Louies Land und Leute

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Eindrücke aus fremden Ländern: Argentinien


Verkehr
Als Fußgänger wird man in Spanien mittlerweile von den Autofahrern sehr verwöhnt: Kaum steht man nur am Rande eines Zebrastreifens, schon halten alle an. Umgekehrt habe ich mir als Autofahrer schon den ein oder anderen bösen Blick zugezogen, weil ich mit meiner deutschen Verkehrssozialisierung nicht immer gleich kapiert habe, dass da jemand demnächst über die Straße gehen will.
Derlei Rück- und Vorsicht sind dem argentinischen Autofahrer mehr als fremd; das hier weiß (!) leuchtende grüne Männchen der Fußgängerampel ist nur ein ganz leichter Hinweis, nicht direkt einige der die Straße überquerenden Menschen umzunieten. Andererseits gibt es hier auch nicht wenige wagemutige Zeitgenossen (und -genossinnen), die sich auch trotz roter Ampel und sich auf drei oder mehr Fahrspuren rapide nähernden Bussen und Taxis ins Verkehrsgewühl stürzen, was meist mit ausgiebigem Hupen der Fahrer quittiert wird. Letztlich halten sie dann aber doch. Ich habe noch keinen Unfall gesehen, was auch angesichts der Kämpfe zwischen Taxis, Bussen und sonstigen Autos um die pole position an jeder Kreuzung sehr verwunderlich ist. Man gewöhnt sich im Lauf der Zeit daran. Ein kurzer Blick in die richtige Richtung (meist genügt eine, weil fast alle Straßen Einbahnstraßen sind) muss reichen, um die Überlebenschancen abzuschätzen und dann bloß nicht wieder in Richtung Autos schauen (der alte französische Trick, nur so ist klar, dass die Autofahrer die Verantwortung tragen) - außer bei den richtig großen Avenidas mit zum Teil sieben bis neun Spuren (in derselben Richtung!)… da warten wir doch lieber auf die Ampel und vor allem einen größeren Menschenpulk ab, das gibt Sicherheit...

Busse
Busfahren in Buenos Aires ist ein Erlebnis! Wie hieß es doch in einem Reiseführer: „alle Busfahrer sind verhinderte Formel 1-Piloten“ - wenn auch manchmal mit einer Schwäche für Plüschtiere. Und da ist echt was dran. Ähnlich ruppig fahren nur die Busse in Rom… Aber hier gibt es zusätzlich die Metrobusse, die auf breiten Avenidas zwei  Spuren in jede Richtung für sich haben. Das sieht aus wie eine durchgehende Bushaltestelle, die sich über einige Kilometer hinzieht. Der Witz ist allerdings, dass die Buslinien sehr wohl definierte Haltestellen haben, vielleicht im Kilometerabstand, aber eben gestaffelt nach Linie. Heißt im Klartext, der Bus startet an seiner Haltestelle, wechselt auf die Fahrspur (meist knapp vor einem heranbrausenden Bus einer anderen Linie), um dann nach kurzer Zeit (meist unter Schneiden eines gerade anfahrenden Busses einer anderen Linie) wieder anzuhalten. Bei geschätzten mehr als zehn Linien, die auf einer solchen Avenida fahren, ist das ein sehenswertes Schauspiel. Und der staunende Busbenutzer bekommt eine Art Achterbahnfahrt (ohne Sicherheitsbügel) umsonst dazu! Unsere längste Busfahrt dauerte ca. eineinhalb Stunde und 49 Haltestellen...
Die Frequenz der Busse ist sehr hoch, man sieht oft mehrere derselben Linie direkt hintereinander fahren, ohne dass man lange warten muss, wenn man den letzten einer solchen Serie verpasst hat. 

Mobirise

Ein Rätsel blieb mir, warum viele Busse eine extra Leitung zu den Radnaben haben, sieht aus als ob es eine Ölleitung wäre...

Weiß jemand die Erklärung?

Diese Busse hatten übrigens einen auch in Deutschland wohlbekannten (guten?) Stern vorne drauf!


Verkehrszeichen
Verkehrszeichen werden auch gern verschönert, wie z. B. der Schüler oder die Bodenwelle. Derartige Bodenwellen werden übrigens sogar von Bus- und Taxifahrern ernst genommen, denn sie können echt steil sein. Und 'Stop' heisst auch nicht 'Stop'... Dafür kann man an so mancher Ampel gleich Kleinigkeiten des täglichen Lebens oder Reiseproviant wie Wasser erwerben.


Hunde
Argentinier lieben Hunde, um das mal so pauschal zu sagen, allerdings macht ihnen entweder ein entfernt gelegener Arbeitsplatz das Gassi-Gehen unmöglich oder das Ausführen ihrer Lieblinge ist vielleicht kein großes Bedürfnis: Dazu gibt es Hundeführer, die oft ein ganzes Rudel (sechs bis zehn und mehr) durch die Stadt führen und ab und zu an einer Laterne „parken“. Wahrscheinlich braucht so ein/e HunderführerIn auch mal was zu essen (und/oder macht sonstige Besorgungen).
Erstaunlich ist, dass die Hunde, obwohl aus aller Rassen Länder, immer sehr gut miteinander auskommen. Ich habe nie irgendwelche Auseinandersetzungen gesehen, nicht mal Gekläffe gibt es in der Regel.


Bürgersteige
Bürgersteige sind hierzulande gleichzeitig ein mehr oder minder willkommenes Achtsamkeitstraining, und das gleich in zweierlei Hinsicht. Zum einen besteht der Belag meist aus kleinen Platten, die oft auch das gleiche Niveau haben, aber halt nicht immer, wie die Fotos zeigen. Die Vertiefungen reichen durchaus, um sich ein Fußgelenk richtig zu vergammeln, was uns bisher (toi,toi,toi) erspart blieb. Ob es da einen Zusammenhang gibt mit den vergleichsweise wenigen high heels-tragenden Damen? Jedenfalls sieht man durchaus auch offensichtlich Einheimische straucheln und sich gekonnt abfangen. [Cornelia: Anfangs war das Gehen in Buenos Aires superanstrengend, weil man immer auf den Boden (und seine Löcher) achtete. Nach einigen Tagen ergibt sich ein gutes Zusammenspiel zwischen Augenwinkel und einer gewissen ‚Fußintelligenz‘ - und das macht es weniger anstrengend.] Zum Zweiten trifft man häufig (die Argentinier sind große Hundeliebhaber, siehe Abschnitt Hunde) auf die kleinen und manchmal auch sehr großen Hinterlassenschaften jener Tiere, die einem (wenn man richtig trifft) bestimmt schön Schwung geben… was an entsprechenden Spuren auch studiert werden kann. 

Mobirise

Zur Ehrenrettung muss man sagen, dass es auch Hinweise gibt, die Häufchen (und Haufen) zu entfernen.
Und als wir einmal morgens um 6 Uhr untwerwegs waren, sah man vor mindestens jedem zweiten Laden jemand mit Wasserschlauch und Schrubber in Aktion!

Mobirise

DNI
Die DNI ('Documento Nacional de Identidad', im Bild heißt es "Die Eingangstür zu deinen Rechten") ist der Schlüssel zu allem, was bei Sozialleistungen etc. wohl sinnvoll ist, aber leider auch für jegliche Internet-Bestellungen (wie z. B. Gratis-Konzertkarten) zwingend verlangt wird. 
Ärgerlich ist, das man die deutsche Passnummer aus Buchstaben und Ziffern selbst dann nicht in das Feld eingeben kann, wenn man 'otro' (also andere Nationalität) auswählt.
Schön ist wiederum die Möglichkeit, aus der deutschen Passnummer eine DNI zu machen, indem man die Ziffern (auch wenn es nur zwei sind) einfach mit Nullen auf 8 Stellen auffüllt.
Man muss es halt nur erst herausfinden...


Exkurs: Chile 

Ruta 5 

Da wir das Wohnmobil in Santiago de Chile gemietet haben, geht es zwangsläufig erst einmal durch Chile, und zwar Richtung Süden. Die Ruta 5 ist DIE Nord-Süd-Verbindung im schmalen Chile und von Santiago bis Chiloé vierspurig ausgebaut, also eine Autobahn. Nur dass in Chile die Autobahn allen gehört, und das im wörtlichen Sinne. In der Praxis bedeutet das, trotz vergleichsweise geringer Verkehrsdichte kein entspanntes Fahren. Warum?
Weil sich auf der Standspur das pralle Leben abspielt: Jede Menge Verkaufsstände wechseln sich ab mit Bushaltestellen, direkten Zufahrten zu den Grundstücken, seien es Firmen- oder Privathäuser, dazwischen gerne auch Fußgänger, Radfahrer und Jogger. Man muss also jede Sekunde damit rechnen, dass der Vorausfahrende abrupt bremst, weil er gerade leckere Erdbeeren oder ähnliches entdeckt hat.

Die Bilder hat Cornelia übrigens alle unter Aufbietung höchster Konzentration aus dem mit knapp 90km/h dahinrasenden Wohnmobil aufgenommen!

2.Teil: Auf dem Land

Eindrücke aus den argentinischen Provinzen

Verkehr Patagonien

Das lustige Gefahren-Ratespiel


An Verkehrsschildern ist in Argentinien kein Mangel, insbesondere auf Gefahrenstellen wird gerne mehrfach und groß hingewiesen. Interessant ist, dass meist nur „Peligroso“ drauf steht, und der geneigte Fahrer sich dann überlegen kann, welche Art Gefahr nun gerade hier gemeint sein könnte.

Die drei häufigsten Möglichkeiten sind:
1. Es kommt in ca. zwei Kilometer Entfernung eine Kreuzung.
Patagoniens Steppe ist bekannt für die weite Sicht und die Straßen sind meist schnurgerade. Man sieht also schon Hunderte Meter im Voraus, ob evtl. ein anderes Fahrzeug sich nähert, was vielleicht einmal in zwei Tagen vorkommt.
Fazit:
Diese Gefahr ist für den europäischen Automobilisten vernachlässigbar, also:
„Bleib auf dem Gas!“

2. Es kommt in 3 Kilometer Entfernung eine Kurve.
Kurve bedeutet hierzulande (meist) eine Straßenkrümmung, die ein beladenes Wohnmobil locker mit 90 km/h durchfährt, ohne dass irgenetwas aus den Schränken kullert.
Fazit: Kein Problem - „Bleib auf dem Gas!“

3. Es kommt ein Schlagloch/eine Bodenwelle.
In diesem Fall ist sofortiges Handeln ratsam, nämlich eine mittelstarke Vollbremsung, um Reifen, Räder, Achsen etc. nicht zu verlieren. Wie sagte unser Schweizer Freund so schön: „297 Schlaglöcher erkannt, drei übersehen…!“
Letztes führt dann regelmäßig zu folgendem Ablauf:
a) Mehr oder weniger lauter Aufschrei des Fahrers,
b) ein Schlag, der die Fahrzeuginsassen glauben lässt, jetzt fährt nur noch das Fahrerhaus
c) ein Stöhnen der geschätzten Gattin „Au, mein Rücken, jetzt pass doch auf!“
Nach einigen Minuten stabilisiert sich dann die Lage im doppelten Sinne wieder.
Und die Moral von der Geschicht‘: Wie erkenne ich Fall 3?
Am besten an den Bremsspuren der Lkw-Reifen. Wenn man eine solche sieht und sofort bremst, hat man eine reelle Chance. 

Mobirise

Argentinisches Wohnmobil
Ein Mercedes muss es schon sein, wenn auch etwas in die Jahre gekommen…

Mobirise

Interessant fand ich den Niveauausgleich mit dem Wagenheber unter der vorderen Starrachse.

Mobirise

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