Tag 161 / Di 15.1.2019 / Puerto San Julián
(Cornelia) In der Parkbucht vor dem Salesianer-Kloster schlafen wir herrlich. Als wir aufwachen, sind die Parkplätze um uns herum alle belegt. Aufbruch, Tanken (Tom bekommt einen Kaffee-plus-Medialuna-Gutschein… best coffee ever!), Einkaufen – das Übliche halt. An der Ausfahrt von Río Gallegos müssen wir den Polizeiposten passieren. Während ich schon nach den Autopapieren krame – ein DinA4-Zettel, der immer sehr lange mit verschlossener Miene studiert wird - , erscheint ein junger Polizist am Fahrer-Fenster. Autopapiere, Führerschein, wo wir herkämen, wo wir hinwollten. Wir zücken die Papiere, beantworten die Fragen. Ob wir Französisch sprächen. Häh?? Oui, je suis prof de français. Bueno – die ernste Miene erhellt sich – bitte an den Rand fahren. Erschrecken unsererseits, müssen wir etwas Offizielles übersetzen? Nein, keine Sorge, es ginge um Persönliches. - ??? - Alles klärt sich auf: Der junge Mann hat vor einigen Jahren einen Sprachkurs (für die Spezialisten: FLE Niveau A1) abgeschlossen und möchte jede Gelegenheit nützen, die sich ihm bietet, um die Fremdsprache zu trainieren! Uff, wir sind erleichtert… Ich erzähle ihm, schön langsam, deutlich und mit einfachem Vokabular, wer wir sind, wo ich arbeite; natürlich stellt er die Frage nach den Kindern usw. Tom bietet ihm an, e-mails auszutauschen, was der junge Polizist mit einem strahlenden Lächeln quittiert. Ich frage, ob ich ihn fotografieren dürfe (normalerweise strengstens verboten, an Polizeistationen den Apparat zu zücken), und er winkt gleich seinen Kollegen herbei, der uns drei mit seinem Handy aufnimmt. Tags darauf erhalten wir schon eine Mail mit dem besagten Foto; ein sehr nettes und ganz und gar unerwartetes Erlebnis!
Tom - ein Herz für Tiere - bremst für jedes Guanoko, jedes Nandu… Nandus können zwar 50 km/h schnell laufen, suchen aber in Tarnkleidung (asphaltgraues Gefieder) sehr standfest oft direkt am Straßenrand nach Nahrung. Des Weiteren ist Tom inzwischen ein Meister im Interpretieren der verschiedenen Bremsspuren auf dem Asphalt geworden, die oft einen Hinweis auf Bodenwellen oder aufgeplatzte Stellen geben. So schaukeln wir durch die karge Landschaft – Steppe, Steppe, Steppe, so weit das Auge reicht. Der Parque Monte Leon ist wegen Straßenausbesserungsarbeiten leider geschlossen, bietet aber einen Picknick-Platz mit Käfer und Schmetterling an Blüte.
Etappenziel ist Puerto San Julián, wo es direkt am Meer einen Campingplatz gibt. Wir melden uns an, fahren aber gleich wieder zum Bootssteg, weil eine Fahrt mit dem Schlauchboot mit acht Personen zur Pinguin-Kolonie ansteht. Bevor wir dort ankommen, sehen wir aber noch die für Patagonien typischen Commerson-Delphine, die kleinste Delphin-Art überhaupt, in elegantem Schwarz-Weiß. Leider löst mein Fotoapparat immer zu spät aus, also kein Beweisfoto. Dafür sitzt mitten auf dem Wasser eine Riesen‘ente‘, auch schwarz, auf Spanisch Petrel genannt; öffnet sie ihre Flügel, hat sie eine Spannweite von zwei Metern – wow. Wir nähern uns der Pinguin-Kolonie am Strand und dürfen auch aussteigen. Damit hatten wir gar nicht gerechnet! Kaum am Atlantik angekommen, stehen wir mitten zwischen den Pinguinfamilien herum. Manche der Kleinen sind schon in der Mauser, der graue Flaum flattert im Wind. Mal stehen die Eltern daneben, mal schauen die Kleinen etwas verloren in die Gegend. Hinter den Pinguinen trippeln Hunderte von weißen Vögeln mit roten Schnäbeln [Wolfgang, bitte frag wieder deinen Bruder, wie die Viecher heißen!!], die sich gleichzeitig in die Luft erheben, als wir näherkommen. Viel zu schnell sollen wir wieder ins Boot einsteigen und fahren zu einer Landzunge, wo es plötzlich genauso riecht, wie zuhause aus dem Sack mit natürlichem Pflanzendünger – richtig, Guano, von einer Kormoran-Kolonie produziert.
Zurück am Campingplatz. Der dritte Pfosten spendet endlich den ersehnten Strom. Der Reiseführer erwähnt, dass das Restaurant ‚Naos‘ Guanako-Empanadas im Programm hat. Das muss ausprobiert werden! Die Empanadas sind zwar gerade aus, aber es gibt mariniertes Guanako-Fleisch, das uns geschmacklich ein bisschen an Rentier erinnert. Mmmh! Der superfrische Wolfsbarsch aus dem Tagesfang ist aber auch recht lecker. Auf dem Rückweg gießt es plötzlich wie aus Eimern – der Regenjacken-Live-Test!