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 Burgund und La Rochelle


Tag 1 / Mi 8.8.2018 / Baden-Baden
(Cornelia) Mit vielen guten Wünschen - für eine glückliche und erlebnisreiche Reise - im Gepäck verlassen wir unser altes Zuhause. Aufbruch!! Obwohl wir viele Listen erstellt und abgearbeitet, die Obsternte vorausgesehen und den Winterdienst organisiert haben und auch wissen, dass es für länger ist, fühlt es sich in mancherlei Hinsicht doch einfach nur wie jeder Start in den Urlaub an.



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Frieder Burda-Museum

Erstes Ziel ist Baden-Baden. Zunächst wollen wir uns die Ausstellung „James Turrell – The Substance of Light“ im Museum Frieder Burda ansehen. Herr Burda hat sich ein lichtreiches Gebäude von Richard Meier bauen lassen, wie jedes Meier-Building fast ganz in weiß mit sehr klaren, schlichten, geometrischen Grundformen. Wir fügen es unserer imaginären Meier-Sammlung (Getty-Museum in Los Angeles, ein Büro-Haus in Luxemburg Stadt, Ulm, Hans-Arp-Museum Rolandseck…) noch hinzu und erfreuen uns an seiner übersichtlichen, ästhetischen Struktur.

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James Tyrell

Auf James Turrell sind wir sehr neugierig. Durch eine arte-Sendung über ein Museum in Argentinien, das ein Schweizer Winzer (und Industrieller…) James Turell gewidmet hat, waren wir auf ihn aufmerksam geworden. Mal sehen, ob wir in Argentinien, über 200 Kilometer Piste ab der größeren Straße, auch einen Besuch schaffen werden. Wait and see. Freunden von uns, Andreas und Renate, hatten wir die Ausstellung in Baden-Baden ebenfalls empfohlen; sie waren begeistert. Wir sind gespannt. 

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Aus der Homepage der Kunsthalle 

„James Turrell (*1943, Los Angeles) zählt zu den wichtigsten Künstlern unserer Zeit. Seit mehr als fünfzig Jahren widmet er sein gesamtes Schaffen der Auseinandersetzung mit der (Im-)Materialität und Wahrnehmung von Licht. Wie keinem anderen gelingt es ihm, Licht als künstlerisches Medium sinnlich und geistig erlebbar zu machen. Turrell flutet begehbare Räume mit Licht, welches sich in sanfte Farbenmeere ergießt oder in intensiv glühenden, manchmal diffus sphärischen Lichtnebeln seine Materialisierung findet und den Betrachter an seine Wahrnehmungsgrenzen bringt. Die Möglichkeit, sich anhand eines Gegenstands oder räumlicher Grenzen visuell zu verorten, hebelt Turrell aus, was ein Gefühl der Unendlichkeit vermittelt. Zurückgeworfen auf das Wahrnehmen selbst, wendet sich der Blick wie selbstverständlich auch nach innen, eröffnet die Möglichkeit zur Selbstwahrnehmung und Selbstreflexion, zum meditativen Beobachten des eigenen Sehens."

Was auf der Homepage der Kunsthalle recht hochtrabend klingt, ist wirklich begeisternd. Durch Licht entsteht Form, über die Form Kunst. Und Turrell spielt mit der Wahrnehmung des Betrachters. Wir sind von den z. T. holografischen Bildern, Lichtskulpturen und -eindrücken sehr angetan. Vielleicht wird der Besuch des Roden Craters in Arizona, wo Turrell unterirdische Räume mit Lichtöffnungen baut, die einen speziellen Blick z. B. auf die Winter- und Sommersonnenwende erlauben, einmal Ausgangspunkt einer weiteren Reise sein. 

Im Anschluss besuchen wir unsere Freunde Jeanne und Fried in Baden-Baden (Wiedersehensfreude, auch mit Tochter und Enkelin) und werden mit einem Mittagessen verwöhnt. Danach geht es auf die Autobahn in Richtung Dijon, wo wir Michèle und Georges aufsuchen, Freunde aus meiner Zeit als Assistante de langues am Collège von Nuits-St.Georges, die ich schon seit 36 Jahren kenne. Ihre kleinen Enkelinnen (drei und sechs Jahre alt) sind gerade eine Woche bei Mamie und Papie. (Tom findet es gemein, dass die beiden Kleinen schon soo gut Französisch können…!!!) Ein schöner Abend mit leckerem Essen, Erzählen und Lachen!

Tag 2 / Do 9.8.2018 / Dijon

(Cornelia) Für mich ist der Rundgang in Dijon ein kleiner nostalgischer Ausflug, und so manche Erinnerung an die Zeit im Schuljahr 1982/1983 wird wach: Theaterbesuche, Shopping, Einkäufe in der Buchhandlung, Besichtigungen…
Vieles hat sich getan: Seit fünf Jahren gibt es eine Trambahn und fast das ganze historische Stadtzentrum ist mittlerweile Fußgängerzone.

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Während die Freundesfamilie zum Schwimmkurs fährt, beschließen wir einen Aufstieg auf den Turm Philippe le Bon. Auf dem Weg überrascht uns ein Regenguss...

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... der uns ins Innere der Markthalle treibt, was für uns nicht wirklich eine Strafe ist.
Zufällig sehen wir auch die Tomates farcies, die uns unsere Gastgeber später servieren werden. Nebenbei bemerkt: Die Markthalle hat Gustave Eiffel gebaut, einer der berühmtesten Söhne der Stadt.

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Der Turm ist Bestandteil des Palais des Ducs de Bourgogne. Auf dem Anstieg nach oben begegnen wir sämtlichen Symbolen der Weingegend: Trauben im Weinlaub, Schnecken und als kleines ‚Extra‘ auch noch einer Fledermaus.

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Von der Plattform in 46 Meter Höhe aus ist die Sicht recht klar, und ich zeige Tom alte Gemäuer im Stadtkern wie die Glockenschläger (19. Jh.), die gotische Kathedrale Saint-Bénigne, Saint Michel mit vorgebauter Renaissance-Fassade und die Place de la Libération, von Herrn Mansart ausgedacht (jener, der der Mansarde ihren Namen verlieh).

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Es regnet wieder – ab ins Museum im Herzogspalast. Wir bestaunen einen abschließbaren Schirmständer für die Museumsbesucher. Hätte man so etwas in Frankreich vermutet…?

Das Museum, mir gut bekannt, ist uns, obwohl in Umbauphase, wärmstens empfohlen worden. Allerdings seien wegen der Renovierungsmaßnahmen nur die Kunst aus Mittelalter und Renaissance zugänglich. Und tatsächlich, das Musée hat sich, seit ich es kenne, sehr positiv verändert: Altarbilder sind z. B. so aufgestellt, dass man Vorder- UND Rückseite bewundern kann. Tom lernt die wunderbar gestalteten Grabmäler der Herzöge von Burgund kennen. Filigran gestaltete Trauernde ziehen in einem langen Zug um den steinernen Sarg herum. Ich genieße das Wiedersehen mit dem Altarbild „Nativité“ des Maître de Flémalle. Tom interessiert sich mehr für die Darstellung des Bösen an einem Altar – teuflisch schön!
Am Nachmittag gehen wir mit Michèle, Georges und den beiden Mädchen ins „Musée de la Vie bourguignonne“; einige Bereiche des bürgerlichen Lebens im Burgund sind schön präsentiert, mehrere alte Läden aufgekauft - facettenreich wird das Leben in alten Zeiten dokumentiert. U. a. gibt es ein Modell der Keksfabrik, auf deren Gelände sich Michèle und Georges‘ Wohnung befindet. Die beiden Mädchen verhalten sich mustergültig, betrachten die Objekte, ohne sie zu berühren und erhalten von mehreren Museumsaufseherinnen ein dickes Lob. Zur Belohnung gibt es auf der Place de la Libération für die Kinder einen Sirop à l‘eau, en terrasse.

Tag 3 / Fr 10.8.2018 / Nuits-St.Georges

(Cornelia) Auf dem Weg zur Autobahn suchen wir eine Tankstelle und landen kurioserweise statt im Einkaufszentrum Leclerc erst einmal bei einem gleichnamigen Krankenhaus. Wieder was gelernt. Bei Evelyne in Nuits-St. Georges sehen wir auch ihre Tochter Catherine mit ihrem Mann Olivier wieder, die uns Ende Juli in Rednitzhembach besucht haben. Auch Evelyne ist eine ehemalige Kollegin aus meiner Zeit am dortigen Collège Jean Jaurès – all die Jahre hatten wir immer Kontakt. Nach einem bombastischen Mittagessen (siehe Spalte „Louies lukullisches Leben“) spazieren wir erst zu einer Galerie d‘Art im Ortszentrum und nehmen dann das Auto, um zu einer ‚Ferme‘ in Concoeur auf der Arrière-Côte de Nuits zu gelangen. Die Ferme Fruirouge (nein, liebe Französischkolleg(inn)en, das ist kein Schreibfehler, sie schreibt sich in der Tat genau so!) ist ein Bio-Betrieb, der sich auf Cassis, also schwarze Johannisbeeren, spezialisiert hat. Wir erhalten Informationen zur Geschichte des Hofes, der seit etlichen Generationen existiert, über Sorten, Anbau, Pflege und Ertrag und staunen über die Ertragsdifferenz zwischen guten und schlechten Jahren: zwischen 300 Kilogramm (miserabel) und 39(!) Tonnen (Superernte)! Auch die Herstellung diverser Produkte wird erläutert und demonstriert. Die Verarbeitung erfolgt von Hand; zur Ernte der Johannisbeeren werden aber Rüttelmaschinen eingesetzt, die dafür sorgen, dass die reifen Früchte automatisch vom Ast fallen – Menschen würden zu etwa 25 % unreife Früchte pflücken. Neben Cassis-Likör mit 16, 18 oder 21 Prozent Alkoholgehalt und Marmeladen hat die Ferme Fruirouge noch weitere Besonderheiten im Programm, die zum Alleinstellungsmerkmal wurden und aus denen sich nach der Teilnahme an einer Landwirtschaftsmesse auch eine Zusammenarbeit mit dem französischen Sternekoch Alain Ducasse ergeben hat: Beurre de Cassis, eine äußerst intensiv schmeckende Fruchtzubereitung, sowie ein Cassis-Ketchup, dunkler als normales Ketchup, natürlich ohne Tomaten, sondern nur mit Cassis und auch mit anderen Gewürzen versetzt – sehr apart. Wer uns kennt, dem ist sonnenklar, dass wir die Ferme NATÜRLICH mit einem Fläschchen Cassis und zwei Gläsern verlassen… Mmmmh!



Tag 4 / Sa 11.8.2018 / Fahrt nach Le Chiron

(Cornelia) Über kleine Straßen fahren wir über Beaune in Richtung Autun, als wir plötzlich den Wegweiser nach Cormot-le-Grand (bestimmt zehn Häuser groß…) sehen, wo Christian, unser seit eineinhalb Jahren verwitweter Freund, wohnt. Wir haben uns etwa vier Jahre nicht gesehen, sind auch nicht angekündigt, haben aber Glück: Er ist zuhause. Vorsichtige Wiedersehensfreude auf beiden Seiten, Hausbesichtigung. Catherines Sinn für Einrichtung ist wahrzunehmen, ihre Malfarben stehen noch auf einem Brett. Nach einer Phase tiefster Trauer scheint sich Christian wieder mehr dem Leben und der Zukunft zuzuwenden. Au revoir et à un de ces jours!

Der Weg führt uns kurvenreich auf kleinen Straßen und nur selten auf einem Stück Schnellstraße durch sehr ländliche Gegenden: La France profonde! Gegen Abend erreichen wir etwa 12 Kilometer südlich des Parc naturel Régional de la Brenne unser Quartier Le Chiron. Man erwartet uns mit einem Aperitiv. Anke (Lehrerin für geistig behinderte Kinder in Amsterdam) kocht für die Gäste, Gerard (bitte Holländisch mit einem ‚ch‘ am Anfang zu sprechen), Architekt für Data Center, und seine Frau Claire (gebürtige New Yorkerin, mit 20 auf den ersten Blick in Amsterdam verliebt und drei Monate später auch in Gerard, seit 40 Jahren in der Grachtenstadt) sitzen mit uns gemütlich im parkähnlichen Garten. Die Sonne geht hinter dem eigentümlichen zweiflügeligen Wirtschaftsgebäude unter. (Sein Foto hatte meine Entscheidung für Le Chiron auf booking.com stark beeinflusst.) Man spricht auf Englisch über Literatur, Kunst und Geschichte, und wir lauschen den Schreien der Käuzchen. Schwupp – wir ziehen unwillkürlich den Kopf ein - kommt eine Fledermaus knapp an uns vorbeigeflogen…!


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Tag 5 / So 12.8.2018 / Le Chiron

(Cornelia) Wegen der großen Hitze beschließen wir, nicht den Regionalpark aufzusuchen, sondern uns stattdessen im Garten auszuruhen. Nach allen Anstrengungen vor dem Aufbruch haben wir uns das verdient. Das Frühstück dürfen wir im Salon im Erdgeschoss einnehmen. Anke überrascht uns mit einem Kandelaber. Welch ein herrschaftlicher Genuss!


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Danach führt uns Anke durch die Räumlichkeiten. Alles in allem gibt es 17 Betten (bei Bedarf auch noch mehr) in mehreren, sehr individuell gestalteten Räumen; daneben wird eine riesige Gîte für sechs Personen, sogar mit Klavier, vermietet. Ein weiteres Klavier steht im Haupthaus, und wir erfahren, dass die Amsterdamer Freundestruppe rund um die (abwesende) Besitzerin mehrmals im Jahr hierher kommt und beim Renovieren Hand anlegt, aber auch rauschende Feste mit einer ‚house band‘ feiert (Gesang, Sax, Klavier, Schlagzeug, Flöte… Sollten wir wiederkommen, bringen wir unsere Instrumente und Noten mit…!). Die Wirtschaftsgebäude kann man auch jetzt schon für Workshops mieten, z.B. für Malerei oder Skulptur. Zehn, elf Stunden Autofahrt sind es von Amsterdam nach Le Chiron – alle lieben es. Lesen, Dösen, ein kleiner Spaziergang über die Felder…
Schon ist es Zeit für das Abendessen, mit zwei weiteren, holländisch und deutsch sprechenden Gästen; Flugstunde der jungen Schwalben sowie Fütterung, Fledermäuse, Käuzchen. Und der Sternenhimmel…!!!


Tag 6 / Mo 13.8.2018 / Montmorillon - Simoussais

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(Cornelia) Montmorillon, la Cité de l‘Ecrit, die Bücherstadt, liegt gleich in der Nähe. Die Schriftstellerin Régine Déforges, gebürtig in Montmorillon, deren Romanzyklus ich vor einigen Jahren verschlang („La bicylette bleue“ u.a.), führt 1990 einen Salon du Livre in ihrem Städtchen ein. Seitdem haben sich in Montmorillon zahlreiche Antiquariate und spezialisierte Buchhandlungen angesiedelt und dem Städtchen am Fluss im nördlichen Limousin neues Leben eingehaucht. Am Montagmorgen sind allerdings die meisten Läden geschlossen (welch ein Glück, denkt Tom…), und so besuchen wir nur eine kleine Ausstellung über Schreibmaschinen und eine Roseraie, einen Rosengarten, wo nur Rosensorten gepflanzt sind, die Namen von berühmten Autoren und Autorinnen tragen. Am besten gefällt mir die dreifarbige Sorte ‚Jean Cocteau‘, die in ihrer Farbigkeit gut zu ihm passt. 


Weiter geht‘s nach Westen, und gegen 15.30 Uhr treffen wir bei Ursula und Alain in Simoussais ein, im Département Charente-Maritime. Seit ziemlich genau einem Jahr nur telefoniert, aber nicht gesehen - große Wiedersehensfreude! Schon im Vorfeld hatten wir vereinbart, den beiden bei der Verarbeitung der Gartenernte zu helfen, weil sie erst am Vortag aus dem Urlaub zurückgekommen sind. Tomaten schälen und einwecken, Falläpfel zu Apfelmus kochen usw., was eben so ansteht. Gleichzeitig werden Produkte hergestellt, die dann zwei Tage später mit aufs Segelboot sollen. Kater Félix lässt sich von unserer Anwesenheit kaum stören: Er thront auf einem Karton in der Küche und zeigt ab und zu sein Kunststück: Aus einer kleinen Schachtel mit dem Pfötchen gaaanz vorsichtig ein Brekkie herausholen! Zum Abendessen erfreut uns der erste von vielen malerischen Sonnenuntergängen hinter dem Kirchlein des benachbarten Dorfes.

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Tag 7 / Di 14.8.2018 / Simoussais

(Cornelia) Der Tag vergeht mit Einkaufen, Kochen, Vorbereiten. Ich erhalte hier gratis eine Thermomix-Einweisung; das Gerät ist erst kurz vor dem Urlaub seiner Besitzer(in) eingetroffen. Neugierig auf die vielgepriesenen Eigenschaften [gell, Simone und Christine?!] lasse ich das Gerät arbeiten: Er mixt zwei verschiedene Pestos und den Teig für Kuchen und Financiers (berühmtes Kleingebäck). Ursula testet weitere Rezepte, und das Gerät arbeitet klaglos, eben ein moderner Küchensklave. Tom füllt unterdessen den von Ursula und Alain hergestellten Vin aux noix (Aperitiv-Wein aus grünen Walnüssen) geduldig in Flaschen ab. Am Abend kommt nach zehnstündiger Fahrt aus Nizza Alains Sohn Raphael mit seiner Freundin Camille an. Beide kennen wir vom Vorjahr und freuen uns, sie auch in diesem Sommer zu sehen. Sie erzählen begeistert von ihren (Wander-)Touren auf Korsika, und Raphael schildert in Worten eine Gewitternacht auf dem Mercantour (bei Nizza) und dokumentiert sie mit außergewöhnlichen Aufnahmen.  


Tag 8 / Mi 15.8.2018 / La Rochelle - Ars-en-Ré auf der Ile de Ré

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(Cornelia) 40 Autominuten von Simoussais entfernt liegt Ursulas schmuckes Segelboot namens VALENTIN – 9,60 Meter lang, ein bayerisches Modell (Bavaria) - im Hafen von La Rochelle. Etwa ebenso lang brauchen die heutigen Segler (Ursula, Camille, Raphael, Cornelia und Tom) zum Beladen des Boots mit unserem Gepäck, Lebensmittel und Wasserflaschen. Ja, ok, ich gebe es zu… auch reichlich Wein und vor allem Pineau des Charentes gehen mit an Bord. Pineau wird hier in der Gegend gerne getrunken und besteht aus unfermentiertem Traubensaft und Eau de vie de Cognac (wörtlich: Schnaps aus Cognac). Wikipedia weiß dazu: „Der Legende nach wurde Pineau 1589 durch Zufall erfunden, als ein Winzer versehentlich Traubenmost in ein für leer gehaltenes Fass goss, das schon teilweise mit Eau de vie, dem Ausgangsprodukt von Cognac, gefüllt war. Das Fass wurde wie üblich im Keller zur Fermentierung gelagert. Als es dann nach einigen Jahren geöffnet wurde, fand sich darin der heute in der Charente so beliebte Trank.“

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Der Atlantik riecht nach Meer, ein leichter Wind weht, und schon bald lassen wir den Phare du Bout du Monde hinter uns und unterqueren die Brücke, die das Festland mit der Île de Ré verbindet. Der Feiertagsverkehr - 15.8., l‘Assomption, einer der wenigen kirchlichen Feiertage im Laienstaat Frankreich – rollt fast Stoßstange an Stoßstange. Auf dem Wasser ist deutlich weniger Verkehr. In einer Windflaute gibt es Mittagessen. Manchmal fällt der Wind einfach zusammen, dann heißt es warten. Ein bisschen treiben wir ab, macht aber nichts, denn wir sind ja schon auf der Höhe von St. Martin-de-Ré. Ein paar Mal müssen wir wenden und halsen, um an unser Ziel zu kommen, dem Port de Plaisance (Yachthafen) von Ars-en-Ré . 

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Am Hafeneingang winkt schon Alain, der mit seinem jüngeren Sohn Alexandre und dessen Freundin Irina – mit dem TGV aus Paris gekommen – per Auto den Weg zurückgelegt hat. So steht uns zu acht ein Auto mit fünf Plätzen zur Verfügung. In der Nacht allerdings, nach dem Abendessen auf Deck und dem grandiosen Feuerwerk in St. Martin (leider nur misslungene Fotos...), quetschen wir uns alle hinein. Attention, un gendarme, duckt euch, Kinder! Da Ursulas Boot ‚nur‘ sechs Schlafplätze hat, verbringen Camille und Raphael die Nacht an Deck, werden aber am Morgen begeistert von den Sternen berichten.

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Tag 9 / Do 16.8.2018 / Ars-en-Ré

(Cornelia) Alle Mann an Bord, Frühstück. In Ars ist Markt. Für jeden gibt es etwas Passendes: eine Mütze für Alexandre, ein Tuch für Irina, einen Hut für Alain (von Toms Hut inspiriert, und doch wird Tom Alain tagelang um diesen besonderen Hut beneiden, der auch noch eine ‚saharienne‘, einen ausrollbaren Nackenschutz, aufweist), ein Kästchen aus glatt poliertem Thuja-Holz für uns. Ja, schweigt, wir wissen es, wir sollten nicht JETZT schon anfangen, Souvenirs zu kaufen. Aber das Kästlein… Faust? Deutschlehrer-Deformation? „Wie kommt das schöne Kästchen hier herein? / Ich schloss doch ganz gewiss den Schrein. / Es ist doch wunderbar! Was mag wohl drinne sein?“ Na, das können wir uns ja noch ein Jahr lang überlegen.

Was dann geschieht, soll nicht von mir erzählt werden. 


(Tom) Jetzt bin wohl ich dran…
Alain hat für sich und Ursula sowie für seine beiden Söhne und ihre Freundinnen Tandems gemietet, mit denen die ganze Gesellschaft zu einem Strand auf der anderen Seite der Île de Ré aufgebrochen ist. Cornelia und ich bleiben noch auf dem Boot, um ein Taboulé vorzubereiten, den Abwasch zu erledigen und später mit Alains Auto nachzukommen. Gerade kommen die GPS-Daten des Strands per WhatsApp. Es bleiben nur noch zwei, drei, Schüsseln abzuwaschen, als der Wasserhahn nur noch Tropfen ausspuckt. Aha, Wassertank leer. Ist ja kein Problem, das hab ich ja letzten Sommer auch schon gemacht. Der Wasserschlauch und der Schlüssel für den Einfüllstutzen sind auch noch da, wo ich sie in Erinnerung habe. Also frisch ans Werk, Schlauch angeschlossen und den Tank befüllt, bis er voll ist. Ganz am Schluss sehe ich ein bisschen Schaum, aber das kommt sicher vom sprudelnden Wasser. Nach dem Wiedereinschalten der Wasserpumpe läuft sie ziemlich lange und transportiert trotz lautem Röhren kaum Wasser. Urplötzlich, wie aus dem Nichts, kommt die Erkenntnis: Ich habe den Dieseltank mit Wasser aufgefüllt! Das kann doch nicht wahr sein, wie blöd kann man sein… !?!!! Auch heftiges Schlagen der flachen Hand an die Stirn führt nicht zum Erwachen aus dem Traum. Was nun? Leider ist der Motor, der nur mit Wasser läuft, noch nicht erfunden, aber wenigstens ist der Motor aus und das Wasser ‚nur‘ im Tank. Dann also erst einmal beichten: Ursula anrufen und gefühlt zehn Meter im Erdboden versinken. Sie nimmt es überraschenderweise sehr locker und meint, da finde sich schon eine Lösung.
Allerdings natürlich nicht von selbst, daher gehen Cornelia und ich auf die andere Seite des Hafens, wo sich ein Händler für Schiffszubehör befindet. Der sagt recht trocken, ja, da müsse man den Tank leeren, es gebe keine andere Lösung, aber er habe keine Zeit dafür. Na ja, es gibt ja noch das allwissende Internet, also flugs recherchiert, und schnell sind auch einige Telefonnummern gefunden. Der Erfolg von Cornelias Telefonaten hält sich aber sehr in Grenzen: Ein Betrieb sagt, es sei Hauptsaison, alles ausgebucht, keine Zeit. Beim nächsten ist der Grund der Absage die Nachsaison, und deswegen sei kein Mechaniker verfügbar.
Nach weiteren Telefonaten kommen Ursula und Alain von Strand zurück und sehen ein Fahrzeug mit der Aufschrift des örtlichen Händlers ganz in unserer Nähe. Sie treiben auch die zwei dazugehörigen Mechaniker auf, die mit Reparaturen eines anderen Segelboots am selben Steg beschäftigt sind. Helfen können sie uns zwar auch nicht, haben aber die Idee, einfach den Tank abzuklemmen und den Motor per Reservekanister mit Sprit zu versorgen. Da auf der Insel Ré wohl wirklich nichts zu machen ist, müssen wir irgendwie nach La Rochelle zurückkommen, aber auch ein Segelboot braucht für die Hafeneinfahrt einen Motor…
[Cornelia: Sämtliche Versuche aller Mitglieder der Bootsbelegschaft, Tom zu trösten und ihm Mut zuzusprechen, schlagen fehl: Er bleibt untröstlich. Der Arme.]
Inzwischen ist es Abend und sowieso nichts mehr zu machen. Morgen, am Freitag, müssen wir weitersehen. Dieser Zustand verschafft mir eine äußerst unruhige Nacht mit einigen Flashbacks auf den Moment der Erkenntnis (siehe oben).


Tag 10 / Fr 17.8.2018: Ars-en-Ré / La Rochelle
(Tom) Den Freitag beginnen wir zu viert dann beim Schiffshändler und kaufen nach einigen Diskussionen und Überlegungen einen Kanister plus Benzinleitung, befüllen ihn an einer Tankstelle mit Diesel und kehren zum Boot zurück. Alain taucht ab; man sieht nur noch seine Beine, als er unter dem Motor hängt und versucht, den Schlauch des Kanisters an den Benzin (bzw. Diesel-) Filter anzuschließen. (Die Details wie mehrfache Besuche des örtlichen Mini-Baumarkts auf der Suche nach passenden Schraubenschlüsseln etc. erspare ich uns hier. ) Am Ende schafft es Alain, und ein kurzer Test bringt den Beweis: Der Motor läuft! Das klingt wie Musik in unseren Ohren! Ein paar Tropfen Diesel sind bei der Aktion auch ins Boot geflossen, was uns eine würzige Atmosphäre beschert; so stelle ich mir olfaktorisch eine Bohrinsel vor. Trotzdem schlafe ich schon ein klein wenig besser, auch weil Ursula für Montag einen Termin mit einem Mechaniker in La Rochelle organisieren konnte.
Alains Söhne mit ihren Freundinnen waren nochmal mit dem Fahrrad unterwegs zur Nordspitze der Insel. Wenigstens sie hatten einen unbeschwerten Urlaubstag.


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Tag 11 / Sa 18.8.2018 / Ars-en-Ré / La Rochelle
(Tom) Alexander und Irina brechen mit dem Auto auf, während wir anderen sechs in See stechen. Nach bangen Momenten am Anfang beruhigt uns der sonore Klang des Volvo-Penta-Diesels mit seinen knapp 20 PS. Elf Liter Diesel haben wir dabei, bei einem geschätzten Verbrauch von zwei Liter pro Stunde müsste das auf jeden Fall bis La Rochelle reichen, selbst wenn wir keinen Wind haben sollten. Er weht aber, und nachdem wir die Fahrrinne des Hafens von Ars-en-Ré verlassen haben, segeln wir zwar gemächlich, aber ohne Motorunterstützung Richtung Heimathafen.
An der Hafeneinfahrt von La Rochelle steht eine große Tonne namens „Richelieu“, die den Einfahrtskanal zum Hafen markiert. Dort angekommen raffen wir wie vorgeschrieben die Segel, um die letzten paar hundert Meter mit Motorkraft zum Liegeplatz zu kommen. Noch sind wir nicht ganz an der Richelieu vorbei, lässt uns der Motor im Stich. Kein Diesel mehr! 
Es ist Samstag Spätnachmittag, und viele andere Boote wollen zurück nach La Rochelle. Um uns herum wimmelt es geradezu von Motor- und Segelbooten. [Cornelia: Wäre es ein Film, würde man denken, sie seien einkopiert…] Ein ganz schlechter Zeitpunkt, um manövrierunfähig auf den steinigen Rand der engen Fahrrinne zuzutreiben. Ursula wird blass, reagiert aber blitzschnell und alarmiert sofort die Capitainerie des Yachthafens. Die schickt uns ein Abschleppboot, das zum Glück nicht weit weg ist. Es vergehen allerdings doch einige endlos scheinende Minuten, in denen manche Skipper der an uns vorbeiziehenden Boote erst im letzten Moment erkennen, dass wir nicht freiwillig mitten im Weg liegen.
Da naht unser Retter: Ein etwas verwegen aussehender junger Mann in einem - vornehm ausgedrückt - kaum als Nuss-Schale zu bezeichnendem kleinen Motorboot. In Windeseile hat er an unserem Boot festgemacht und versucht, uns mit seinem Rasenmäher-Außenborder vom Rand der Fahrrinne wegzubekommen. Ich starre wie gebannt auf den Tiefenmesser: 0,9 – 0,8 – 0,7m . Erst nachdem wir die Kurve in die andere Richtung nehmen, bessert sich die Lage, und der unter Vollgas laufende Rasenmäher zieht uns zurück in die Fahrrinne. 
Uff!
Dann geht es vergleichsweise gemütlich zum Liegeplatz, wo wir uns bei unserem Retter bedanken. Der murmelt nur so etwas wie „das geht heut noch den ganzen Abend bis 21 Uhr so“ und schaufelt im Wegfahren mit einer Plastikdose das Wasser aus seiner Nuss-Schale…




Tag 11 / Sa 18.8.2018 / Ars-en-Ré / La Rochelle… Fassung 2
(Cornelia) Es gibt nebeneinander ja immer verschiedene Wahrheiten und Realitäten. Also, ich für meinen Teil habe die Rückkehr weitgehend anders erlebt.
Herrliches Wetter, aber wenig Wind, so dass sich Alain sehr dekorativ vorne am Boot platziert und Raphael wunderbare Panorama-Bilder erst von seinem Vater, dann auch von uns anderen aufnimmt. Das kann er, weil Camille das Boot steuert. Dass der Horizont auf den Photos etwas holprig ist, liegt nicht an einer etwaigen unruhigen Hand, sondern muss wegen der Wellen entschuldigt werden.
Fotos
Lange haben wir Saint-Martin-de-Ré im Blick, segeln an einem Fischerboot vorbei, stoßen mit ein bisschen Pineau an und essen in Ruhe das vor zwei Tagen am Unglückstag zubereitete Taboulé. Alle sind gut gelaunt (bis auf Tom, der immerhin halb entspannt wirkt). Kurz vor La Rochelle blicke ich über das Heck und fühle mich sofort an den Film über Alexander den Großen erinnert, der vor ein paar Jahren im Kino lief: Hinter uns fährt eine Armada von Segelbooten (mit dem Unterschied, dass man für den Film nur ein Schiff gebaut hatte, das hundertfach einkopiert wurde; hier sind alle ECHT). Ursula sagt, dass sie diesen Augenblick liebe, wenn die vielen Boote dem Hafen entgegenstrebten. Einen Moment später nur hört der Motor zu tuckern auf, und – siehe oben bei Tom – Ursula reagiert blitzschnell: Sie saust nach unten – während ich kurz das Steuer halte – und setzt den Notruf ab. Banges Warten, währenddessen wir hilflos auf den steinigen Rand der Hafeneinfahrt zutreiben. Ursula gesteht nachher, dass ihr in diesem Moment schlecht geworden ist… sie sieht ihr Boot schon auf Grund laufen. Ich selbst habe den Eindruck, alles in Zeitlupe zu erleben. Als der Retter naht (siehe oben), könnte ich fotografieren, nehme mich aber mit dem Fotoapparat in der Hand zu sehr als unbeteiligten Zuschauer der Gefahrensituation wahr, so dass ich erst, nachdem der Seebär erfolgreich Valentin vor den Steinen und Niedrigwasser bewahrt hat, doch noch rasch ein paar Fotos schieße.



Tag 12 / So 19.8.2018 / Simoussais
(Cornelia) Das Abenteuer ist bestanden, auch wenn der Bootstank noch immer ein Diesel-Wasser-Gemisch enthält. Entspannung ist angesagt. Tom kocht deutsche Küche für alle: Fleischpflanzl (oder Küchle, wie Tom sagt) und dazu einen Kartoffel-Karotten-Gratin, der reichlich mit Sahne angegossen wird und dazu beiträgt, Toms immer noch dunkle Gedanken zu vertreiben. Leider schwankt der Boden in Simoussais. (Nein, nicht in echt, aber mein Gehirn schafft es lange nicht, vom schwankenden Boot auf festen Boden umzustellen. Kurioserweise spüre ich das Schwanken kaum, wenn ich auf dem Boot bin, dafür um so stärker auf dem Festland, sodass ich mich manchmal an der Reling (sic) der Küchenzeile festhalten muss.)
Alexandre und Irina nehmen nach dem Mittagessen den TGV nach Paris, während alle übrigen Siesta halten. Am späten Nachmittag schlägt Alain vor, im Marais de Poitevin (einer Sumpfgegend im Poitou) paddeln zu gehen. Er lädt sein Kayak auf den Anhänger, wir anderen vier mieten zwei Kanus. Wieder Wasser, aber ganz anders: La Venise verte, das grüne Venedig, nennt es sich. Ab dem 11. Jahrhundert versuchten Mönche, das ursprünglich vom Meer überschwemmte, sumpfige Gebiet trockenzulegen, um es in verschiedenen Parzellen für die Landwirtschaft nutzen zu können. Deswegen legten sie Deiche und Kanäle an. Heute umfasst der Marais Poitevin 100 000 Hektar Fläche, von denen der feuchte Marais etwa 30 % einnimmt. Eschen und Kopfeschen (le frêne et le frêne têtard) befestigen mit ihren Wurzeln die Erde am Ufer. Man gleitet unter Kathedralen von grünen Eschen und Pappeln dahin, bückt sich unter Wildem Hopfen, Brombeerranken und tief hängenden Ästen, begegnet Libellen, einem Storch, Enten und Bibern; das langsam fließende Wasser ist sehr kühl, weswegen es auch wider Erwarten keine Mücken gibt, und kühlt auch die Luft, was an einem so heißen Tag sehr angenehm ist. Zwei Stunden vergehen im Nu. 


Tag 13 / Mo 20.8.2018 / La Rochelle
(Tom) Gleich nach dem Aufstehen gibt es gute Nachrichten: Der Mechaniker bestätigt den Termin, um halb zehn am Boot. Also auf nach La Rochelle, in gewohntem Team mit Ursula, Alain Cornelia und mir. Der Tank wird leergepumpt, was schon einige Zeit in Anspruch nimmt, da ich ihn ja sorgfältig bis zum Rand gefüllt hatte. Ein Kanister nach dem anderen wird voll und aus dem Boot gehoben. Nach gut 3 Stunden ist das erledigt und auch der Tank wieder korrekt angeschlossen. Nebenbei findet der nette junge Mann noch Zeit für ein paar Tipps, wo dies und das herkommt und was noch so zu reparieren wäre. Ursula und Alain folgen aufmerksam seinen Erklärungen. Danach sagen sie, dass doch alles seine guten Seiten hat, sie hätten viel gelernt. Na so viel Fähigkeit, das Gute im Schlechten wahrzunehmen, wünscht man doch auch dem ein oder anderen Mitbewohner dieses Planeten, bewundernswert (es ist ja immerhin der Jahresurlaub von Alain).
Jetzt brauchen noch einen großen Kanister, um den Tank aufzufüllen (Zur Schiffstankstelle fahren sei nicht so gut, sagt der Mechaniker, weil ganz unten evtl. noch etwas Wasser sein könnte und man am besten den Motor erst startet, wenn der Tank mit Diesel voll ist.) Allerdings haben jetzt um halb eins auch die größeren Läden Mittagspause. So bleibt uns nichts anderes übrig, als in dem kleinen Restaurant am Kai etwas zu essen. Dieses ist erstaunlich gut und hebt erst mal unsere Stimmung. Danach kaufen wir einen 20-Liter-Kanister, und Alain leiht sich noch einen mit 10 von einem Nachbar, damit haben wir 30 Liter Kapazität und müssen nur drei Mal zur Tankstelle fahren (der Tank fasst um die 90 Liter). Auch so kann man einen Nachmittag verbringen, pro Tour 10 Minuten Hinfahrt, 10 Minuten tanken, 10 Minuten Rückfahrt. Von Mal zu Mal prägt sich mir der Weg besser ein und auch der Herr im Kassenhäuschen schaut mich jedes Mal etwas freundlicher an. Dafür bringe ich etwas Abwechslung in sein Leben, indem ich mal mit VISA, mal mit EC-Karte und mal in bar zahle.
Dann kommt der große Moment, an dem der Motor wieder gestartet werden soll, und es passiert – nichts. Irgendwo zwischen Tank und Motor fehlt noch etwas Diesel. Ein anderer Schiffsnachbar, eher Marke Seebär, hilft bei den letzten Handgriffen, und – juhuu – der Motor springt an. Das Boot wird augenblicklich deutlich leichter, weil mir einige hundert Kilo Steine vom Herzen fallen…

Dann geht es zurück nach Simoussais, wo Ursula und Cornelia noch kurz vor knapp den heimischen Supermarkt plündern, für das Abendessen zu sechst, zum letzten Mal mit Raphael und Camille.



Alfred komprimiert die ganze Geschichte am 11. September in WhatsApp:
(Danke, Alfred!)

Mobirise
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Tag 14 / Di 21.8.2018 / La Rochelle - Ile d‘Oléron

(Cornelia) Wie geplant beladen wir das Boot im Hafen von La Rochelle und lauschen verzückt dem Geräusch des Motors, der wunderbar schnurrt – Musik in unseren Ohren!
Alain wirft die Angelleine aus und hat – im Gegensatz zu anderen Gelegenheiten – relativ bald ein Fischlein am Haken: un chinchard, was auch immer das auf Deutsch sein mag: Sieht ein bisschen wie eine Makrele aus. Wikipedia spricht von Jackmakrele, die zur Art der Stachelmakrelen gehört. Aha. 15 Zentimeter muss er haben, sonst ist der Fang verboten. Uff, Glück gehabt, das passt, die Makrele gehört uns. Alain verspricht, für die ganze Mahlzeit am Abend zu sorgen. Na ja, das bleibt dann doch Angler-Latein… Er ist (meist) das, was mein Schwiegervater Helmut „Schnürl-Wascher“ zu nennen beliebte; immerhin ist die Angelschnur nun sauber. Abends braten wir das Fischlein und teilen es zu viert – schmeckt superzart!

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Herrliches Wetter, etwas Wind, aber nicht viel, genussvolles Segeln. Langsam rückt Fort Boyard mit seiner charakteristischen Form näher. Rechts davon ist Boyardville, schon auf der Ile d‘Oléron. Zur vorgeschriebenen Zeit laufen wir in den Hafen- Die Hafenöffnungszeiten hängen hier stark von den Gezeiten ab, weswegen man sich immer genau überlegen muss, wann man lossegelt und wie viel Zeit man brauchen darf. Im Hafen von Le Douhet, den wir ansteuern, gibt es z. B. eine Mauer in der Einfahrt, die mit Bojen gekennzeichnet ist und die es zu umschiffen gilt. Wir bekommen für VALENTIN einen Platz im Yachthafen zugewiesen und müssen nicht am Besucherkai anlegen. Schnell, es ist Flut, auf geht‘s zum nahegelegenen Badestrand. Ach, ist das Wasser angenehm warm! [Nein, Claudia, wirklich warm: 25 Grad!] Pünktlich zum Sonnenuntergang weht der Wind Töne von Jazz Manouche (Gipsy Jazz im Stil von Django Reinhardt) zu uns herüber; es gibt die zweite Flasche Champagner und sogar Kaviar steht auf dem Tisch, den Alain und Ursula von Irinas Mutter aus Russland bekommen haben. Nastrovje! Meine Güte, geht es uns gut!!

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Tag 15 / Mi 22.8.2018 / Ile d‘Oléron

(Cornelia) von diesen zwei gemeinsamen Tagen auf der Ile d‘Oléron gibt es nicht viel zu erzählen. Einfach entspannter Urlaub. Tom und ich liegen mit Ursula und Alain auf derselben Ebene des Humors – deswegen gibt es auch viel zu lachen - , wir gehen schwimmen (‚Toter Mann‘ im Meer, ach, ich liebe es!!!), lesen, genießen zum Aperitiv ein Gläschen Pineau des Charentes. Mit dem Gratis-Bus rumpeln wir kurvenreich über die Insel. Von oben sehen wir in die gut abgeschirmten Grundstücke hinein, blicken auf die Sümpfe und sehen Weinreben. Erst geht es nach Saint-Denis-d‘Oléron, von wo aus die Insel verwaltet wird. Während Ursula und ich – völlig dem Klischee entsprechend - mehr an kleinen Kunstgalerien und Kleidergeschäften interessiert sind, verschwindet Alain in einem der Angelgeschäfte am Hafen so gründlich, dass ich den Busfahrer bezirzen muss, noch fünf Minuten zu warten. Puh, Ursula ist es gelungen, Alain von den Angelhaken und Fischködern zu lösen… Mit einem lächelnden „Excusez-nous, s‘il vous plaît“ bitten wir die anderen Touristen um Verzeihung. Sie verstehen die Aktion: Der Bus fährt nur alle 90 Minuten und kommt abwechselnd früher oder später als angegeben. 

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Tag 16 / Do 23.8.2018 / Ile d‘Oléron

Am zweiten Tag wählen wir die Linie nach La Cotinière, einem Fischerort. Alles ist dort auf Fische(n) ausgerichtet; in der Kirche erkennen wir, dass auch heutzutage das Meer seine Opfer fordert: 2015 gingen ein Vater mit Sohn auf dem Meer bei der Arbeit verloren – perdus en mer. Viele Täfelchen mit Namen und Daten zeugen von weiteren Opfern.

In dem hübschen kleinen Fischrestaurant „L‘Assiette du Capitaine“, das sogar die TV-Köchin Sarah Wiener auf ihrem kulinarischen Ausflug auf die Ile d‘Oléron erwähnt (seinerzeit als Serie auf arte) , machen uns Ursula und Alain mit der ‚Mouclade‘ bekannt: Muscheln in einer Art Bechamelsauce überbacken. Jeder ist mit seinem Fisch zufrieden, Rochen, Hai, Lotte, Thunfisch befinden sich auf unseren Tellern, in leicht kreolischen Varianten zubereitet.

Nach dem Dessert gehen wir zu dritt in eine SPA der besonderen Art: Kleine Fischchen knabbern an den (vorher gewaschenen) Füßen der Kunden und fressen überschüssige Haut weg. [Tom: Für nur einen Fuß ist mir das zu teuer!] Manchmal kitzelt es, aber wir finden es insgesamt recht angenehm und haben hinterher Baby-Haut an den Füßen. Ein toller Effekt, aber ob es wirklich eine Woche – wie geschäftstüchtig versprochen… - anhält? 


Tag 17 / Fr 24.8.2018 / Ile d‘Oléron – La Rochelle
Frühes Aufstehen ist heute angesagt. Valentin verlässt um 6.45 Uhr den Hafen von Le Douhet. Die Sonne geht auf…
Wind kommt auf, es ist recht kühl. Wir jagen in Schräglage übers Wasser. Heissa, fein, „comme une flèche“, wie ein Pfeil, sagt Alain. Nun ist es schon anstrengender, das Boot auf Kurs zu halten. Ile d‘Oléron – La Rochelle in etwa 2,5 Stunden! Alle vier sind begeistert. Wassertank auffüllen, Boot abspritzen, die restlichen Lebensmittel abtransportieren usw., all das wird schnell erledigt. Schon am Nachmittag kann uns Kater Felix in Simoussais begrüßen. 


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Tag 18 / Sa 25.8.2018 / Niort

(Cornelia) ‚Markt‘ steht auf dem Plan. Auf geht‘s ins etwa 25 Kilometer entfernte Städtchen Niort, Kantonshauptstadt, mit einer trutzigen Burg und mehreren Kirchen ausgestattet, die Ursula, Tom und ich aber – zugunsten der Markthalle – links liegen lassen. Welch eine Pracht gibt es hier in dieser Eisen-Glas-Konstruktion zu sehen! Dicht gedrängt schieben sich die, in der Mehrzahl Käuferinnen, an den noch dichter mit Esswaren gefüllten Ständen vorbei. Wir wählen schon mal mit den Augen eine Lotte (Seeteufel) aus, die uns – Hilfe! - beinahe ein anderer Kunde wegschnappt. Der Verkäuferin fällt eine Garnele von der Schaufel - ni vu, ni connu, was man nicht weiß, macht einen nicht heiß –, sie bückt sich flugs und legt sie zu den anderen auf die Waage. Nur Ursula und ich sind stumme Zeuginnen und hoffen, dass mit unserer Lotte in der Phase der Vorbereitung nicht dasselbe passiert. Kurz noch durchs Zentrum gebummelt und einen Kuchen mit ‚angélique‘ (Engelswurz) gekauft, einer Spezialität der Gegend. Ursula wird später sagen, dass derjenige ihrer Schwiegermutter VIEL besser schmeckt. 

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Catherine, der wir verdanken, dass wir vor drei Jahren Ursula kennenlernen durften, kommt am Abend mit ihrem Mann Olivier. Fast auf dem Tag genau sind sie zwei Jahre verheiratet. Catherines wunderbares Dessert mit Mirabellen ist ein kulinarischer Höhepunkt – sehr lecker. Der Abend ist kurzweilig, und bald werden wir die beiden ein viertes Mal in diesem Jahr treffen. Das Wiedersehen in Biarritz ist schon vereinbart.

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Tag 19 und 20 / So 26. und Mo 27.8.2018 / Simoussais

(Cornelia) Ausschlafen, am Blog schreiben, ein köstliches Mittagessen (Melon charentais, Lotte à la Provencale, Tiramisù), ein kleiner Spaziergang mit Alain durch Simoussais, wo er geboren und nach einigen Umwegen auch wieder gelandet ist. Es ist sein letzter Urlaubstag. Tom schafft es, Ursulas und Alains Urlaubsfotos auf dem Fernsehgerät zu starten. Alain macht sich startklar für den Weg in die Arbeit: Das Fahrrad wird kontrolliert, und stolz präsentiert er uns einen Rucksack, mit dem er einem nachfolgenden Autofahrer Lichtsignale geben kann, wow! In Mauzé wird er dann den Zug nehmen, nach Aytré, wo der Sitz von Alstom ist, einer großen Firma, die mit Siemens fusioniert hat und den TGV und Trambahnen baut. Da er seine Arbeit liebt, ist es nicht ganz so schlimm, dass der Urlaub jetzt vorbei ist. Ursulas köstliche Curry-Cognac-Sauce zu Muscheln versüßt den letzten Abend. Der Höhepunkt ist aber eine herrliche Zabaione (auf Frz. Sabayon), vom Thermomix bei gleichbleibender Temperatur gerührt. Mein Thermomix-Lehrgang endet auf diesem (vorläufigen?) Höhepunkt, fast erwarte ich ein kleines Zeugnis… [Tom: ja, manche, z. B. Christine und Simone, werden es kaum glauben, aber ich fürchte, ich muss schon eine kleine Nebenkasse anlegen, um für eine Sonderausgabe in der Zeit nach der Reise gerüstet zu sein.]
Am Montag: lang schlafen, Obst verarbeiten, am Blog schreiben, essen, Taschen packen fürs Segeln…

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Tag 21 / Di 28.8.2028 / La Rochelle – Les Sables d‘Olonne

Wind aus südwestlicher Richtung ist angesagt, weht aber mitnichten… bei totaler Flaute brauchen wir – tucker, tucker – mit dem Motor etwa zehn Stunden, bis wir im Hafen von Les Sables d‘Olonne ankommen. Vom Boot aus erkennen wir den Strand, wo wir vor etwa zehn Jahren mit den Kindern schöne Sonnenuntergänge erlebten (Le Veillon). Viele der einst schmucken Häuser von um der Jahrhundertwende mussten scheußlichen Kästen weichen – wie beim letzten Mal in Les Sables stören mich die Bausünden der 60er- und 70er-Jahre mehr, als mich die schön verzierten alten Häuschen erfreuen. Dennoch bin ich auch immer wieder überrascht, dass unser Schwabach eine so große, stattliche Partnerstadt (Casino!!) hat. 

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Bei der Einfahrt fällt Ursula [entschuldige, Ursula, dass ich hier petze] eine pare-battage (Fender) aus der Hand, huch… aber ein uns folgendes Motorboot, sammelt sie ein – zum Glück schwimmen die Dinger ja. Wir bekommen einen schönen Liegeplatz für die kommenden zwei Nächte – weit weg von den vielen Restaurants im Hafen, nahe an Toiletten und Waschraum, zwischen den dauervermieteten Plätzen. Abends laden wir unsere Skipperin in ein Restaurant mit schönem Blick auf den Hafen ein. Danach überrascht uns ein ordentlicher Platzregen, aber wir schaffen es, nur feucht und nicht nass zu werden. An die niedrige Kabine haben wir uns gewöhnt, und das leise Schaukeln des Boots zeigt seine einschläfernde Wirkung. 

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Tag 22 / Mi 29.8.2028 / Les Sables d‘Olonne

Sightseeing ist angesagt. Auf dem Weg in das Städtchen fällt unser Blick auf den Volvo Penta/Gwen Marine-Service, dem wir später dann noch einen Besuch abstatten; Ursula kauft einen Vorfilter für die Benzinpumpe, der aufgrund von Toms folgenreicher Verwechslung nach soundsovielen Stunden ausgetauscht werden muss. Außerdem finden wir in einem anderen Laden hübsche, bruchsichere Gläser (jaaa, letzten Sommer und auch in diesem Jahr haben wir jeweils eines zerbrochen… Das geht aber auch schnell auf einem schwankenden Boot…). Am Rathaus vorbei flanieren wir durch die Fußgängerzone, gelangen in ein Viertel mit hübschen Mosaiken aus allerlei Muscheln und kehren in einer Crêperie ein.  

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Danach vertiefe ich mich so sehr in mein Buch, dass ich gar nicht weiß, was die anderen beiden machen. Wenn ich so mit einem Buch auf Deck liege, erinnert mich das sehr an ganze Lesesommer in der elterlichen Hollywood-Schaukel, wo ich ein Buch nach dem anderen verschlang...

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Tag 23 / Do 30.8.2028 / Les Sables d‘Olonne – Ars-en-Ré

Wieder ist Wind angesagt – und wieder hat er sich irgendwohin verzogen, jedenfalls herrscht wieder Windstille. Tja, so ist das beim Segeln, man ist doch sehr auf die Natur angewiesen. Irgendwie sind wir dann aber doch viel zu früh bei der Ile de Ré, wo der Hafen von Ars noch geschlossen ist. Just in diesem Moment kommt Wind auf. Tom darf ans Steuer und wendet und halst nach Herzenslust – so macht Segeln Spaß! Bei einer Seemarkierung, die man unbedingt zu respektieren hat, kämpfen wir jedes Mal, so auch heute. Tom MUSS an ihr rechts vorbei, sonst gerät das Boot in eine Untiefe. In mehreren Anläufen gelingt es nicht. Doch wir werden reich belohnt: Links von uns ziehen sechs Delphine in eleganten Bewegungen an uns vor. Lange noch sehen wir ihre Rückenflossen und fühlen uns reich beschenkt. Auch Ursula kämpft mit Wind und Kurs – schließlich hilft es nur noch, den Motor anzustellen.

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Kurz nach dem Anlegen im Hafen kommt Rainer, ein früherer Kollege Toms, zu uns aufs Boot, gerade mit seiner Familie in Urlaub auf der Insel; er hat im Vorjahr Tom auf dem Nürnberger Dutzendteich (ja, richtig gelesen!) eine erste Segelstunde gegeben.
[Danke für den Besuch, Rainer!]

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Tag 24 / Fr 31.8.2028 / Ars-en-Ré - La Rochelle

Gleich vor dem Frühstück gehen wir zum Markt von Ars-en-Ré, weil Tom so sehr Alain um seinen praktischen Sonnenhut (mit Nackenschutz! Australisches Modell) beneidet. Der Huthändler packt noch aus; wegen der Nachsaison muss es nicht so schnell gehen. Der Ort ist wie ausgestorben – was eine Woche ausmacht! Ganz Frankreich ist mit der ‚rentrée‘ beschäftigt, dem Schulanfang und auch der Wiederaufnahme sämtlicher Aktivitäten. Beim Boulanger (Bäcker) neben der Kirche gibt es ein Chocolatine, zurück zum Markt. Ja! Er hat den Hut!
Vor neun Uhr laufen wir aus, stehen aber, als Ursula den Motor ausschaltet, fast auf dem Wasser: Flaute. Immerhin ermöglicht uns der fehlende Wind noch einen letzten Apéro auf dem Wasser, das heute türkisgrün unter wolkenlosem Himmel schimmert.
Ein letztes Mal unterqueren wir die Brücke. Tom grüßt die Richelieu, die wir problemlos passieren. Dann folgt im Hafen das übliche Procedere. Um 18.30 Uhr treffen wir – mit Einkäufen – gleichzeitig mit Alain in Simoussais ein. Alle im Gästezimmer verstreuten und v. a. X-mal umgeräumten Habseligkeiten müssen eingepackt werden, damit wir am nächsten Vormittag pünktlich in St. Loubès bei Bordeaux eintreffen. 

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Louies letzter Laut:
"rrrggghhhh, irgendwie fühl ich mich hier verschaukelt!"

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