Tag 101 / Freitag 16.11.2018 / Frankfurt
(Cornelia) Gut geruht und gefrühstückt – auf in den Städel! [Ich male mir schon förmlich die Kommentare aus… JA, es ist nötig, jetzt noch ins Kunstmuseum zu gehen: Das war für mich von dem Moment an gesetzt, als klar war, dass wir unser Round-the-World-Ticket in Deutschland antreten müssen.] Dort gibt es momentan eine große Vasarely-Retrospektive mit 100 Bildern und eine kleine, feine Ausstellung mit vielen Portraits der jüdischen Malerin Lotte Laserstein (nie gehört!!), deren Bilder zur entarteten Kunst zählten und die deswegen nach Stockholm ins Exil ging, wo sie bis zum Lebensende blieb.
Vasarelys didaktisches Museum in Gordes (Provence), das Tom seinerzeit noch besucht hat, existiert nicht mehr, aber tatsächlich gibt es Vasarely-Museen in Aix-en-Provence und Budapest (V. war Ungar und hat später die französische Staatsbürgerschaft angenommen) und weitere Bilder in Basel, New York usw., die der fleißige Kurator zusammengetragen hat. Die Ausstellung dokumentiert Vasarelys Entwicklung und in welcher Weise sich manche Motive wandeln. Uns tun seine farbigen Bilder, die oft auf mathematischen Berechnungen basieren, nach all den vielen Madonnen und Heiligen in Spanien so richtig gut. Dass er als Grafiker das Logo der Münchner Olympiade 1972 sowie das Renault-Logo gestaltet hat, erfahren wir aus den Begleittexten. Die größten Erfolge hatte er mit fast psychedelischen Bildern in den 70er-Jahren. Den Alltag mit Kunst zu füllen, war sein Credo. Deshalb steht am Anfang der Ausstellung der Nachbau der Wände des Speisesaals der Deutschen Bundesbank. Ich ertappe mich dabei, doch tatsächlich an die Schule zu denken (Lehrplan Ethik, Jahrgangsstufe 5, Wahrnehmen → Optische Täuschungen)… ok, einmal ist kein Mal…!
Lotte Lasersteins Portraits zählen zur ‚neuen Sachlichkeit‘. Igitt, schon wieder ein Schulgedanke: Deutsch, Klasse 12… Vor der Reichskristallnacht hatte sie es zu einer gewissen lukrativen Bekanntheit gebracht; danach durfte sie nicht mehr malen. Auf vielen Bildern stellt sie sich auch selbst als Malerin dar; Frauen durften erst ab 1919 überhaupt die Kunstakademie besuchen – ist das nicht unglaublich?
Eltville / Wiesbaden
Um 15.00 warten wir am Bahnhof Wiesbaden auf Evi und Günther. Schönes Wiedersehen! Weil die Sonne herrlich scheint und das restliche Laub der Weinberge leuchten lässt, beschließen wir, gleich noch in den Rheingau zu fahren. In Eltville promenieren wir der Sonne entgegen, genießen die letzten Lichtstrahlen und den Anblick des Rio Rín, wie der Rhein auf Spanisch heißt. Gerne lassen wir uns zu einem ‚Schöppsche‘ verführen; ich wähle die heiße Variante ‚Winzerglühwein‘, in der Annahme, dass es für diese Saison der erste und letzte Glühwein sein wird…
Evi wirbelt in der Küche, ich helfe natürlich und freue mich insgeheim schon auf Toms Gesicht: Evi macht Spätzle! Feldsalat und Spätzle (zu Schweinelende plus Tomatensalat) – Tom ist im Glück, und das deutsche Abschiedsessen ist mehr als gelungen! Ohne zu wissen, dass Tom ein Württemberger Schwabe ist, hat sich Evi außerdem für ‚schwäbischen Apfelkuchen‘ zum Dessert entschieden – unglaublich! Günther untermalt das Essen mit passender Musik von der Schallplatte; ebenso ist er für die Fahne mit dem fränkischen Rechen an der Haustüre verantwortlich…!
Tag 102 und 103 / Samstag und Sonntag 17. und 18.11.2018 / Flug von Frankfurt über London nach Buenos Aires
Mittlerweile hat Günther auch noch eine Che Guevara-Fahne in den Flur gehängt, unter der jeder an diesem Tag mehrfach durchschlüpfen muss… Frühstück, die bestellten Sachen in die Koffer integrieren, noch ein paar von Günthers meisterhaften Fotobüchern ansehen – und schon ist der Vormittag um. Auf dem Weg zum Bahnhof gibt es noch einen kleinen Stop an der neuen Rhein-Main-Halle, die verdienterweise einen Preis gewonnen hat, und eine Brise Frischluft, damit wir die Zeit später im Flugzeug besser aushalten. Ein letztes Foto vom Aufbruch am Bahnhof [danke, Claudia, hätte ich ohne deine Aufforderung wieder vergessen…], Abschied, Winken: Schön war‘s! [Evi und ich kennen uns seit Dezember 1974 – da war ich vierzehn! An dieser Stelle ein Dank an meinen Vater, der Evis Annonce „Brieffreundin gesucht“ in einer Jugendzeitschrift entdeckt hat.]
Das Warten am Flughafen ist lang, aber nicht langweilig; an der Sicherheitskontrolle ist auch nichts los, weswegen es die Kontrolleure besonders genau nehmen. Ja, klar, ich ziehe die Wanderstiefel gerne aus und nehme selbstverständlich auch noch das gebrauchte Taschentuch aus der Hosentasche…!
Flug und Ankunft
In London sind wir schon bald und nehmen als erstes „Harrods“ wahr. Es gibt noch ein – wirklich! - leckeres Abendessen – in puncto Kochen scheint London auch von Europa profitiert zu haben…
Zum Flieger müssen wir noch eine Station mit einem Shuttle-Zug fahren und haben gerade noch Zeit, uns bereit zu machen (Heparin-Spritze, Stützkniestrümpfe… ja, wir werden älter, hatten wir früher alles nicht… ) und schon startet die British Airways Boeing 787 mit vier Piloten, vielen Flugassistenten und noch mehr Menschen an Bord, die in drei Reihen zu 2 x 4 und 1 x 4 sitzen.
Weil wir am Morgen nicht einchecken konnten (Informatikproblem), sitzt Tom nach einem kleinen Tausch vor mir (der Computer – ist der doof! - hatte uns jeweils zwischen ein Paar gesetzt). Was das Spray im Flugzeug soll, mit dem zwei Flugassistenten einmal hin- und herlaufen, verstehe ich erst in Buenos Aires: Es handelt sich um Insektenspray – ahaaa. Kompliment: Alle sind ruhig, viele schlafen (wie ich… 6,5 Stunden), die Jalousien bleiben lange zu, man wird gut mit Essen (23.30) und Frühstück (9 Uhr) versorgt, man hat ausreichend Platz und bekommt genug zu trinken. Ich lese zwei Drittel eines (nicht sehr dicken) Romans – und die 14 Stunden vergehen ‚wie im Flug‘. Die Beamten der Einwanderungsbehörde haben mit ihren nordamerikanischen Kollegen nichts gemein und empfangen uns und unseren Fingerabdruck lächelnd.
Rasch begreifen wir, dass man das Taxi in die Innenstadt an einem Schalter im Voraus bezahlt und dann persönlich zu seinem Fahrer begleitet wird. Nachdem ich ihm eine Frage zu einem Stadtteil stelle, wird er gesprächig und erzählt uns von seiner deutschen Abstammung. Der Großvater sei deutscher Einwanderer, ja, zweiter Weltkrieg, er selbst habe einen deutschen Namen: Adolf. Ganz stolz strahlt er uns an. Honi soit qui mal y pense… Jedenfalls fährt er flott und lädt uns an unserem Apartment ab.
Unsere Wohnung
Nächster Schritt: Schlüsselsuche. Graciela, die Wohnungsbesitzerin (Airbnb), kann nicht kommen und hat sich eine kleine Schnitzeljagd ausgedacht oder, moderner ausgedrückt, eine Art umgekehrter EscapeRoom, denn wir wollen ja rein und nicht raus. Über WhatsApp habe ich Fotos bekommen, wir finden dann draußen auf dem Bürgersteig – lose versteckt - den Magnetchip für die untere Eingangstüre und dann in einem weiteren Versteck im Haus den Wohnungsschlüssel. Kurios – aber: es hat geklappt!
Botanischer Garten
Unsere Wohnung entspricht den Angaben und Fotos im Netz 1:1. Wir blicken auf eine kleine Oase im quirlig-lauten Buenos Aires, mit grünen und lila blühenden Bäumen und einem Pool. Nach einer kleinen Pause gehen wir zum Botanischen Garten, der nur vier Blocks (die meisten Straßen sind rechtwinkelig angeordnet wie in Nordamerika) entfernt liegt. Nach der Flugzeugluft tut das Luftschnappen gut: Hier ist ja Frühling! Vieles blüht: Gardenien, Trompetenbäume, Lilien, Oleander, Hibiscus; wir sehen die Mate-Bäume, deren Blätter den Tee geben, und immer wieder die herrlich lila blühenden Bäume, deren Namen wir nicht kennen. Die Natur tut gut! Tom sucht noch online nach einem geeigneten Restaurant („Caldén“), wo wir unser erstes argentinisches Steak in Argentinien mit großer Freude verspeisen.
Tag 104 / Mo 19.11.2018 / Buenos Aires
(Cornelia) Schon am Vormittag lernen wir, dass alles nicht ganz so einfach ist, wenn man den Kontinent wechselt. Wir wollen kostenlose Karten für ein Konzert – das Anmelden online klappt nicht, weil man unbedingt eine (Reise-) Passnummer braucht und ausländische Pässe nicht vorgesehen sind. Die Buchung einer Führung zu Street Art scheitert an irgendeinem Item beim Bezahlen. Außerdem ist Nationalfeiertag… vieles hat geschlossen… OK, dann nicht, erst mal eine Merienda, einen Vormittagshappen, im Café del Botánico. Auch danach klappt jede Menge nicht: 1) Der U-Bahn-Eingang ist versperrt, weil die Station am Wochenende geschlossen ist, d.h. wir können erst mal kein Ticket kaufen, 2) auf unserem Weg sehen wir einen Hop-on-hop-off-Bus, der uns aber nicht mitnimmt, weil wir kein Bargeld mehr haben, 3) steht am Japanischen Garten einen Riesenschlange an einer einzigen Kasse an, 4) nehmen die ersten beiden Banken, die wir nach langem Gehen sehen, keine VISA-Karte. Als wir endlich flüssig sind, lassen wir uns genervt in einem Café nieder – und lernen ein neues Getränk kennen: den ‚licuado‘, püriertes, mit Wasser oder Milch verdünntes Obst, z. B. Erdbeere, die hier nicht ‚fresa‘, sondern ‚frutilla‘ (sprich: fruti:scha) heißt, also anderes Wort plus andere Aussprache als im kastilischen Spanisch. Aber das Getränk selbst erfrischt uns wunderbar!
Immerhin haben wir auf dem Weg ein ‚Museo del Arte Popular‘ (Volkskunstmuseum) gesehen. Es hat wider Erwarten offen. Wir lernen eine Menge über Mate und v. a. die diversen, kunstvoll verzierten Trinkgefäße (19. und 20.Jh.), den zugehörigen Löffel mit Sieb (bombilla genannt) und die drei Messergrößen, die Gauchos verwenden. Dazu gibt es auch Bilder, die das Leben der Gauchos verdeutlichen (Tom fühlt sich sofort an Karl May erinnert, und wirklich gibt es mehrere Bände, die in Südamerika spielen: Das Vermächtnis des Inka, Am Rio de la Plata, In den Kordilleren). Außerdem gibt es noch einen Raum, in dem Objekte ausgestellt sind, die einen Kunsthandwerkspreis gewonnen haben. Tolle Sachen gibt es da: Jacken, die wie ein Gemälde gestrickt sind, Lederwesten, kunstvolle Gebilde aus Holz, geometrische Fadenbilder – schöne Sachen. Wir finden, auch das ist eine gute Art, sich Lateinamerika zu nähern.
Das Wetter ist so schön, dass wir es noch einmal beim Touristen-Bus versuchen, dieses Mal mit Bargeld – und werden abgelehnt! Offenbar wird so spät niemand mehr mitgenommen, obwohl die vielen Busse immer nur zu höchstens zwei Drittel ausgelastet sind. Heute ist nicht unser Tag, wie uns scheint. Der Weg zurück zieht sich; das Museum zu Ehren Evita Peróns hat geschlossen (s.o….). Immerhin konnten wir unterwegs noch einkaufen – in Argentinien gibt es kein Ladenschlussgesetz. Mails etc. können wir momentan nur mit WiFi im Apartment empfangen – und da lesen wir, dass die Buchung der StreetArt-Tour für Mittwoch doch noch gelungen ist. Ganz schön ungewohnt und anstrengend, dieses Auf und Ab.
Tag 105 / Di 20.11.2018 / Buenos Aires
(Cornelia) Graciela, unsere Vermieterin, will uns noch kurz sehen und Pool-Handtücher bringen. Langsam sprechen ist nicht ihre Sache, aber es gibt ja auch nichts zu klären.
Neuer Tag, neues Glück. Wir statten uns mit Metro-Karten aus (erhältlich in den U-Bahn-Stationen, klar, aber auch in Lotteriegeschäften oder in manchen Supermärkten) und kaufen zwei Handy-Prepaid-Karten, deren Inbetriebnahme uns die folgenden drei Tage beschäftigen wird. Sind wir zu doof…? Wieder scheitern wir am Reisepass. Dagegen klappt es auf Anhieb, einen Schuster zu finden, der meinen Rucksack aus Ronda repariert.
Palermo Viejo, das alte Palermo, mit niedrigen Häusern aus der Kolonialzeit, steht auf unserem Programm. Die kleinen, oft verzierten Häuschen erinnern uns an manche Straßen in Porto; manchmal sehen die Straßenzüge aber auch wie in Dallas oder anderen nordamerikanischen Städten aus, mit großen Bäumen (häufig Linden oder Platanen), Coffee-Shops und vielen Eisdielen. Es gibt viele Wandbilder, bunte Farbe, Reliefs. Die Straßennamen lauten Paraguay, Honduras, El Salvador, Guatemala, Costa Rica oder Nicaragua; das alte Viertel nennt sich ‚Palermo Soho‘ und ist DAS Ausgehviertel der Stadt. Zur Unterscheidung wird ein anderer Teil als ‚Palermo Hollywood‘ bezeichnet, weil dort Radio- und TV-Sender ihre Studios haben.
Was uns gleich auffällt, sind die vielen Gerüche in der Stadt – nicht nur von der angenehmen Sorte, leider… Gut duften die Linden, der Jasmin, dazwischen riecht es weniger lecker nach Kloake und Urin. Ganz schlimm ist die heiße Luft in der U-Bahn, die hier ‚Subte‘ heißt, zum Schneiden; manche Lüftungsgitter befinden sich auf den Gehsteigen – dann riecht man auch noch oben das Subte-Lüfterl... Außerdem ist es in Buenos Aires sehr laut; der Verkehr ist sehr dicht,man hört ihn immer rauschen, aber es wird auch gerne gehupt. An Zebrastreifen bremsen die Fahrer nicht – was waren wir da von den Spaniern verwöhnt! Was auch seltsam ist: Manchmal spürt man einen Tropfen – es scheint Kondenswasser aus einem der vielen Klimageräte zu sein.
Das Centro Culturál Kirchner, das im Gebäude der ehemaligen Hauptpost untergebracht ist, wie wir lesen, hat zwar heute geschlossen, aber der Ticketschalter ist geöffnet. Was staunen wir, als wir drin sind! Sehr hohe Decken, der originale Schalterraum von 1928, eine Jugendstil-Glasdecke, aber auch moderne Kunstwerke! Wow! Hier gelingt auch die Registrierung, und wir lassen uns aufklären, dass es pro Woche auf einen Namen nur zwei Karten für ein Konzert kostenlos gibt. (Wieder spielt uns der Pass ein Schnippchen: Tom hatte seinen Pass nicht dabei, sonst hätte auch er sich registrieren lassen können….) Aber immerhin: Wir haben sie, die Karten für ein Frank-Zappa-Revival-Konzert!
Hier ist das Bankenviertel von Buenos Aires sowie die Handelsbörse: Alles gigantisch groß, vieles aus den 20er-Jahren, sehr (nord)amerikanisch. Ganz klein stehen wir vor riesigen Türen und erhaschen mehrfach Blicke ins Innere. Vieles ist aber auch modernisiert und umgebaut.
Der Amtssitz des Staatspräsidenten liegt an der Plaza de Mayo (sprich: ma:scho (??)]in der ‚Casa Rosada‘, dem rosa Haus; wegen des bald stattfindenden G20-Gipfels ist vieles schon abgezäunt. Jeden Donnerstag um 15.30 demonstrieren hier die Mütter, deren Kinder in der Diktatur (1977 - 1983) an andere Familien abgegeben wurden. Es ist ein großes Thema in Argentinien, v.a. ist es erst in 128 Fällen gelungen, die wahren Eltern ausfindig zu machen; etwa 6000 verschleppte Babys soll es aber geben. Ähnliches ist auch unter dem Diktator Franco in Spanien passiert; dort gibt es derzeit einen spektakulären Modellprozess. Als Symbol tragen die Mütter bei ihrer Demonstration ein weißes Kopftuch, das für die Windel des verlorenen Kindes steht. Am heutigen Dienstag gibt es keine Mütter auf dem Platz, dafür entdecken wir eine Aufschrift: „Nunca mas!“ (nie mehr); wir wollen auch nicht absichtlich am Donnerstag hingehen, weil wir Demo-Sightseeing unangebracht finden.
Auch für andere Angelegenheiten wird (stumm) demonstriert: Manche Leute tragen grüne Tücher an ihren Taschen, was bedeutet, dass sie für die Legalisierung der Abtreibung sind. Die Gegner tragen hellblaue Tücher.
Riesige Häuser, Stil-Mix, viele Baulücken, Wildwuchs – so wirkt das ‚Microcentro‘ auf uns; sehr lärmend und verkehrsreich. An der Plaza 9 julio steigen wir in die U-Bahn ‚nach Hause‘ – und sind platt…
Nein, das ist uns fremd! Wir sind stets neugierig, können uns auf Neues einlassen, wollen entdecken (auch wenn uns Buenos Aires auf eine durchaus heftige Probe stellt...). Mit der Heimat, d. h. unseren Kindern und den Freunden in der Heimat sind wir per WhatsApp, Mail und Blog verbunden; mit meinem Vater telefoniere ich sonntags; unsere Bücher und CDs, die auch eine Art Heimat sind, tragen wir immer mit uns. Wir kochen viel selbst – die Rezepte, der vertraute Geschmack… auch das ist Heimat.
Eine kleine Mutprobe erfordert allerdings der Friseurbesuch; ich schleiche erst mal länger um die Friseurläden herum und schiebe dann doch den Termin hinaus, bis es unerträglich wird. Dann beginnt die Zitterpartie im Laden – gar nicht angenehm – Heimatverlust – Hilfe, jemand geht mir an Kopf und Kragen.
In Buenos Aires stellen wir fest: Schon beim zweiten oder dritten Mal im selben Lokal (z.B. im Café del Botánico) erkennen uns die Kellner wieder, lächeln mehr, begrüßen uns freundlicher. Man kann sich eine neue Heimat – im Sinne eines vertrauten Gefühls – auch aufbauen.
Und: Wir haben ja ‚uns‘! Wenn das keine Heimat ist…!