Tag 184 / Do 7.2.2019 / Santiago
(Cornelia) Großes Aufräumen: Kühlschrank und Vorratsschrank müssen geleert sein – alle Sachen wie frisches Obst und Gemüse, Käse, Wurst, sogar Kräuter, müssen gegessen oder verschenkt sein. Aufbruch von Uspallata: Letztes Frühstück mit dem leckeren Kaffee aus dem modernen Café FULL, das zur Tankstelle YPF gehört… fast sind wir wehmütig: Der ‚cafe con leche‘ und die ‚medialunas‘ (Hörnchen) schmecken dort so richtig lecker.
Wir fahren durch eine grandiose und kolossale Wüstenlandschaft in Braun- und Rottönen unter strahlend-blauem Himmel. Immer weiter schraubt sich unser Auto nach oben. Irgendwann taucht rechts von uns ein gletscherbedeckter Vulkan auf, der Acongagua. Weil wir uns schon auf 3000 Meter Höhe befinden, sieht er mit seinen knapp 7000 Metern Höhe (lt. Messung von 2012; die hiesigen Berge wachsen ja noch…) gar nicht sooo hoch aus.
Der Wintersportort, den wir durchqueren, angeblich der schneesicherste Argentiniens, sieht von europäischer Warte aus betrachtet kläglich aus: wenige Lifte, die längste Abfahrt nur 700 Meter, ein paar Hotelbetten. Umso beeindruckender ist dafür ein Naturdenkmal erster Güte: Eine natürliche Brücke aus Stein, genannt ‚Puente del Inca‘, die vielfarbig schillert, weil über sie schwefelhaltiges Quellwasser fließt. Allerdings muss man sich erst einmal durch Massen von Andenkenläden durchkämpfen, um sie zu erreichen. Früher, gegen 1920, lag die Naturbrücke verkehrsgünstig an einer Eisenbahnstrecke, deren Reste immer noch mal rechts, mal links der Straße zu sehen sind: zum Teil überwucherte Gleisreste, Lawinenabdeckungen, Bahnhöfe, Wasserreservoirs, Telegrafenmasten.
Der Tunnel kürzt den Weg zur chilenischen Grenze stark ab. Aber dort heißt es erst einmal warten, obwohl nur vier Autos vor uns an einem Häuschen stehen bei sechs Autoschlangen insgesamt. Weil mein Pass Probleme macht – habe ich eine Verbrechervisage…? - warten wir etwa 40 Minuten. Offenbar liegt für jemand mit ähnlicher Passnummer ein Suchbefehl vor, klärt man uns später auf. Na gut, dann nur noch zum Zoll. Man hat uns erzählt, dass manchmal mir nichts dir nichts ein Gemüsespürhund ins Auto springt. Nein, bei uns steigt ein freundlicher Kontrolleur ein, der über den leeren Kühlschrank staunt. Geschafft! Kurz nach 14 Uhr sind wir wieder in Chile!
Die Freude hält nicht lange an: In einer Lawinenunterführung, nach den ersten paar Haarnadelkurven des Internationalen Passes Los Libertadores, hier Schnecken genannt, ‚los caracoles‘, tut es einen Schlag, Tom wird blass: „Scheiße, jetzt haben wir einen Platten!“ Nach dem Lawinentunnel kann er zur Seite fahren. Ja, und da stehen wir nun. Was passiert ist, sehen wir rasch, denn der Camper steht ganz krumm da. Die Blattfeder der Hinterradaufhängung rechts ist gebrochen. Wir haben keinen Handy-Empfang, denn natürlich müssten wir uns erst in Chile ein neues Guthaben aufs Handy laden lassen… hm. Immerhin können wir über die Telekom an den Wohnmobilverleiher eine SMS senden und kurz telefonieren. Besser wäre es aber, ein Foto des Problems zu schicken. Mit gelber Warnweste bekleidet winke ich heftig dem ersten Pkw, der Richtung Argentinien unterwegs ist. Der Fahrer erweist sich als hilfsbereit, fotografiert und schickt mehrere WhatsApp an unsere Vermietung, die ihrerseits uns verspricht zu handeln, aber Geduld empfiehlt… in Chile brauche eben alles viel Zeit. Wie sich herausstellt, stammt der Helfer aus San Rafaél – schade, dass wir ihn noch nicht früher kannten, da kommen wir ja her! Jedenfalls haben wir einen Riesendusel, Glück im Unglück, dass die Panne nicht in Argentinien passiert ist. Dort hätten wir so schnell keine Hilfe bekommen – wir warten letztlich ‚nur‘ sechs Stunden auf den Abschleppdienst, der kurz vor 20 Uhr erscheint und sehr fachmännisch den Nissan mit Tom als Fahrer auf die Ladefläche dirigiert und festzurrt.
Dann heißt es: Festschnallen und gut festhalten. Der Mann kennt seinen Pass und die Serpentinen und freut sich mehr oder weniger offen an meinem ängstlichen Blick. Im Nu liegen knapp 1000 Höhenmeter Caracoles hinter uns, und wir sausen die 200 Kilometer nach Santiago. Um 23.15 erreichen wir die Wohnmobilvermietung, bekommen dort ein Gästezimmer und finden sogar einen gedeckten Tisch vor. Der Nissan ist im Hof geparkt. Uff!