestellt; manche lassen sich auch streicheln – tolle Wolle!! Schon ist es um uns geschehen, das ‚bonding‘ mit den Tieren unterstützt den Kaufwunsch; außerdem züchtet Mrs. Haanen nicht nur Alpakas, sondern stellt auch ihre Schals und Ponchos aus den edlen Garnen in wunderschönen Farbstellungen selbst her. Sie scheint ihren Traum zu leben – jedenfalls strahlt sie das aus!

Mobirise

Tag 275 / Do 9.5.2019 / Te Anau
(Cornelia) Obwohl unser Milford-Sound-Boot erst um 14 Uhr ablegen wird, starten wir schon um 9 Uhr, denn auf den 120 Kilometern bis zum Sound soll es noch allerhand zu bestaunen geben…
Erster Stopp: Eine weite Ebene (Eglington Valley) mit Tussock-Gras, die früher Schafsherden als Weideland diente und heute unter Naturschutz steht, weil im riesigen Fjordland-Nationalpark liegend. Hunde müssen draußen bleiben, damit die einheimischen Tiere nicht gestört werden. Allerdings sind auch hier wieder Opossum und Wiesel die Feinde der Vögel, denen man versucht, mit Fallen und auch Gift auf den Leib zu rücken.
Zweiter Halt: die Mirror Lakes. Tatsächlich spiegeln sich Uferpflanzen, angrenzende Wiesen und Berge recht schön im dunklen Wasser.
Dritter Stopp: Cascade Creek, ein donnernder Wasserfall, der die Besucher auf der Brücke fast nass sprüht. Nicht die Fallhöhe, sondern die Masse der Fluten überrascht.
Vierter Aufenthalt: Warten auf die grüne Ampel am Homer-Tunnel, der seit den 30er-Jahren auf etwa 1,2 Kilometer Länge durch den Fels führt. Für die Pioniere des Straßenbaus hatte man ein Dorf geschaffen (heute nicht mehr existent), wo auch einige Frauen und Kinder lebten; der nächste Arzt war eine Tagesreise entfernt und einmal pro Woche kam eine Art Inspekteur und Zahlmeister aus Invercargill, der den Baustellen-Ort auch mit sonstigem Nachschub versorgte.
Fünfter Stopp: The Chasms, eine Kette von kleineren Wasserfällen, die in einer steinernen Attraktion endet: Rotierende Steinchen haben kreisrunde kleine bis riesige Öffnungen ausgewaschen, weshalb der Fels recht durchlöchert erscheint. Tief unten rauscht das Wasser; fasziniert guckt man sich die ‚Kunst‘ an, die die Wasserkraft in Jahrtausenden geschaffen hat.
Auf der Fahrt regnet es öfter, vor allem auch auf dem letzten Stück nach dem Tunnel. Klar, jetzt sind wir auf der Westseite der Südalpen, wo es die größten Niederschlagsmengen per Annum hat: 600 Zentimeter an durchschnittlich 182 Regentagen/Jahr und damit der feuchteste Ort in Neuseeland und einer der niederschlagreichsten der Welt! Der Milford-Sound ist ein berühmter Sund, 16 Kilometer lang, mit einer Durchschnittstiefe von etwa 300 Metern; das fast schwarze Wasser ist Meereswasser von der Tasman Sea, nur die letzten Meter sind Süßwasser. Skipper und Begleitdame (beide in kurzen Hosen, sie zusätzlich kurzärmelig) sind begeistert vom heutigen Wetter (ca. 10 Grad): Es sei die schönste Fahrt an diesem Tag und gerade nach dem Regen (er hat tatsächlich gerade aufgehört und die Sonne produziert ein Regenbogen-Stück) sei es im Milford-Sound besonders schön – dann seien überall Wasserfälle, eben auch welche, die es nur temporär gebe. Und in der Tat, überall fließt und spritzt es senkrecht von den steilen Felswänden herunter. Häufig gibt es hier auch ‚Baumrutsche‘, vor allem wenn es sehr regnet und windet, denn dann verlieren die Bäume ihren ohnehin geringen Halt. Man sieht es deutlich an etlichen kahlen Stellen. „Der sogenannte Alpine Fault, eine der weltweit größten Verwerfungszonen, verläuft quer durch die Mündung des Sound. Die Australische Platte gleitet seitwärts und wird 36 Millimeter pro Jahr unter das Fjordland geschoben, wobei Plattengestein hinaufgedrückt wird“, klärt uns eine Broschüre der Schifffahrtsgesellschaft auf. Einen (einzigen) Seehund sehen wir auf einem Felsen liegen. An einer Stelle des Fjords weist uns der Skipper darauf hin, dass hier oft Wind mit 100 Knoten pfeift – nein, heute nicht. Es ist zwar kühl, aber einen Teil der Strecke verbringen wir (mit langen Hosen, Regenjacke und Mütze) an Deck. Am Ausgang des Sunds schaukelt das Boot auf langen Wellen; auf der Rückfahrt hält es ganz nahe an einem der permanenten Wasserfälle – und viele Passagiere kommen klatschnass ins Unterdeck. Mein persönliches Fazit: Ja, sehr sehenswert, zum Glück auch fast ohne die lästigen Sandflies, aber meine Landschaft sind diese eng-dräuenden steilen Felswände nicht. Fjordland insgesamt ist kaum durch Straßen erschlossen, aber ein Trecking-Paradies für Naturburschen… Wir sind uns jedoch einig, dass die ganze Auto- und Bootsfahrt ein lohnender Ausflug war.


Tag 276/ Fr 10.5.2019 / Dunedin
(Cornelia) Dicker Nebel über dem See – wir lassen die Südalpen hinter uns und schon nach einer halben Stunde scheint die Sonne über den Hügeln. Nach der knappen Hälfte der Fahrtstrecke halten wir in Gore, einer schottischen Gründung, und sind überrascht, dass das Städtchen nicht nur ein informativ-unterhaltsames Museum über illegale Whiskey-Herstellung durch die schottischen Einwanderer, sondern auch noch eine überraschende Kunstgalerie („Eastern Southland Gallery“) bietet, mit einigen Bildern z. B. der neuseeländischen Malerin Rita Angus. Danach nehmen wir den „Presidential Highway“ von Gore nach Clinton (gelobt sei der neuseeländische Humor!)
Kurz vor Dunedin lockt uns ein kleiner See, der schön im milden Licht liegt. Wir verfüttern altes Brot an gierige Enten und sind damit so beschäftigt, dass wir beide nicht merken, dass uns Sandflies, diese Blutsauger-Biester, stechen… Den Abend verbringen wir in unserem hübschen airbnb und sehen uns gut die Hälfte des Oscar-gekrönten neuseeländischen Films von 1993 „Das Piano“ an. Mit Kenntnissen über Landschaft, europäische Besiedelung und Maori ist der Film noch mal so interessant.

Mobirise

Tag 277 / Sa 11.5.2019 / Dunedin
(Cornelia) Heute steht die 120.000-Einwohner-Stadt Dunedin auf dem Programm. Phonetisch entspricht ihr Name der gälischen Bezeichnung für Edinburgh und ist den schottischen Einwanderern geschuldet. Wir nehmen den Bus und hören am historischen Bahnhof… Dudelsack-Musik von drei kleinen Mädchen. Sie sammeln für die Heilsarmee, die in der von frommen Presbyterianern gegründeteten ehemals schottischen Kolonie immer noch sehr aktiv zu sein scheint. Der Bahnhof selbst, aus dunklem Basaltstein, ist mit seinen schönen Bodenfliesen und den Glasfenstern durchaus sehenswert.
Dunedins Settlers Museum liegt am Weg; es ist schön gestaltet, viel zum Anfassen oder Betreten, was nur irgendeinen Zusammenhang mit den britischen und chinesischen Siedlern aufweist: die Schiffsüberfahrt in die Kolonie, Wohnen auf dem Land und in der Stadt, Handel, von der Pferdekutsche über die Droschke zur Trambahn, Veränderungen in Mode und Haushalt sowie in der Kommunikationstechnik, die geheime Whiskey-Herstellung usw. Jedenfalls unterhält das Museum seine Besucher gut und ist auch bei Eltern mit Kindern sehr beliebt.
Wir nähern uns dem inneren Zentrum, einem Straßen-Oktagon, an dem sowohl das Rathaus als auch Gaststätten und Kneipen sowie die Dunedin Public Art Gallery liegen. Hinter dem Rathaus hören wir wieder Dudelsack-Musik – ein Mann mit Schottenrock spielt sich offenbar für ein Event im Rathaussaal ein, das unschwer als Graduiertenfeier auszumachen ist: Wie in Amerika erscheinen die examinierten Studenten in Talar und Doktorhut.
Wir überbrücken ein Zeitfenster in der Art Gallery, sehen u. a. einen schönen Monet, mehrere Goldies, einige Angus‘ und auch eine Ausstellung mit digitaler Kunst eines japanischen Künstlers, der die Bildsprache der Landschaftsdarstellung mit modernen Mitteln und Ansichten gleichzeitig aufgreift und verfremdet. Interessant! Um 17.10 Uhr beginnt im Kino der Film „The Aftermath“ (dt. „Niemandsland“), der in Hamburg im Jahr 1946 spielt und einen Beziehungskonflikt auf der Folie der in Hamburg agierenden englischen Militärs inszeniert; Themen wie Trümmerfrauen, ewig gestrige Hitler-Anhänger, Persil-Schein werden auch thematisiert. Später lese ich lauter Filmverrisse – wir fanden die Literaturverfilmung spannend und interessant. Mit dem Gefühl der Dankbarkeit über die friedlichen Zeiten, in denen wir leben und reisen dürfen, verlassen wir das Kino und gehen zum „Ale House“, einer Traditionsgaststätte, die der Brauerei Speight angegliedert ist. Es ist voll und laut, aber Bier und Essen schmecken hervorragend.


Tag 278 / So 12.5.2019 / Dunedin
(Cornelia) Wolken, Regen, ein kleiner Spaziergang, wieder Regen, DVD-Rest („Das Piano“)… wir haben heute ‚frei‘!
Tag 279/ Mo 13.5.2019 / Christchurch
(Cornelia) Auf der Fahrt von Dunedin nach Christchurch wird das Wetter immer schöner und oft führt die Landstraße direkt am Meer entlang. Während sich grünes Weideland und das Meer rechts von uns befinden, sehen wir links von uns am Horizont, in etwa 100 Kilometer Entfernung, die Südalpen, die nach dem gestrigen Regen wieder schneebedeckt sind. Wie Tom sagt: Rechts norddeutsche Tiefebene, links Alpen…
In Oamaru (die einzige Betonung bitte auf dem ersten ‚a‘) ist noch ein Häuserblock aus der viktorianischen Zeit erhalten geblieben. In dieser Zeit erfuhr die Stadt einen Wirtschaftsboom, weil der Handel mit Fleisch in Dosen florierte. Der Absturz war bitter – die Stadt übernahm sich finanziell und war um 1900 pleite. Heute kommen Touristen wegen des lange vernachlässigten ‚Victorian Precinct‘. Auch die kleinen blauen Pinguine sind attraktiv; um diese Jahreszeit soll man nur wenige davon und jene auch nur kurz vor Sonnenuntergang sehen – das lassen wir dann…
Christchurch erreichen wir nach gut viereinhalb Stunden Fahrzeit, sind bald im Hotel und lassen uns beim Inder verwöhnen.


Tag 280 / Di 14.5.2019 / Christchurch
(Cornelia) Koffer umpacken, nochmals Gewicht los werden, Paket nach Deutschland schicken… Das Aufgeben des Pakets ist – wie kaum anders zu erwarten – ein Klacks im Vergleich zu den umständlichen Prozeduren in Chile. Wir spazieren noch ein wenig durch die Stadt und sehen abends im Kino den amerikanischen Film „The Chaperone“ (mit Elizabeth McGovern, bekannt als Lady Grantham aus „Downton Abbey“). Er spielt in den 20er-Jahren in New York und basiert auf dem Leben der jungen Louise Brooks, einer späteren Stummfilm-Diva, die mit einer Begleitdame von Kansas nach NY reist, um dort ihre Tanzausbildung zu vervollständigen. Dabei gerät auch das Leben ihrer ‚chaperone‘ in neue Bahnen. Herz, Schmerz, Lachen, Weinen – alles drin!


Tag 281 / Mi 15.5.2019 / Auckland
(Cornelia) Wir hätten es eigentlich wissen müssen: ALLES ist in Neuseeland einfach… Die Rückgabe unseres Autos dauert fünf Minuten (absoluter Rekord unter allen jemals benutzten Mietautos!), der Shuttle zum Flughafen fährt ohne Warten los, der Check-in ist in weiteren fünf Minuten erledigt und die Sicherheitskontrolle ebenso. Unglaublich, dieses Land!! Und so haben wir am Flughafen noch SEHR VIEL Zeit. Nach einer Stunde Flug landen wir bereits in Auckland und sind wenig später am Airport-Hotel. Zeit zum Ausruhen und Schreiben…


Tag 281 / Mi 15.5.2019 / Epilog
Noch ein paar abschließende Worte zu Neuseeland, vor allem, weil die Rubrik „Land und Leute“ dieses Mal leer geblieben ist.
Neuseeland ist wirklich ein ‚relax country‘. Alle und alles ist entspannt, gut organisiert, stets auf die einfachste Art und Weise, mit geringer Bürokratie, mit klarer Ausschilderung. An den entlegensten Orten gibt es ein bis zwei Toiletten (sauber, mit Papier, Wasser und Seife). Der Kaffee ist superlecker. Auch hier ein Beispiel für die Einfachheit: Jeder Kaffee kostet gleich, ob Espresso, Capuccino oder ‚Flat White‘ (ein Capuccino ohne Kakao oder Zimt-Topping), es kommt nur auf die Größe an. In den meisten Cafeterias gibt es viele süße und saure Kleinigkeiten, aber oft auch Gemüse und Salate. Das einheimische Bier schmeckt lecker; etliche Weine auch, obwohl sie für unseren Geschmack immer etwas zu leicht ausgebaut sind. Das Bewusstsein über ‚heritage‘ (kulturelles Erbe) wird bei den Kiwis groß geschrieben, ‚Altes‘ stammt aus der Zeit der Kolonialisierung (etwa 1870); ‚sehr alt‘ ist, wenn etwas um 1840 gebaut wurde.
1840 wurde auch der Treaty of Waitanghi zwischen den Vertretern verschiedener Maori-Stämme und der englischen Krone geschlossen. Während lange Zeit die Maori ausgebeutet und ihr Land auf billigste Weise übernommen wurde, erleben sie nun endlich Gerechtigkeit und Aufwertung im öffentlichen Leben. Es gibt Maori-TV (z.T. in Englisch, manchmal nur in Maori). 2006 waren es etwa 160.000 SprecherInnen (bei 4,5 Millionen Einwohnern); es gibt viele Ansätze zur Förderung von Maori in Kindergärten und Schulen. Ein deutliches Zeichen für die zunehmende Wahrnehmung des Maori-Erbes im öffentlichen Raum ist die zunehmende Verwendung der Maori-Bezeichnung für New Zealand: Aotearoa (‚Das Land der großen weißen Wolke‘). Anderes Beispiel: Auf der Fassade der neuen Stadtbibliothek in Christchurch fehlt das Wort ‚library‘; stattdessen prangt nur das entsprechende Maori-Wort an der Wand. Auf Straßenschildern lesen wir – anderes Beispiel – zuerst ‚Aoraki‘, bevor, viele Kilometer später, auch der Begriff ‚Mt. Cook‘ erscheint. Die nächste Generation Reiseführer, eine nach unserer, stellt sich auch um, haben wir in einer Buchhandlung gesehen: Aotearoa steht nun groß drauf, Neuseeland in kleiner Schrift.
Weiteres Beispiel für die ‚relax-Kultur‘: Während man bei uns Selbstbedienungsrestaurant das Tablett selbst jongliert, bestellt und zahlt man bei den Kiwis alles an der Kasse, darf sich aber – mit einer Nummer auf einem Ständer – gleich hinsetzen. Dann wartet man darauf, dass einem der heiße Kaffee oder der dampfende blueberry muffin gebracht wird. Die Bedienung ihrerseits nimmt auch nur einmal den ganz effektiven Weg zum Tisch des Gastes. Auch im Restaurant zahlt man an einer zentralen Kasse, muss also weder auf das Zahlen warten noch wird man xmal gefragt/bedrängt, ob man noch Wünsche habe. Einfach aufstehen, zahlen, weggehen. Alles funktioniert ohne Hektik und Stress. Liegt es an den Naturburschen, die man hier auch an kalten Tagen mit kurzer Hose und hochgekrempelten Ärmeln radeln oder laufen sieht? Holen sie sich an den Wochenenden Entspannung beim Angeln? Im Fernsehen gibt es neben den üblichen Kochsendungen auch eine über jemand, der sich erst im Neopren-Anzug den Fisch fängt, dann auf einem Außengrill geschmackvoll zubereitet und die drei Rezepte zur ‚easy‘ Zubereitung drei Mal wiederholt.
In jedem Airbnb waren Basislebensmittel vorhanden: ein bisschen Kaffee (immer Nescafé, meist auch richtiger Kaffee für den ‚plunger‘), Tee und Kakao, frische Milch, Zucker, Salz und Pfeffer, etwas Öl (meist Reis-Öl, weswegen wir dann doch mit einer Flasche Olivenöl im Gepäck reisten), meist auch ein paar Cookies oder Frühstückscracker, manchmal auch Müsli-Riegel. Sehr praktisch! Auch das Einchecken in das jeweilige Haus oder Apartment ging einfacher vonstatten als jemals in anderen Ländern: Überall gibt es hier sog. Keyboxes, in denen der Hausherr/die Hausherrin mittels einer vierstelligen Nummernkombination den Wohnungsschlüssel jederzeit zugänglich macht. Den Code erhält man ein bis zwei Tage vorher via e-mail; lästiges Warten auf den Gastgeber bzw. den Gast entfällt.
Tom schätzt auch das Multikulturelle der Gesellschaft sehr, was sich u. a. in den Restaurants widerspiegelt: Wir haben sehr gut thailändisch und indisch gegessen, aber auch gutes Wild und Lamm. (Den englischen Anteil gibt es auch… naja… fad-soßig, wie man es aus GB kennt…) Auch im Supermarkt hatten wir schon bewundert, wie hoch der Anteil an Produkten für die Küchen der Welt ist; natürlich gibt es auch halal geschlachtetes Lamm und Rind, keine Frage.
Auffällig sind viele Kirchen. Überwogen die schottischen Einwanderer, sind es katholische; die englischen Einwanderer schufen presbyterianische Kirchen. Aber man sieht auch viele Mormonen-Kirchen sowie Königreich-Säle der Zeugen Jehovas. Insgesamt scheinen Kirchen in New Zealand einen fruchtbaren Boden vorzufinden, was ich einerseits den Siedlern zuschreibe, die sich in der Diaspora sicher mehr an den Glauben klammerten als im homeland, andererseits den Maoris, deren Glauben sich alle möglichen anderen Welt- und Paradiesvorstellungen aufpropfen ließen.
Zurück zum Alltag, wo uns the easy way of life auch noch an anderer Stelle überrascht hat: Die Mietverlängerung und vor allem das Umbuchen des Rückgabeortes unseres Nissan von Auckland auf Christchurch war schnell erledigt, obwohl das Auto nun auf der Süd- statt auf der Nordinsel steht. Nicht einmal eine sonst übliche One-Way-Gebühr, die oft sehr teuer ist, wurde erhoben. Eine einzige Mail unsererseits war nötig – und Stunden später war die positive Antwort da.
Nach so viel Lobhudelei für das junge Land, sei noch kurz erläutert, was uns missfiel: Die Heizungen, die meist nur aus einer elektrischen Wärmepuste bestanden oder einem Heizkörper auf Rollen oder einem nicht sehr wärmenden fiktiven Kaminfeuer plus Puste. Strom wird in Neuseeland günstig durch Wind- oder Wasserkraft erzeugt, weswegen man sich offenbar keine Gedanken über Heizung per Strom macht. Und offenbar – siehe oben – hält das hiesige Völkchen ja spielend auch tiefere Temperaturen in kurzen Hosen aus… Wird es wirklich zu kalt, legt man sich einfach unter die in den meisten Fällen genial warme (Alpaka-?)-Bettdecke. Aber das Heizungsproblem ist in der Tat marginal im Vergleich zu allem, was in Neuseeland super klappt!
Noch kurz zu den menschlichen Begegnungen, die natürlich schwer zu vergleichen sind. Wahrscheinlich hatten wir in Südamerika besonderes Glück, Menschen wie Roberto (Astrofotograf) Mario (der singende Griller) und Flavio (unser Pannenhelfer) kennenzulernen, mit denen wir immer noch in Kontakt stehen. Dazu kamen die intensiven, bereichernden Begegnungen mit den anderen Campern aus der Schweiz und aus Kanada. Menschliche Begegnungen gab es hier natürlich auch, sie blieben aber doch mehr auf der höflich-freundlichen Oberfläche. Das ist aber, wenn ich an brummige bis unfreundliche Dienstleister in Deutschland denke, doch schon sehr positiv und angenehm.
Weil ich gerade am Vergleichen bin: In Südamerika wird etwas Tolles hingestellt (Gebäude, Straße, Campingeinrichtung etc.) - und dann lässt man alles mangels Pflege verfallen. Neuseeland ist das blanke Gegenteil: Alles ist äußerst gepflegt, von der Toilette bis zur Schotterpiste, die es in entlegeneren Gebieten gibt, aber mit 50 km/h ohne Zögern befahren werden kann. Kein Vergleich zu argentinischen Rumpel- oder chilenischen Staubstraßen…!
Großartige Natur gibt es sowohl in Neuseeland wie auch in Südamerika; sogar die relative Nähe zwischen Meer und Bergen ist in NZ und Chile vergleichbar. Dennoch: Südamerika hat etwas mehr Abenteuer geboten und etwas mehr ‚Wert‘, weil wir uns alles erst erkämpfen mussten. Der emotionale Gewinn, sein Ziel erreicht zu haben, fällt damit etwas höher aus.

Insgesamt aber gilt für unsere Sabbatjahr-Reise rückblickend: „Non, je ne regrette rien“ - wirklich gar nichts bereuen wir! Und somit sehen wir unserer morgigen Ankunft in Australien mit Freude entgegen! 

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