Tag 196 / Di 19.2.2019 / Tres Hermanas
(Cornelia) Die Straße war gut gewählt, wenig Verkehr, ruhige Nachbarn ringsum. Ohne Frühstück fahren wir aus der Stadt heraus, in den morgendlichen Atacama-Nebel hinein. Einige Windräder, viele Starkstrommasten, ein Umspannwerk – man merkt, dass es in der Atacama eine Industrie gibt, die viel Strom braucht: Etwa 34 % aller Bergwerke, in denen zumeist Kupfer gefördert wird, liegen in der Atacama. Wir frühstücken im Wohnmobil, denn am einzigen Rastplatz auf 250 Kilometern Autobahn gibt es weder Tisch noch Bank, aber immerhin Toiletten und Duschen. Bis fast mittags ist es kalt und feucht, dann sind die Wolken plötzlich weg. Sofort ist es mindestens 10 Grad wärmer.
Unser Navi ist wie üblich mit den Einbahnstraßen in den Städten überfordert, so auch in Copiapó. Zum Glück versorgt uns der COPEC-Führer immer mit kleinen Stadtplänen, und so finden wir rasch die gewünschte Wäscherei für unsere neun Kilo Wäsche. Waschen lassen kostet in Chile viel mehr als in Argentinien, stellen wir rasch fest, etwa 3 Euro 50 pro Kilo, Preis unserer Faulheit. Man verspricht uns, die Wäsche bis 18 Uhr fertig zu machen; einen Zettel braucht es nicht – wir sind die einzigen ‚Gringos‘ weit und breit…
Das viel gepriesene mineralogische Museum ist im Umbau begriffen und geschlossen, ins WiFi der Städtischen Bibliothek kommen wir nicht, aber auf der sehr schönen Plaza Prats, wie in Vallenar mit Pfefferbäumen, Palmen und Oleander bepflanzt, gibt es ein freies WiFi. Je mehr wir in den Norden Chiles kommen, desto schwieriger wird es, ins Netz zu kommen. Auch der Blog leidet darunter, denn sieben fertige Seiten warten schon und können nicht online gestellt werden.
Die Straßenzüge wirken ziemlich heruntergekommen, das Kulturzentrum ist überdimensioniert, aber auch marode, die Kneipen für die Bergleute empfinden wir als nicht sehr einladend. Immerhin ist Copiapó die Hauptstadt der Region Atacama und besitzt deswegen auch das Museo de Atacama. Es ist ein Sammelsurium: Neben der Bibliothek mit schönen Glasschränken und wirklich alten Büchern, u. a. aus Deutschland und Frankreich, zu vielen Themen, findet sich auch ein Raum mit historischen Möbeln; im Patio stehen mehrere Vitrinen mit ausgestopften Tiere, die in der Atacama leben, wie Fischotter, Anden-Condor, Gürteltier sowie ein gesalzter Puma – tot im Salz eines Sees gefunden. Es gibt einen Bergwerksstollen aus Pappmaché, um den Besuchern das Eingeschlossensein im Berg nachvollziehbar zu machen, und ebenfalls im Patio steht das Prunkstück des Museums, die Rettungskapsel, in der nacheinander die 33 Bergleute nach oben gebracht wurden, die 2010 zweieinhalb Monate nach einem Grubenunglück in einem 600 Meter tief im Berg liegenden Stollen eingesperrt waren. Die Plakate zur Chronik von Unglück und Rettung sparen auch nicht mit Schuldzuweisungen: Aus Geldgier habe man mit zu wenig Sicherungen unter Tage gearbeitet; die Regierung macht Zugeständnisse.
Etwa 17 Kilometer von Copiapó entfernt gibt es im Ort Tierra Amarilla seit 2011 ein privates Museo de la Mina, vom Feinsten, wie sich dann herausstellt. Wir bestaunen die geologische Vielfalt der glitzernden oder schichtenreichen Steine, die türkisen, blauen, roten, grünen, braunen...
Weil wir beide ja doch Stadtkinder sind, die Sonne sengend und die Stadt hässlich ist, überbrücken wir die Zeit bis zum Abholen der Wäsche in einer Mall, deren Konsumangebote in schroffem Gegensatz zur schäbigen Stadt stehen; gleichzeitig kann man aber ablesen, dass es viele Menschen geben muss, die gut verdienen, auch wenn uns viele Bettler auffielen.
Die Wäsche für die Gringos ist tatsächlich schon fertig – yeah – und wir fahren noch ein Stück aus der Stadt, wo es im Ort Tres Hermanas (‚drei Schwestern‘) einen Campingplatz mit Pool geben soll. Gibt es, auch mit dem üblichen verspielten Campingplatz-Hund, Wasser im Pool, nur die Duschen lassen sehr zu wünschen übrig: Schläuche ohne Duschköpfe, erst gar kein Wasser, auf Nachfrage nur kaltes. Hm – immerhin entschädigen uns ein Sonnenuntergang über der Atacama und der Vollmond ein bisschen.