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Bordeaux

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Tag 25  Sa 1.9.2028 / Saint-Loubés – Bordeaux

(Cornelia) Uns ist aufgefallen, dass es in der Ferienwohnung in St. Loubés außer einem Schlafzimmer auch noch ein Schlafsofa gibt. Ursula und Alain überlegen nicht lange: Ja, sie kommen spontan übers Wochenende gerne mit! So entdecken wir die nette, funktionelle Wohnung gemeinsam und picknicken neben der Palme im Garten. Wie von der Vermieterin empfohlen, fahren wir mit dem Auto zu einem P+R-Parkplatz (Buttinière), von wo aus es mehrere Tramlinien nach Bordeaux-Centre gibt. Alain blickt sich in der Bahn mit Genugtuung um. Warum? Das soll ein bisschen später erklärt werden…!

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Der erste Eindruck: Ein sehr effektvoller Brunnen auf der Place des Quinconces am Denkmal für die Girondins. In der Nähe befinden sich die auch die Allées de Munich (Partnerstadt!). Schon hier fällt auf, wie großzügig die Stadt wirkt, wie breit die Straßen und wie schön Plätze gestaltet sind.

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Mit einer einstündigen Stadtrundfahrt verschaffen wir uns einen Überblick und wählen dafür das gelbe Bus-Cabriolet: oben ohne! Danach bleiben wir lange am Place de la Bourse, auf dem ein von Jean-Max Llorca im Rahmen der Ufergestaltung von Michel Corajoud geschaffener Miroir d‘Eau (Wasserspiegel) Jung und Alt erfreut. Erst wird die riesige Brunnenfläche (3.450 Quadratmeter) zwei Zentimeter hoch geflutet. Klar, dass bei 30 Grad viele ihre Füße kühlen wollen… Dann wird das Wasser abgelassen; so entsteht eine Spiegelfläche, in der sich Mensch und Tier spiegelt, aber v. a. auch die Architektur rund um den Platz. Wiederum etwas später erzeugen viele kleine Düsen kalten Wasserdampf, und Nebel steigt auf. Wir sind von den Effekten so begeistert, dass wir uns das Schauspiel zu verschiedenen Tageszeiten ansehen (Samstag Nachmittag und Abend sowie am Sonntag Vormittag).  

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Oh, was ist das? Da grummelt ein Magen, nein, zwei… wir suchen uns ein Restaurant und werden an der Place Saint-Pierre fündig. 

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Tag 26 / So 2.9.2018 / Bordeaux 

Weil wir am Sonntag Morgen noch auf die Öffnung warten müssen, dürfen wir noch ein bisschen ‚Schaufenster lecken‘, wie der Schaufensterbummel auf Französisch heißt. Das ist auch besser so, denn wie in München befinden sich auch in Bordeaux die teuersten Geschäfte in der Nähe der Oper. Die schöne Renaissance-Fassade gehört zur Kirche Notre-Dame-du-Chapelet; der Herr von der Statue ist der Maler Goya, der länger in Bordeaux gelebt hat. 

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Jetzt kann das ‚Grand Théâtre‘, mit einem schönen Vestibül und einem eindrucksvollen Theaterraum besichtigt werden. Was anderswo ‚poulailler‘ (Hühnerstange) genannt wird und die billigen Plätze ganz oben bezeichnet, heißt hier ‚le paradis‘. Bordeaux hält auf sich… Auch das Foyer kann sich sehen lassen, mit einem Deckenfresko und vielen Musikerportraits in Medaillons. In der Nähe entdecken wir das „Opéra“, eine Pâtisserie, deren leckere Törtchen einem das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen. Natürlich leisten wir keinen Widerstand und verzehren Sandwich und Törtchen kurz darauf auf einer öffentlichen Bank.

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Auf zum ‚Jardin Botanique‘, dem öffentlichen Botanischen Garten von Bordeaux, auf der anderen Garonne-Seite gelegen. Das Wasser der Garonne ist meist von gelb-brauner Farbe, weil es den Gezeiten unterliegt und das eindringende Meerwasser bei Flut den Schlamm aufwühlt. (Macht sich auf den Fotos gar nicht gut…) Das Gewächshaus ist wider Erwarten luftig, weil es den Mittelmeer-Raum zum Thema hat. Die Ausstellung über die Entwicklung der Botanik interessiert uns nicht so sehr, aber der Garten an sich ist schön angelegt, allerdings nur sporadisch beschriftet, was manchmal ärgerlich ist. Man sieht ganze Familie im Schatten picknicken, auch eine Art Bolzplatz gibt es, der gut besucht ist, und schließlich sind wir an einem größeren Teich, an dessen einem Ufer verschiedene Arten von Seerosen und Lotusblumen wachsen. Ach, die sind immer so fotogen!

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Der Abschied von Ursula und Alain naht; nach drei gemeinsamen Wochen mit intensiven Gesprächen und vielen Erlebnissen ist es ganz schön komisch, die beiden am vereinbarten Treffpunkt in einen schwarzen BMW (BlaBlaCar = französische Mitfahrzentrale) einsteigen zu sehen… Winke, winke – bis zum Sommer 2020 – oder vielleicht auch schon eher – Tom ist ja seit Mai „Freiherr“…!


Tag 27 / Mo 3.9.2018 / Saint- Loubés

(Cornelia) Ein Tag zur Erholung: Schwimmen im Pool, Lesen und, ach ja, auch Einkaufen, während sich die Wäsche im Waschsalon dreht. Halt, noch was: Tom hat Geburtstag und nimmt Anrufe entgegen, liest Geburtstagsmails und WhatsApps. Ich bereite das Abendessen ganz nach Wunsch: Fisch zur Vorspeise, dann Lamm. Happy Birthday!

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Tag 28 / Di 4.9.2018 / Bordeaux

(Tom) Nach einem gemütlichen Frühstück brechen wie schon vom Wochenende her gewohnt mit dem Auto auf zu unserem Park&Ride-Parkhaus La Buttinière. Aus dem Augenwinkel nehme ich noch eine kleine rote Leuchtanzeige wahr, aber schon ist sie vorbei und wir stehen vor der Schranke zum Parkhaus. Diese rührt sich auch nach mehrmaligem nachdrücklichen Betätigen des bekannten Knopfes nicht. Was ist hier los? So nach und nach treffen noch einige Autos ein, wir sind also am Beginn einer Schlange. Eine freundlich Dame kommt aus dem Auto hinter uns und fragt, was wir denn für ein Problem hätten. Na, das mit der Schranke sagen wir, und gemeinsam wird uns klar: 1. Es ist Werktag, 2. das Parkhaus ist voll. Hilft nix, dann drehen wir halt um, oder? Diese Situation hat der sonst so auf das Praktische bedachte Parkhaus-Planer leider nicht vorgesehen (oder in seinem Lastenheft gehabt): Am Ende der Schlange hupt schon der Linienbus, der auch einen Teil dieser Fahrspur braucht. Die freundliche Dame geht von Auto zu Auto und erklärt geduldig allen Fahrern und Fahrerinnen, das ALLE wieder rückwärts die Rampe hinunter müssen. Das klappt nach einigen Minuten wirklich, und obwohl fast alles Franzosen sind, ohne einen einzigen Hupton. [Cornelia: Simone, weißt du noch die Verkehrssituation in Strasbourg, wo unser Bus nicht abbiegen konnte und zurück musste? Damals bist du von Auto zu Auto – keiner hat gemurrt…!] So stoßen auch wir am Ende wieder zurück in den großen Kreisverkehr und
jetzt lese ich auch die Anzeige: „Complet“ steht da, also komplett voll… An der übernächsten Trambahnhaltestelle finden wir einen Parkplatz am Straßenrand.

Als erstes wollen wir den Turm Pey Berland erklimmen. Dort angekommen finden wir ein Schild, das uns klar macht, dass wegen Überfüllung an diesem Vormittag niemand mehr hinauf gelassen wird. Hm, na ja, dann halt ohne Turm weiter zum Fort Hâ, einer nur teilweise erhalten Festung, auf und neben der nun ein Teil der Juristischen Fakultät steht. Daneben befindet sich ein sehr merkwürdiges Gebäude, das sich als Landgericht herausstellt.

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Unser Spaziergang führt uns zur Place Gambetta, wo es schöne alte Häuser mit Maskaronen (Menschliche Köpfe, die die Fassade zieren) zu sehen gibt. Das lädt doch zu einer Pause ein, zumal gleich an der Ecke zum des Cours de l‘Intendance (das ist DIE Einkaufsstraße in Bordeaux [Cornelia: Als Münchnerin sage ich: Die Maximilianstraße von Bordeaux] ein Café lockt. Nach einem Kaltgetränk geht es weiter und im superschicken Nespresso-Laden gibt es gaaanz hinten doch tatsächlich eine Kaffeetheke. Da wir ja praktisch überhaupt nicht wissen, wie ein Nespresso schmeckt, bestellen wir uns zwei kostenlose (!) Espressi.

So gestärkt nehmen wir die Tram zur Cité du Vin, einem hypermodernen Bau mit Museum zu allen Aspekten des Weinbaus. Das erscheint uns doch etwas zu kommerziell, zumal der Spaß schlappe 20 € kosten soll und es fast keine Ermäßigung für Behinderte gibt, im Gegensatz zu dem, was ich sonst in Frankreich gewohnt bin (alle staatlichen Museen sind für mich samt Begleitperson kostenlos!). Im Shop findet Cornelia wenigstens noch ein hübsches Geschirrtuch für unser Hembacher Post Office [hoffentlich gefällt es dir, Claudia!]. Nach ein paar Schritten sind wir am Bootsanleger und nehmen ein sog. Bateau-bus (Schiff statt Bus) zur Place de la Bourse in der Stadtmitte. Diese kleinen Boote sind in unserem Tram-Tagespass enthalten. 

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So, nach der gemütliche Fahrt geht es ins CAPC (Musée d‘art contemporain, Museum für zeitgenössische Kunst), das sich in einer alten Lagerhalle (Entrepôt Lainé) befindet. Das Gebäude mit seinen großen Gewölben - zum Teil ist noch die Nummerierung der Lagerplätze sichtbar - beeindruckt uns, die ausgestellte Kunst dagegen weniger [Cornelia: Ist das Kunst oder kann das weg?]. Viel interessanter finden wir die in einem Nebenflügel befindliche Architekturausstellung. Es geht um den chinesischen Architekten Wang Shu, der mit altem Baumaterial Dörfer und Gebäude neu gestaltet und versucht, in China ein verändertes Bewusstsein gegenüber der Ästhetik von Dörfern, aber auch und Stadtentwicklung insgesamt zu schaffen. Er hat auch einige Museen in China gebaut, wo er nach ähnlichen Prinzipien vorgeht (mit recycling-Material, wie alten Ziegelsteinen, Dachziegeln oder Bambus). Außerdem arbeitet er auch mit einem französischen Büro zusammen und hält Vorlesungen. 


Tag 29 / Mi 5.9.2018 / Saint-Loubès
(Cornelia) Ein (fast) fauler Tag bei feucht-schwülem Wetter: Lesen, Spanisch wiederholen, am Blog basteln (6 Tage online! Ui, wir sind nur noch mit 23 im Verzug… )

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Tag 30 / Do 6.9.2018 / Bordeaux

(Cornelia) Mein rechte Zehe hat über Nacht begonnen zu schmerzen. Mist, vorbei mit dem schönen Leben, mit Meeresfrüchten, Fisch und (Aperitiv-)Wein… Die Eigendiagnose lautet auf Gicht. Der alte Name ‚Zipperlein‘, weiß das Internet, kommt vom zittrigen Gang, den man dann an den Tag legt… Ja, scheint zu stimmen. In den nächsten Tagen probiere ich einige Hausmittel aus (mit Eiswürfeln gekühlt hoch lagern, in Salzlake einwickeln (macht weniger Sauerei als Quark), schlucke aber auch Pillen. Hinkend erklimme ich den Turm Pey Berland mit seinen 233 Stufen. Der Ausblick entlohnt die Anstrengung; mit Genugtuung sehe ich, dass auch Jüngere keuchen, wenn sie auf der Aussichtsplattform anlangen. 

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Von hier aus hat man auch noch einen genialen Blick auf die von Alstom gebaute Straßenbahn: Ohne Oberleitung, weil Bordeaux sein Weltkulturerbe nicht verschandeln, sondern Wert auf eine schöne Silhouette legt. Jetzt erklärt sich auch Alains Stolz am vergangenen Sonntag: Er erinnert sich an jedes Planungsdetail und erläutert uns das Besondere dieser Straßenbahn: Auf der Farbe (einem etwas faden, metallischem Blau) hat die Stadt z.B. bestanden, weil sie an Weinsatz (lie de vin) erinnern soll (Blau???), ebenso aber auch auf dem System ohne Oberleitung. Deswegen gibt es in der Mitte der Gleise eine Extra-Schiene, von der die Bahn den Strom aufnimmt. [Tom: Stimmt nicht ganz… man kann auf die Schiene treten, ohne einen elektrischen Schlag zu bekommen! Der Trick ist: Es sind lauter einzelne Segmente, die kürzer als ein Tram-Wagen sind und nur dann ‚Saft‘ bekommen, wenn ein Wagen auf ihnen steht.] Eine echte Ingenieur-Meisterleitung, finden wir! Auch kann die Tram bis zu neun Wagenelemente anhängen. Das Tramfoto soll speziell Alain zur Freude gereichen!

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Das Musée des Beaux Arts enttäuscht uns ein wenig. Selbst im Flügel, der dem 19. und 20. Jahrhundert gewidmet ist, gibt es nur wenige Meisterwerke. Lokalkolorit finden wir bei Adam Smith mit den „Quais von Bordeaux“ von 1892 und dem „Fest in les Sables d‘Olonne“ von Albert Marquet (1933). Der ‚geflügelte Mann‘ von Odilon Redon, der auf die Zeit von 1890 bis 1895 datiert wird, dürfte wohl eher Französischlehrer(innen) ansprechen: Er greift ein Thema aus den „Fleurs du Mal“, den „Blumen des Bösen“, von Baudelaire auf: den gefallenen Engel. Interessant finde ich ein Skandalbild von 1878 von Henri Gervex. Er hat sich von einem Gedicht von Alfred de Musset inspirieren lassen („Rolla“): Rolla hat den Entschluss gefasst, nach einer letzten Nacht mit seiner Geliebten Selbstmord zu begehen. Interessant sind die Darstellung der Geliebten mit all dem Schmuck auf dem Nachtkästchen (käufliche oder echte Liebe?), das rote, normalerweise geschnürte Mieder (Rot könnte auch hier für eine Prostituierte stehen) und natürlich der herausfordernde Blick der jungen Frau.

Der Lesehunger treibt mich in eine nahe gelegene Buchhandlung, „Mallat“, die sich als riesengroß und hervorragend sortiert entpuppt: Bücherluft, Bücherduft…! (s. „Louies literarischer Liegestuhl“).


Tag 31 / Fr 7.9.2018 / Saint-Loubès
(Cornelia) Der eine Laptop, den wir auf die Reise mitgenommen haben, ist Objekt der Begierde. Kaum meldet sich einer von uns ab, setzt sich der andere hin. Schreiben (Cornelia), Blog-Programme ausprobieren (Tom), dem Vermieter in Jaca (Spanien) unsere Ankunft ankündigen, Verwaltung von Zuhause erledigen… immer gibt es etwas zu tun. Und: Wir sind es (noch) nicht gewöhnt, dass uns der stumme Geselle nicht dauernd und ausschließlich zur Verfügung steht, sondern geteilt werden muss. Kampfzone. Wenigstens hat jeder sein eigenes Buch… 

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