Erstes Ziel ist Baden-Baden. Zunächst wollen wir uns die Ausstellung „James Turrell – The Substance of Light“ im Museum Frieder Burda ansehen. Herr Burda hat sich ein lichtreiches Gebäude von Richard Meier bauen lassen, wie jedes Meier-Building fast ganz in weiß mit sehr klaren, schlichten, geometrischen Grundformen. Wir fügen es unserer imaginären Meier-Sammlung (Getty-Museum in Los Angeles, ein Büro-Haus in Luxemburg Stadt, Ulm, Hans-Arp-Museum Rolandseck…) noch hinzu und erfreuen uns an seiner übersichtlichen, ästhetischen Struktur.
Auf James Turrell sind wir sehr neugierig. Durch eine arte-Sendung über ein Museum in Argentinien, das ein Schweizer Winzer (und Industrieller…) James Turell gewidmet hat, waren wir auf ihn aufmerksam geworden. Mal sehen, ob wir in Argentinien, über 200 Kilometer Piste ab der größeren Straße, auch einen Besuch schaffen werden. Wait and see. Freunden von uns, Andreas und Renate, hatten wir die Ausstellung in Baden-Baden ebenfalls empfohlen; sie waren begeistert. Wir sind gespannt.
„James Turrell (*1943, Los Angeles) zählt zu den wichtigsten Künstlern unserer Zeit. Seit mehr als fünfzig Jahren widmet er sein gesamtes Schaffen der Auseinandersetzung mit der (Im-)Materialität und Wahrnehmung von Licht. Wie keinem anderen gelingt es ihm, Licht als künstlerisches Medium sinnlich und geistig erlebbar zu machen. Turrell flutet begehbare Räume mit Licht, welches sich in sanfte Farbenmeere ergießt oder in intensiv glühenden, manchmal diffus sphärischen Lichtnebeln seine Materialisierung findet und den Betrachter an seine Wahrnehmungsgrenzen bringt. Die Möglichkeit, sich anhand eines Gegenstands oder räumlicher Grenzen visuell zu verorten, hebelt Turrell aus, was ein Gefühl der Unendlichkeit vermittelt. Zurückgeworfen auf das Wahrnehmen selbst, wendet sich der Blick wie selbstverständlich auch nach innen, eröffnet die Möglichkeit zur Selbstwahrnehmung und Selbstreflexion, zum meditativen Beobachten des eigenen Sehens."
Was auf der Homepage der Kunsthalle recht hochtrabend klingt, ist wirklich begeisternd. Durch Licht entsteht Form, über die Form Kunst. Und Turrell spielt mit der Wahrnehmung des Betrachters. Wir sind von den z. T. holografischen Bildern, Lichtskulpturen und -eindrücken sehr angetan. Vielleicht wird der Besuch des Roden Craters in Arizona, wo Turrell unterirdische Räume mit Lichtöffnungen baut, die einen speziellen Blick z. B. auf die Winter- und Sommersonnenwende erlauben, einmal Ausgangspunkt einer weiteren Reise sein.
Der Turm ist Bestandteil des Palais des Ducs de Bourgogne. Auf dem Anstieg nach oben begegnen wir sämtlichen Symbolen der Weingegend: Trauben im Weinlaub, Schnecken und als kleines ‚Extra‘ auch noch einer Fledermaus.
Von der Plattform in 46 Meter Höhe aus ist die Sicht recht klar, und ich zeige Tom alte Gemäuer im Stadtkern wie die Glockenschläger (19. Jh.), die gotische Kathedrale Saint-Bénigne, Saint Michel mit vorgebauter Renaissance-Fassade und die Place de la Libération, von Herrn Mansart ausgedacht (jener, der der Mansarde ihren Namen verlieh).
Es regnet wieder – ab ins Museum im Herzogspalast. Wir bestaunen einen abschließbaren Schirmständer für die Museumsbesucher. Hätte man so etwas in Frankreich vermutet…?
Tag 5 / So 12.8.2018 / Le Chiron
(Cornelia) Wegen der großen Hitze beschließen wir, nicht den Regionalpark aufzusuchen, sondern uns stattdessen im Garten auszuruhen. Nach allen Anstrengungen vor dem Aufbruch haben wir uns das verdient. Das Frühstück dürfen wir im Salon im Erdgeschoss einnehmen. Anke überrascht uns mit einem Kandelaber. Welch ein herrschaftlicher Genuss!
Danach führt uns Anke durch die Räumlichkeiten. Alles in allem gibt es 17 Betten (bei Bedarf auch noch mehr) in mehreren, sehr individuell gestalteten Räumen; daneben wird eine riesige Gîte für sechs Personen, sogar mit Klavier, vermietet. Ein weiteres Klavier steht im Haupthaus, und wir erfahren, dass die Amsterdamer Freundestruppe rund um die (abwesende) Besitzerin mehrmals im Jahr hierher kommt und beim Renovieren Hand anlegt, aber auch rauschende Feste mit einer ‚house band‘ feiert (Gesang, Sax, Klavier, Schlagzeug, Flöte… Sollten wir wiederkommen, bringen wir unsere Instrumente und Noten mit…!). Die Wirtschaftsgebäude kann man auch jetzt schon für Workshops mieten, z.B. für Malerei oder Skulptur. Zehn, elf Stunden Autofahrt sind es von Amsterdam nach Le Chiron – alle lieben es. Lesen, Dösen, ein kleiner Spaziergang über die Felder…
Schon ist es Zeit für das Abendessen, mit zwei weiteren, holländisch und deutsch sprechenden Gästen; Flugstunde der jungen Schwalben sowie Fütterung, Fledermäuse, Käuzchen. Und der Sternenhimmel…!!!
(Cornelia) Montmorillon, la Cité de l‘Ecrit, die Bücherstadt, liegt gleich in der Nähe. Die Schriftstellerin Régine Déforges, gebürtig in Montmorillon, deren Romanzyklus ich vor einigen Jahren verschlang („La bicylette bleue“ u.a.), führt 1990 einen Salon du Livre in ihrem Städtchen ein. Seitdem haben sich in Montmorillon zahlreiche Antiquariate und spezialisierte Buchhandlungen angesiedelt und dem Städtchen am Fluss im nördlichen Limousin neues Leben eingehaucht. Am Montagmorgen sind allerdings die meisten Läden geschlossen (welch ein Glück, denkt Tom…), und so besuchen wir nur eine kleine Ausstellung über Schreibmaschinen und eine Roseraie, einen Rosengarten, wo nur Rosensorten gepflanzt sind, die Namen von berühmten Autoren und Autorinnen tragen. Am besten gefällt mir die dreifarbige Sorte ‚Jean Cocteau‘, die in ihrer Farbigkeit gut zu ihm passt.
Tag 7 / Di 14.8.2018 / Simoussais
(Cornelia) Der Tag vergeht mit Einkaufen, Kochen, Vorbereiten. Ich erhalte hier gratis eine Thermomix-Einweisung; das Gerät ist erst kurz vor dem Urlaub seiner Besitzer(in) eingetroffen. Neugierig auf die vielgepriesenen Eigenschaften [gell, Simone und Christine?!] lasse ich das Gerät arbeiten: Er mixt zwei verschiedene Pestos und den Teig für Kuchen und Financiers (berühmtes Kleingebäck). Ursula testet weitere Rezepte, und das Gerät arbeitet klaglos, eben ein moderner Küchensklave. Tom füllt unterdessen den von Ursula und Alain hergestellten Vin aux noix (Aperitiv-Wein aus grünen Walnüssen) geduldig in Flaschen ab. Am Abend kommt nach zehnstündiger Fahrt aus Nizza Alains Sohn Raphael mit seiner Freundin Camille an. Beide kennen wir vom Vorjahr und freuen uns, sie auch in diesem Sommer zu sehen. Sie erzählen begeistert von ihren (Wander-)Touren auf Korsika, und Raphael schildert in Worten eine Gewitternacht auf dem Mercantour (bei Nizza) und dokumentiert sie mit außergewöhnlichen Aufnahmen.
(Cornelia) 40 Autominuten von Simoussais entfernt liegt Ursulas schmuckes Segelboot namens VALENTIN – 9,60 Meter lang, ein bayerisches Modell (Bavaria) - im Hafen von La Rochelle. Etwa ebenso lang brauchen die heutigen Segler (Ursula, Camille, Raphael, Cornelia und Tom) zum Beladen des Boots mit unserem Gepäck, Lebensmittel und Wasserflaschen. Ja, ok, ich gebe es zu… auch reichlich Wein und vor allem Pineau des Charentes gehen mit an Bord. Pineau wird hier in der Gegend gerne getrunken und besteht aus unfermentiertem Traubensaft und Eau de vie de Cognac (wörtlich: Schnaps aus Cognac). Wikipedia weiß dazu: „Der Legende nach wurde Pineau 1589 durch Zufall erfunden, als ein Winzer versehentlich Traubenmost in ein für leer gehaltenes Fass goss, das schon teilweise mit Eau de vie, dem Ausgangsprodukt von Cognac, gefüllt war. Das Fass wurde wie üblich im Keller zur Fermentierung gelagert. Als es dann nach einigen Jahren geöffnet wurde, fand sich darin der heute in der Charente so beliebte Trank.“
Der Atlantik riecht nach Meer, ein leichter Wind weht, und schon bald lassen wir den Phare du Bout du Monde hinter uns und unterqueren die Brücke, die das Festland mit der Île de Ré verbindet. Der Feiertagsverkehr - 15.8., l‘Assomption, einer der wenigen kirchlichen Feiertage im Laienstaat Frankreich – rollt fast Stoßstange an Stoßstange. Auf dem Wasser ist deutlich weniger Verkehr. In einer Windflaute gibt es Mittagessen. Manchmal fällt der Wind einfach zusammen, dann heißt es warten. Ein bisschen treiben wir ab, macht aber nichts, denn wir sind ja schon auf der Höhe von St. Martin-de-Ré. Ein paar Mal müssen wir wenden und halsen, um an unser Ziel zu kommen, dem Port de Plaisance (Yachthafen) von Ars-en-Ré .
Am Hafeneingang winkt schon Alain, der mit seinem jüngeren Sohn Alexandre und dessen Freundin Irina – mit dem TGV aus Paris gekommen – per Auto den Weg zurückgelegt hat. So steht uns zu acht ein Auto mit fünf Plätzen zur Verfügung. In der Nacht allerdings, nach dem Abendessen auf Deck und dem grandiosen Feuerwerk in St. Martin (leider nur misslungene Fotos...), quetschen wir uns alle hinein. Attention, un gendarme, duckt euch, Kinder! Da Ursulas Boot ‚nur‘ sechs Schlafplätze hat, verbringen Camille und Raphael die Nacht an Deck, werden aber am Morgen begeistert von den Sternen berichten.
Tag 9 / Do 16.8.2018 / Ars-en-Ré
(Cornelia) Alle Mann an Bord, Frühstück. In Ars ist Markt. Für jeden gibt es etwas Passendes: eine Mütze für Alexandre, ein Tuch für Irina, einen Hut für Alain (von Toms Hut inspiriert, und doch wird Tom Alain tagelang um diesen besonderen Hut beneiden, der auch noch eine ‚saharienne‘, einen ausrollbaren Nackenschutz, aufweist), ein Kästchen aus glatt poliertem Thuja-Holz für uns. Ja, schweigt, wir wissen es, wir sollten nicht JETZT schon anfangen, Souvenirs zu kaufen. Aber das Kästlein… Faust? Deutschlehrer-Deformation? „Wie kommt das schöne Kästchen hier herein? / Ich schloss doch ganz gewiss den Schrein. / Es ist doch wunderbar! Was mag wohl drinne sein?“ Na, das können wir uns ja noch ein Jahr lang überlegen.
Was dann geschieht, soll nicht von mir erzählt werden.
Tag 14 / Di 21.8.2018 / La Rochelle - Ile d‘Oléron
(Cornelia) Wie geplant beladen wir das Boot im Hafen von La Rochelle und lauschen verzückt dem Geräusch des Motors, der wunderbar schnurrt – Musik in unseren Ohren!
Alain wirft die Angelleine aus und hat – im Gegensatz zu anderen Gelegenheiten – relativ bald ein Fischlein am Haken: un chinchard, was auch immer das auf Deutsch sein mag: Sieht ein bisschen wie eine Makrele aus. Wikipedia spricht von Jackmakrele, die zur Art der Stachelmakrelen gehört. Aha. 15 Zentimeter muss er haben, sonst ist der Fang verboten. Uff, Glück gehabt, das passt, die Makrele gehört uns. Alain verspricht, für die ganze Mahlzeit am Abend zu sorgen. Na ja, das bleibt dann doch Angler-Latein… Er ist (meist) das, was mein Schwiegervater Helmut „Schnürl-Wascher“ zu nennen beliebte; immerhin ist die Angelschnur nun sauber. Abends braten wir das Fischlein und teilen es zu viert – schmeckt superzart!
Herrliches Wetter, etwas Wind, aber nicht viel, genussvolles Segeln. Langsam rückt Fort Boyard mit seiner charakteristischen Form näher. Rechts davon ist Boyardville, schon auf der Ile d‘Oléron. Zur vorgeschriebenen Zeit laufen wir in den Hafen- Die Hafenöffnungszeiten hängen hier stark von den Gezeiten ab, weswegen man sich immer genau überlegen muss, wann man lossegelt und wie viel Zeit man brauchen darf. Im Hafen von Le Douhet, den wir ansteuern, gibt es z. B. eine Mauer in der Einfahrt, die mit Bojen gekennzeichnet ist und die es zu umschiffen gilt. Wir bekommen für VALENTIN einen Platz im Yachthafen zugewiesen und müssen nicht am Besucherkai anlegen. Schnell, es ist Flut, auf geht‘s zum nahegelegenen Badestrand. Ach, ist das Wasser angenehm warm! [Nein, Claudia, wirklich warm: 25 Grad!] Pünktlich zum Sonnenuntergang weht der Wind Töne von Jazz Manouche (Gipsy Jazz im Stil von Django Reinhardt) zu uns herüber; es gibt die zweite Flasche Champagner und sogar Kaviar steht auf dem Tisch, den Alain und Ursula von Irinas Mutter aus Russland bekommen haben. Nastrovje! Meine Güte, geht es uns gut!!
Tag 15 / Mi 22.8.2018 / Ile d‘Oléron
(Cornelia) von diesen zwei gemeinsamen Tagen auf der Ile d‘Oléron gibt es nicht viel zu erzählen. Einfach entspannter Urlaub. Tom und ich liegen mit Ursula und Alain auf derselben Ebene des Humors – deswegen gibt es auch viel zu lachen - , wir gehen schwimmen (‚Toter Mann‘ im Meer, ach, ich liebe es!!!), lesen, genießen zum Aperitiv ein Gläschen Pineau des Charentes. Mit dem Gratis-Bus rumpeln wir kurvenreich über die Insel. Von oben sehen wir in die gut abgeschirmten Grundstücke hinein, blicken auf die Sümpfe und sehen Weinreben. Erst geht es nach Saint-Denis-d‘Oléron, von wo aus die Insel verwaltet wird. Während Ursula und ich – völlig dem Klischee entsprechend - mehr an kleinen Kunstgalerien und Kleidergeschäften interessiert sind, verschwindet Alain in einem der Angelgeschäfte am Hafen so gründlich, dass ich den Busfahrer bezirzen muss, noch fünf Minuten zu warten. Puh, Ursula ist es gelungen, Alain von den Angelhaken und Fischködern zu lösen… Mit einem lächelnden „Excusez-nous, s‘il vous plaît“ bitten wir die anderen Touristen um Verzeihung. Sie verstehen die Aktion: Der Bus fährt nur alle 90 Minuten und kommt abwechselnd früher oder später als angegeben.
Tag 16 / Do 23.8.2018 / Ile d‘Oléron
Am zweiten Tag wählen wir die Linie nach La Cotinière, einem Fischerort. Alles ist dort auf Fische(n) ausgerichtet; in der Kirche erkennen wir, dass auch heutzutage das Meer seine Opfer fordert: 2015 gingen ein Vater mit Sohn auf dem Meer bei der Arbeit verloren – perdus en mer. Viele Täfelchen mit Namen und Daten zeugen von weiteren Opfern.
In dem hübschen kleinen Fischrestaurant „L‘Assiette du Capitaine“, das sogar die TV-Köchin Sarah Wiener auf ihrem kulinarischen Ausflug auf die Ile d‘Oléron erwähnt (seinerzeit als Serie auf arte) , machen uns Ursula und Alain mit der ‚Mouclade‘ bekannt: Muscheln in einer Art Bechamelsauce überbacken. Jeder ist mit seinem Fisch zufrieden, Rochen, Hai, Lotte, Thunfisch befinden sich auf unseren Tellern, in leicht kreolischen Varianten zubereitet.
Nach dem Dessert gehen wir zu dritt in eine SPA der besonderen Art: Kleine Fischchen knabbern an den (vorher gewaschenen) Füßen der Kunden und fressen überschüssige Haut weg. [Tom: Für nur einen Fuß ist mir das zu teuer!] Manchmal kitzelt es, aber wir finden es insgesamt recht angenehm und haben hinterher Baby-Haut an den Füßen. Ein toller Effekt, aber ob es wirklich eine Woche – wie geschäftstüchtig versprochen… - anhält?
Tag 18 / Sa 25.8.2018 / Niort
(Cornelia) ‚Markt‘ steht auf dem Plan. Auf geht‘s ins etwa 25 Kilometer entfernte Städtchen Niort, Kantonshauptstadt, mit einer trutzigen Burg und mehreren Kirchen ausgestattet, die Ursula, Tom und ich aber – zugunsten der Markthalle – links liegen lassen. Welch eine Pracht gibt es hier in dieser Eisen-Glas-Konstruktion zu sehen! Dicht gedrängt schieben sich die, in der Mehrzahl Käuferinnen, an den noch dichter mit Esswaren gefüllten Ständen vorbei. Wir wählen schon mal mit den Augen eine Lotte (Seeteufel) aus, die uns – Hilfe! - beinahe ein anderer Kunde wegschnappt. Der Verkäuferin fällt eine Garnele von der Schaufel - ni vu, ni connu, was man nicht weiß, macht einen nicht heiß –, sie bückt sich flugs und legt sie zu den anderen auf die Waage. Nur Ursula und ich sind stumme Zeuginnen und hoffen, dass mit unserer Lotte in der Phase der Vorbereitung nicht dasselbe passiert. Kurz noch durchs Zentrum gebummelt und einen Kuchen mit ‚angélique‘ (Engelswurz) gekauft, einer Spezialität der Gegend. Ursula wird später sagen, dass derjenige ihrer Schwiegermutter VIEL besser schmeckt.
Catherine, der wir verdanken, dass wir vor drei Jahren Ursula kennenlernen durften, kommt am Abend mit ihrem Mann Olivier. Fast auf dem Tag genau sind sie zwei Jahre verheiratet. Catherines wunderbares Dessert mit Mirabellen ist ein kulinarischer Höhepunkt – sehr lecker. Der Abend ist kurzweilig, und bald werden wir die beiden ein viertes Mal in diesem Jahr treffen. Das Wiedersehen in Biarritz ist schon vereinbart.
Tag 19 und 20 / So 26. und Mo 27.8.2018 / Simoussais
(Cornelia) Ausschlafen, am Blog schreiben, ein köstliches Mittagessen (Melon charentais, Lotte à la Provencale, Tiramisù), ein kleiner Spaziergang mit Alain durch Simoussais, wo er geboren und nach einigen Umwegen auch wieder gelandet ist. Es ist sein letzter Urlaubstag. Tom schafft es, Ursulas und Alains Urlaubsfotos auf dem Fernsehgerät zu starten. Alain macht sich startklar für den Weg in die Arbeit: Das Fahrrad wird kontrolliert, und stolz präsentiert er uns einen Rucksack, mit dem er einem nachfolgenden Autofahrer Lichtsignale geben kann, wow! In Mauzé wird er dann den Zug nehmen, nach Aytré, wo der Sitz von Alstom ist, einer großen Firma, die mit Siemens fusioniert hat und den TGV und Trambahnen baut. Da er seine Arbeit liebt, ist es nicht ganz so schlimm, dass der Urlaub jetzt vorbei ist. Ursulas köstliche Curry-Cognac-Sauce zu Muscheln versüßt den letzten Abend. Der Höhepunkt ist aber eine herrliche Zabaione (auf Frz. Sabayon), vom Thermomix bei gleichbleibender Temperatur gerührt. Mein Thermomix-Lehrgang endet auf diesem (vorläufigen?) Höhepunkt, fast erwarte ich ein kleines Zeugnis… [Tom: ja, manche, z. B. Christine und Simone, werden es kaum glauben, aber ich fürchte, ich muss schon eine kleine Nebenkasse anlegen, um für eine Sonderausgabe in der Zeit nach der Reise gerüstet zu sein.]
Am Montag: lang schlafen, Obst verarbeiten, am Blog schreiben, essen, Taschen packen fürs Segeln…
Tag 21 / Di 28.8.2028 / La Rochelle – Les Sables d‘Olonne
Wind aus südwestlicher Richtung ist angesagt, weht aber mitnichten… bei totaler Flaute brauchen wir – tucker, tucker – mit dem Motor etwa zehn Stunden, bis wir im Hafen von Les Sables d‘Olonne ankommen. Vom Boot aus erkennen wir den Strand, wo wir vor etwa zehn Jahren mit den Kindern schöne Sonnenuntergänge erlebten (Le Veillon). Viele der einst schmucken Häuser von um der Jahrhundertwende mussten scheußlichen Kästen weichen – wie beim letzten Mal in Les Sables stören mich die Bausünden der 60er- und 70er-Jahre mehr, als mich die schön verzierten alten Häuschen erfreuen. Dennoch bin ich auch immer wieder überrascht, dass unser Schwabach eine so große, stattliche Partnerstadt (Casino!!) hat.
Bei der Einfahrt fällt Ursula [entschuldige, Ursula, dass ich hier petze] eine pare-battage (Fender) aus der Hand, huch… aber ein uns folgendes Motorboot, sammelt sie ein – zum Glück schwimmen die Dinger ja. Wir bekommen einen schönen Liegeplatz für die kommenden zwei Nächte – weit weg von den vielen Restaurants im Hafen, nahe an Toiletten und Waschraum, zwischen den dauervermieteten Plätzen. Abends laden wir unsere Skipperin in ein Restaurant mit schönem Blick auf den Hafen ein. Danach überrascht uns ein ordentlicher Platzregen, aber wir schaffen es, nur feucht und nicht nass zu werden. An die niedrige Kabine haben wir uns gewöhnt, und das leise Schaukeln des Boots zeigt seine einschläfernde Wirkung.
Tag 22 / Mi 29.8.2028 / Les Sables d‘Olonne
Sightseeing ist angesagt. Auf dem Weg in das Städtchen fällt unser Blick auf den Volvo Penta/Gwen Marine-Service, dem wir später dann noch einen Besuch abstatten; Ursula kauft einen Vorfilter für die Benzinpumpe, der aufgrund von Toms folgenreicher Verwechslung nach soundsovielen Stunden ausgetauscht werden muss. Außerdem finden wir in einem anderen Laden hübsche, bruchsichere Gläser (jaaa, letzten Sommer und auch in diesem Jahr haben wir jeweils eines zerbrochen… Das geht aber auch schnell auf einem schwankenden Boot…). Am Rathaus vorbei flanieren wir durch die Fußgängerzone, gelangen in ein Viertel mit hübschen Mosaiken aus allerlei Muscheln und kehren in einer Crêperie ein.
Danach vertiefe ich mich so sehr in mein Buch, dass ich gar nicht weiß, was die anderen beiden machen. Wenn ich so mit einem Buch auf Deck liege, erinnert mich das sehr an ganze Lesesommer in der elterlichen Hollywood-Schaukel, wo ich ein Buch nach dem anderen verschlang...
Tag 23 / Do 30.8.2028 / Les Sables d‘Olonne – Ars-en-Ré
Wieder ist Wind angesagt – und wieder hat er sich irgendwohin verzogen, jedenfalls herrscht wieder Windstille. Tja, so ist das beim Segeln, man ist doch sehr auf die Natur angewiesen. Irgendwie sind wir dann aber doch viel zu früh bei der Ile de Ré, wo der Hafen von Ars noch geschlossen ist. Just in diesem Moment kommt Wind auf. Tom darf ans Steuer und wendet und halst nach Herzenslust – so macht Segeln Spaß! Bei einer Seemarkierung, die man unbedingt zu respektieren hat, kämpfen wir jedes Mal, so auch heute. Tom MUSS an ihr rechts vorbei, sonst gerät das Boot in eine Untiefe. In mehreren Anläufen gelingt es nicht. Doch wir werden reich belohnt: Links von uns ziehen sechs Delphine in eleganten Bewegungen an uns vor. Lange noch sehen wir ihre Rückenflossen und fühlen uns reich beschenkt. Auch Ursula kämpft mit Wind und Kurs – schließlich hilft es nur noch, den Motor anzustellen.
Kurz nach dem Anlegen im Hafen kommt Rainer, ein früherer Kollege Toms, zu uns aufs Boot, gerade mit seiner Familie in Urlaub auf der Insel; er hat im Vorjahr Tom auf dem Nürnberger Dutzendteich (ja, richtig gelesen!) eine erste Segelstunde gegeben.
[Danke für den Besuch, Rainer!]
Tag 24 / Fr 31.8.2028 / Ars-en-Ré - La Rochelle
Gleich vor dem Frühstück gehen wir zum Markt von Ars-en-Ré, weil Tom so sehr Alain um seinen praktischen Sonnenhut (mit Nackenschutz! Australisches Modell) beneidet. Der Huthändler packt noch aus; wegen der Nachsaison muss es nicht so schnell gehen. Der Ort ist wie ausgestorben – was eine Woche ausmacht! Ganz Frankreich ist mit der ‚rentrée‘ beschäftigt, dem Schulanfang und auch der Wiederaufnahme sämtlicher Aktivitäten. Beim Boulanger (Bäcker) neben der Kirche gibt es ein Chocolatine, zurück zum Markt. Ja! Er hat den Hut!
Vor neun Uhr laufen wir aus, stehen aber, als Ursula den Motor ausschaltet, fast auf dem Wasser: Flaute. Immerhin ermöglicht uns der fehlende Wind noch einen letzten Apéro auf dem Wasser, das heute türkisgrün unter wolkenlosem Himmel schimmert.
Ein letztes Mal unterqueren wir die Brücke. Tom grüßt die Richelieu, die wir problemlos passieren. Dann folgt im Hafen das übliche Procedere. Um 18.30 Uhr treffen wir – mit Einkäufen – gleichzeitig mit Alain in Simoussais ein. Alle im Gästezimmer verstreuten und v. a. X-mal umgeräumten Habseligkeiten müssen eingepackt werden, damit wir am nächsten Vormittag pünktlich in St. Loubès bei Bordeaux eintreffen.
Louies letzter Laut:
"rrrggghhhh, irgendwie fühl ich mich hier verschaukelt!"