Samstag, 20.1.24: Fahrt von Figueres nach Lleida (immer noch Katalonien)

Das Abgeben der Schlüssel funktioniert auf die Minute pünktlich: Unsere Vermieter erwarten uns in der Tiefgarage und wirken viel entspannter als bei der Ankunft. Ein bisschen Spanisch ist bei mir auch schon reaktiviert, so dass wir ein paar Worte wechseln können. Wir loben die Einrichtung der Wohnung sehr, was sie auch wirklich verdient: das war unter all unseren Wohnungen auf dieser Reise unsere Nr. 1!

Bald sind wir an Barcelona vorbeigefahren und auf dem Weg in den Landstrich, der hauptsächlich den Cava-Sekt produziert; der Hauptort heißt Sant Sadurní d‘Anoia. Hier ist außer der in Deutschland sehr bekannten Sektmarke Freixenet (die Henkell-Sekt gehört) der in Spanien der sehr beliebte Produzent Codorníu zuhause. Dort haben wir eine Führung durch die Kellerei in Englisch gebucht.

Die Homepage von Codorníu verspricht ein erinnerungswürdiges Erlebnis – mal sehen. Mit einem Image-Film geht es los, dann zu Fuß übers weitläufige Gelände. Start ist an der ‚Kathedrale‘, einem Gebäude, das tatsächlich eine Art Tempel des Sekts ist und auch so aussieht, aus der Zeit des Modernismo. Als der spanische Sekt, nach Champagner-Methode hergestellt, 1872 erfunden worden war, konnte man es sich einige Jahre später leisten, einen bekannten Architekten mit dem Bau einer repräsentativen Verpackungsstation zu beauftragen: Josep Puig de Catafalch. Später durfte er auch noch die Halle über dem unterirdischen, 30 Kilometern langen Gängesystem, das sich auf dem Niveau -1 bis -4 befindet, entwerfen. Auch das ehemalige Wohnhaus der Familie – durch Heirat der letzten Erbin relativ bald nicht mehr nur Codorniú, sondern Raventós-Codorniú – ist ein Modernismo-Bau: ein quaderförmiger Klotz mit Privatkapelle und einem Turm mit Hütchen. Das einfache Farmhaus noch früherer Zeiten steht auch noch auf dem Gelände; die Weinproduktion geht bis ins Jahr 1551 zurück.

Man zeigt uns etliche historische Pressen, Flaschen usw. und lässt uns einen Blick in den nicht mehr genutzten, aber mit Fässern dekorierten obersten Keller werfen, der auch gerne für Hochzeiten und Firmen-Events vermietet wird – für bis zu 1000 Personen. Über eine schmale Treppe geht es immer tiefer bis in das vierte Untergeschoss 20 Meter unter der Erdoberfläche, wo alle ‚Straßen‘ auch Namen und Nummern haben. Hier wartet auf den Besucher ein Mini-Zug, den unser Guide zackig um die Kurven lenkt – bitte gut festhalten! Seitlich der Kellergänge stecken gefüllte Flaschen (‚full but undrinkable‘) malerisch in alten Rüttel-Ständern. Von Hand werden nur noch die allerfeinsten Sorten gerüttelt, die anderen schon lange nicht mehr: 2023 wurden insgesamt weltweit 60 Mio. Flaschen Codorniú-Cava verkauft (Cava insgesamt: ca. 250 Mio.)! Die Flaschen lagern auf Paletten und werden auch palettenweise gerüttelt, um die Hefe zu verteilen; später vereist man den Flaschenhals, öffnet dann die Flasche und kann den Klumpen Eis mit Rückständen bequem entnehmen und anschließend die Flasche mit der gewünschten Menge Zucker und Wein auffüllen – Rezeptur streng geheim! Erst jetzt werden die Flaschen etikettiert, verkorkt und mit dem Metallkorb versehen. Aus den Tiefen geht es zum Glück sehr bequem mit einem Aufzug zurück nach oben.

Drei Gläser pro Person warten schon in einem Nebengebäude auf uns; auf dem Tresen stehen verschiedene Käse, die wir genau nach Vorschrift mit den verschiedenen Cava-Sorten kombinieren dürfen (Schaf, Kuh und Ziege); auch Gebäck gibt es reichlich. Wir dürfen drei sehr unterschiedlich Cavas probieren, natürlich allesamt besser (und teurer) als die im Supermarkt zu erwerbende Sorte: zwei aus der Ars Collecta-Serie (sortenrein), ein Blanc des Noirs und ein Grand Rosé und eine Jaume Codorníu Gran Reserva Brut (mit sehr viel kleineren Bläschen und einem tollen Geschmack). Von dort zum Shop ist es nicht mehr weit, na, klar, und wir nehmen zwei Flaschen der Reserva von 2018 mit – ein Anlass wird sich noch finden. Preislich liegen die Cavas weit unter dem Champagner-Niveau, geschmacklich können sie mithalten, wie wir finden. Jedenfalls ziehen wir etwas dusselig im Kopf (ich mehr als Tom…), aber sehr zufrieden mit unserem Kellerei-Besuch von dannen. 133 Kilometer sind es noch bis zu unserem Parador in Lleida.

Von außen unscheinbar entfaltet der Parador innen seine ganze Größe und Pracht. Ein ehemaliges Kloster wurde zum Hotel umgebaut; der Kreuzgang in drei Arkadenreihen umschließt die heutige Lobby, die Zimmer liegen auf zwei Etagen rund herum und das Restaurant ist in einer ehemaligen Kirche untergebracht: ganz in weiß, dazu rotbraune Möbel und dunkelgrüne Sofas. Sehr schick ist das alles! Wir genießen Ambiente und Essen, letzteres katalonisch oder spanisch, je nach Wunsch. Ich entscheide mich für Schnecken; und es kommen nicht sechs oder zwölf wie in Burgund, sondern sage und schreibe 18 Schnecken, gut gewürzt, begleitet von einer Salsa picante und einer Aioli. Tom bekommt Paté aus Butifarra. Zum Hauptgang gibt es Schulter von der Ziege – ein zarter Traum auf Selleriecreme und Lauch. Auch die Nachspeisen halten das Niveau – vorzüglich!


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