Dienstag, 23.1.24: in Valencia (Mercado de Colón)

Erst einmal bleiben wir in der Wohnung und arbeiten, schließlich wollen wir dem Thema unserer Airbnb-Wohnung gerecht werden;die Unterkunft wirbt für sich unter dem Titel „Artistic Modern Getaway – Digital Nomads & Couples“. Was daran ‚artistic‘ ist? Vermutlich der kreative Umbau einer größeren Wohneinheit in drei nebeneinander liegende Ferienwohnungen. Man fällt mit der Tür – wie die Fensterfront aus Milchglas – ins Haus, trifft auf schöne ‚moderne‘ Materialien (bunte Fliesen à la Jugendstil im Bereich der Küchenzeile, sonst Fliesen in Holzaspekt) und gelangt nacheinander über vier Bereiche (Essen, Wohnen, Schlafen, Arbeiten) bis zum nachträglich eingesetzten ‚Badezimmer-Würfel‘ mit weißen Fliesen wie in der Pariser Metro sowie schwarzen Armaturen und Duschtür-Rahmen; alles auf geschätzten 35 Quadratmetern – aus dem ‚getaway‘ wird da schnell eher ein ‚Geh mir bitte aus dem Weg‘ – aber so ist es ja gar nicht gemeint: für ‚digital nomads & couples‘ passt die Wohnung laut Beschreibung. Ja, ein ‚couple‘ sind wir (seit zwanzig Jahren), okay, aber ‚digital nomads‘? Hm. Als solche würde sich doch eher eine andere – jüngere! – Generation bezeichnen, die hier arbeitet und dort lebt; andererseits reisen auch wir mit zwei Laptops, speichern unsere Fotos, schreiben und versenden Mails und andere Nachrichten oder bearbeiten unseren Blog, bereiten die nächste Reise natürlich auch erst mal digital vor (gestern ein Erfolgserlebnis: via Google Maps earth view das schöne Café neben einer Tankstelle in Er Rachidia in Marokko wieder gefunden…) und sind dankbar für den vorhandenen großen Bildschirm. Dafür sehen wir das schöne Wetter draußen stundenlang erst mal nur von drinnen. Ja, vermutlich passt auch dieser Teil der Überschrift zu uns…

Am späten Nachmittag verlassen wir dann doch unseren Bau und nehmen die nahe gelegene Metro bis zur Haltestelle Colòn. Von dort aus sind es nur ein paar Schritte bis zur prächtigen Glas-und-Eisen-Konstruktion der ehemaligen Markthalle, die täglich bis 2 Uhr morgens (am Wochenende sogar bis 3) als urbaner Treffpunkt mit Bars und Cafés fungiert: schön renoviert, mit Mosaiken und elegant bemalt, von stattlichen Häusern verschiedener Stilrichtungen (manchmal, aber selten auch ohne Stil) umstanden. Hinter verschnörkelten Portalen aus Schmiedeeisen und vor marmornen Wänden wacht Personal, so dass ich mich kaum fotografieren traue. Menschenmassen hasten an uns vorbei – Valencia hat über 800.000 Einwohner; die meisten sind wohl auf der Suche nach Schnäppchen: überall verkünden Schilder satte Preisnachlässe. Schade, die pinkfarbenen Stiefelchen sind nichts für die Reise, auch nicht die Glitzer-Schühchen daneben – heute keine Schnäppchen für mich. Was suchen wir mit unserem Sinn fürs Praktische? Haken, die sich ansaugen, um ein zwei Küchenhandtücher aufzuhängen. Die echten digitalen Nomaden, die wir halt doch nicht sind, lassen wohl kochen und liefern und brauchen solche schnöden Alltagsdinge offenbar nicht. (Aber vielleicht hat auch dieser Vermieter – wie viele andere – einfach nicht mitgedacht…) Jedenfalls werden wir in einer Art City-Baumarkt fündig. Sie sind später schnell installiert – wir dürfen bei der Abfahrt nur nicht vergessen, sie mitzunehmen.

Fazit des ersten Stadtgangs: Die Stadt ist quirlig, wirkt reich, alle Verkäufer*innen sind gut gelaunt und entgegenkommend. Leider hat am späten Abend das Duschwasser sein ‚getaway‘ vergessen; die Dusche läuft nicht mehr ab, sondern vielmehr über. Einen Installateur-24-Stunden-Notdienst gibt es in Valencia, das beruhigt uns. Aber unsere Vermieterin ist erst einmal nicht erreichbar – um Mitternacht ihr gutes Recht. Wait and see – nicht digital, sondern ganz konkret und im echten Leben.


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