Tag 325/ Fr 28.6.2019 / Broken Hill
(Cornelia) Heute steht das Besucherzentrum des Royal Flying Doctor Service of Australia auf dem Programm. Harry und Meghan treffen wir nicht, sie waren schon im Oktober da… Da wurde diese tolle und lebensrettende Einrichtung 90 Jahre alt. Seit den Anfängen hat sie sich ganz schön entwickelt und besitzt über Australien verteilt mehrere Leitstellen und insgesamt 40 mit Druckkabinen ausgestattete Turbo-Prop-Flugzeuge, die sich ihre Landebahnen je nach Notruf auf Weiden oder, wenn es nicht anders geht, auch auf Highways suchen. Eine ganze Flugzeugmechaniker-Mannschaft arbeitet im Hintergrund. Im Flughafen von Broken Hill und andernorts muss vor Start oder Landung oft erst ein sogenannter Roo-Run stattfinden: Das Vertreiben etwaiger Kängurus mittels Geländewagen…
Eindringlich wird im Visitor Centre per Plakat, Foto, Film und Audiodokument dargestellt, wie riesig Australien ist, welche speziellen Probleme die ärztliche Behandlung im Outback birgt (Allgemeinärzte, Zahnärzte, Psychologen, Krankenschwestern sind weit weg stationiert, fliegen aber zu Sprechstunden ins Outback), wie die Versorgung mit Medikamenten funktioniert (3000 standardisierte Medikamenten-Boxen), dass man früher per Funk mit dem RFDS verbunden war, während heute die Notrufe per Telefon eingehen. Zur Beschreibung der Schmerzen ist der Körper des Menschen kartographiert, was die erste Ferndiagnose erleichtert. Entweder wird dann nur lokal behandelt oder aber man fliegt die Patienten nach Adelaide oder Sydney. In Broken Hill befindet sich neben dem Flugzeughangar auch ein Krankenhaus mit Ambulanz. Wir sind tief beeindruckt von der Einsatzbereitschaft der Flying Doctors und der ganzen Organisation; ein Drittel der Gelder muss über Spenden in die Kasse kommen. Immerhin finanziert der Staat den Rest und ehrt auch den Mann, der 1928 seine Vision von einem aeromedizinischen Dienst realisiert hat, den Methodisten-Reverend John Flynn, auf seiner 20-Dollar-Note.
Vom Flughafen fahren wir zum Line of Lode Miners Memorial, einem Aussichtspunkt mit Gedenkstätte für 900 bei der Arbeit in den Minen ums Leben gekommene Kumpel. Die letzten Plätze für die gravierten Glasplatten (Name, Todestag) sind noch frei… Hier überrascht uns, wie offensiv man mit der Abraumhalde umgeht: Gedenkstätte, Café und Restaurant befinden sich auf Geröll und Schlacken!
Von oben haben wir schon auf die Argent Street heruntergesehen, wo wir in Judiths Auftrag Winterstiefel (in Deutschland ist die Hitzewelle auf dem Höhepunkt…) besorgen: UGGs sollen es sein, mit echtem Merino-Lammfell! Mein Schwatz mit der netten Schuhverkäuferin ergibt, dass auch sie schon von den Flying Doctors nach Sydney geflogen worden ist, nach einem schweren Unfall als Elfjährige.
Silverton, eine Stadt, die aufgrund einer Silbererzader in den 1890er-Jahren geboomt hatte, wollen wir auch noch besuchen. 25 Kilometer rumpeln wir durch rote Landschaft und erkennen Ähnlichkeiten mit Argentinien: die Weite der Landschaft, den ausgefransten Straßenrand, ungeteerte Nebenstraßen. Neu ist, dass wir alle paar Kilometer durch ein trockenes Flussbett fahren. Silverton selbst hat noch ein Hotel (Interessenten können es kaufen!), ein paar Galerien, ein ehemaliges Schulhaus, das liebevoll eingerichtet ist (eine aktive Heritage-Gesellschaft ist am Werk) und mehrere Kirchen- und sonstige Ruinen. Der Friedhof ist auch heute noch in Betrieb, hat aber weitgehend historische Gräber. In der ‚guten, alten Zeit‘ ist man häufig sehr jung gestorben, stellen wir fest.
Zehn Kilometer weiter, am Umberumberka Resevoir, einem kleinen Stausee mit Wasser(!), ist gerade ein Filmteam am Drehen: einen Film über einen Jungen und einen Dingo. Auch Silverton ist eine gern genutzte Film-Location, z. B. von Mad Max II und ungefähr einem Dutzend weiterer Streifen, deren Titel uns allesamt nichts sagen.
Im Jahresmittel regnet es in Broken Hill 200 Millimeter; heute kommen ein paar Tröpfchen dazu, aber vermutlich verdunstet das Himmelsnass sofort, wenn es auf die warme Erdoberfläche kommt. Für die Nacht sind 13 Grad angesagt, tagsüber waren es 22.