Noch immer ist der Himmel blau. Am Vormittag bin ich mit dem Kopf in Marokko, aber am Nachmittag nehme ich mir ein paar Stunden ‚frei‘. Wir fahren in das nächste Dorf namens Otivar, hoch über dem Rio Verde gelegen. Viele Häuser sind an den Abgrund gebaut. Auch der Außenbereich von so manchem Restaurant ist nur etwas für Schwindelfreie – wir halten den Atem an, als wir in die Schlucht hinunterschauen und hoffen, dass das eiserne Geländer fest sitzt. Tut es natürlich… Im Restaurant „Capricho“ bestellen wir erst nur einen Kaffee, sehen dann aber mit neidischen Augen am Nachbartisch einen Käsekuchen, dem wir nicht widerstehen können: zu Recht, er schmeckt herrlich: wie privilegiert wir doch sind, mit dem Blick in den Abgrund einen so herrlichen Käsekuchen in der Sonne verspeisen zu dürfen!
Abends – nach ein paar weiteren gespeicherten Vorträgen – gibt es ein Linsengericht (das uns die ganze Reise von zuhause still im Kofferraum begleitet hat) und wir beschäftigen uns mit dem übernächsten Aufenthalt. Tarifa, wo Mittelmeer und Atlantik aufeinandertreffen, ein Städtchen mit großem arabischen Erbe, erscheint uns als Ort der Wahl, zumal wir von dort aus einen Tagesausflug mit der Fähre nach Tanger in Marokko machen können. Es ist auch nett, sich so spontan für einen Aufenthaltsort entscheiden zu können, obwohl jede Entscheidung doch auch einen gewissen Einigungsprozess erzwingt.