Tag 242 / Sa 6.4.2019 / Paihia
(Cornelia) Tom fährt nun schon sehr sicher auf der linken Straßenseite und nimmt auch die Einfahrten in die diversen Kreisverkehre elegant. So gelangen wir recht flott zum Old Packhouse Market in Kerikeri, einem Markt für Essen und Kunsthandwerk, der an und in einer ehemaligen Obstverpackungshalle untergebracht ist. Es gibt extra Einweiser für den (riesigen) Parkplatz. Auch sonst ist die Atmosphäre unglaublich entspannt: Ein Bäcker aus dem Badischen bietet Brezen und ‚German Bread‘ an, ein anderer bäckt direkt am Markt Baguette und Croissants, Alt-Hippies mit Pferdeschwanz klampfen und singen sanfte Songs, eine weitere Gruppe trommelt und singt im Indien-Look meist unisono zur Klampfe 16-strophige Lieder; es gibt Produkte der Maori-Medizin, geflochtene Hüte, schöne Schürzen, Holzteller mit Kauri-Muschel-Einlagen und vieles mehr. Das Angebot ist verlockend. Wir entdecken ein uns völlig unbekanntes Obst, Feijoa: Etwas länglicher und größer als Kiwi, aber nicht haarig und ebenso in Hälften mit dem Löffel auszuschaben, mit einem eigenen, leicht säuerlichen Geschmack. „You hate it or love it!“ - mit diesen Worten streckt uns die Boy Scouts-Mutti eine Frucht zum Probieren hin – yes, I love it! Und kaufe eine Tüte voll.
Der Wasserfall von Kerikeri, ‚the rainbow falls‘, ist schnell besichtigt. Nach fünf Minuten erreicht man den letzten von drei Aussichtspunkten; viele Baumfarne am Weg, schöner Blick, kein Regenbogen, aber etliche Deutsche. Man erkennt sie, wenn sie nicht gerade sprechen, daran, dass sie spontan nach rechts ausweichen, wenn man auf sie zugeht. Neuseeländer sind an Linksverkehr gewöhnt – und das gilt selbstverständlich auch für Fußgänger!
Das Stonehouse empfiehlt uns der Reiseführer, das älteste in Stein gebaute Haus Neuseelands aus dem Jahr… 1836! Damals wie heute ist es ein Laden. Daneben steht ein Missionsgebäude – heute Café und umgeben von einem bunt gemischten (Missions-)Garten. Auf der anderen Flussseite, wo man über eine äußerst komfortable Fußgängerbrücke hingelangt, befindet sich Riwa‘s Village, ein rekonstruiertes Maori-Fischerdorf mit einem Museum, einem Versammlungsplatz und -haus, Lebensmittelhöhlen, Vogelfallen, einem Boot am Mangrovensumpf und vielen typischen Bäumen, die man für Boots- und Hausbau oder Alltagsgegenstände verwendete oder deren Blätter als Medizinalpflanze Verwendung fanden. Ein Pâ, ein abgestufter, früher mit Palisaden versehener Hügel, der als Rückzugsort der Verteidigung diente, liegt auf der anderen Seite eines Wasserbassins. Es ist schön, draußen in der Natur eine Vorstellung von einem Maori-Dorf zu bekommen.
Nun fahren wir zu DEM Ort, der für alle Neuseeländer wichtigstes historisches Erbe darstellt, den Waitangi Treaty Grounds, wo einst 40 Maori-Chiefs den Kolonial-Vertrag mit England unterzeichneten, die allerdings aufgrund ihrer Kultur nicht von Domination, sondern von einer Partnerschaft ausgegangen waren. Das moderne Museum dokumentiert die Ereignisse recht lebendig und z. T. interaktiv. Eine live-Führung zum 1945 eingeweihten 100-Personen-Kriegsboot ist ebenfalls im hohen Eintrittspreis enthalten (55 Euro für uns beide) sowie eine Kultur-Performance im Versammlungsgebäude. Auch beim vierten Mal ist es für uns beeindruckend, mit welcher Energie im polynesischen Raum gesungen, getanzt und grimassenreich gedroht wird.
Den Abend verbringe ich mit einem Film aus der ARD-Mediathek, während Tom zwischen Bett und Bad pendelt. Jetzt, im sauberen, gesundheits- und virusbewussten Neuseeland, hat er sich einen Darminfekt eingefangen…