Freitag, 3.11.2023: in Pentedattilo, Ausflug an die Küste

Schreck beim Aufstehen – jemand hat den blauen Himmel gestohlen!! Hm, warm ist es trotzdem: auch bei bedecktem Himmel liegt die Temperatur bei 26 Grad. In Deutschland, d.h. in München, schreibt uns später Constanze, sind es meist unter 10 Grad. Wir fahren ans Meer, finden schnell einen offenen Kiosk am Strand und genießen, neben drei weiteren italienischen Gästen, die milde Luft und das Meeresrauschen bei einem Espresso. Nachsaison-Ambiente…

Im Ort dagegen ist viel los. Ich bilde mir ein, auf dem Postamt schon mal eine Schachtel kaufen zu wollen, um Etliches, was wir nicht mehr brauchen (z.B. Kroatienführer und ähnliches) bei Gelegenheit nach Hause zu senden. Ein sehr freundlicher Kunde zeigt mir, wie man eine Wartenummer zieht. Der Postbeamte am entsprechenden Schalter steht meinem Eindruck nach kurz vor der Pensionierung, mag Tourist*innen per se nicht und fühlt sich insgesamt von meiner Frage in seinem Trott gestört. Erst gibt er vor, mich nicht zu verstehen; nach dem zweiten Mal steht er unwillig auf, schlurft ganz nach hinten, lässt ein paar (nicht schmeichelhafte) Bemerkungen fallen und bequemt sich schließlich auf den Rückweg zu seinem Arbeitsplatz. Meine Frage nach den Kosten wird barsch abgeschmettert – das müsse er erst im Computer nachsehen. Letztlich ist es so, dass man sofort die Gesamtkosten bezahlt, also Schachtel und Porto; ich erhalte ein Papier für den Zoll und einen Beleg, der eine halbe A4-Seite ausfüllt, deren leere Hälfte er noch sorgfältig abreißt und für sich behält. Manchmal ist das Leben wie Kabarett…! Ein teurer Spaß im Übrigen, aber wir haben das untrügliche Gefühl, dass unser Auto immer voller wird – und das muss sich ändern.

Über die Schnellstraße erreichen wir rasch einen weiteren Ort, der im Namen ‚Marina‘ führt: Es gibt hier meist alles doppelt, z.B. Bova (weit oben in den Bergen) und Bova Marina am Meer. Dort finden wir an der Hauptstraße eine gut sortierte Mini-Pasticceria und suchen uns ein paar süße Stückchen aus, die dann zusammen mit zwei Espressi den unglaublichen Preis von 4,50 Euro kosten. Wie kann der Konditor davon leben…?

In Bova Marina ist es etwas kompliziert, einen Zugang zum Meer zu finden; endlich kapieren wir es: Man steigt ein paar Stufen zu einem Flussbett (ohne Wasser) hinunter und folgt der Unterführung zum Meer. Solche versteckten Zugänge gibt es in verschiedenen Höhen und Breiten. Am Lungomare ist natürlich auch alles schon eingemottet, aber viele blühende Pflanzen erfreuen uns: Hibiscus in allen Farben, Frangipani, Oleander, Bougainvilleen. So eine Farbenpracht Anfang November – wir sind im Glück! Manche Häuser sind sehr gepflegt, das strandnahe Hotel schon im Winterschlaf.

Leider ist der Strand recht vermüllt und insgesamt der Eindruck eher etwas schmuddelig. Ein gedruckter Zettel ist an mehreren Straßenlampen plakatiert, offenbar von einer Initiative, die genau das anprangert: Wie kann es in einer Gegend, die mehr Tourismus wünscht, so aussehen?

Auf der Landkarte sind uns sogenannte ‚Calanchi blanchi‘ ins Auge gesprungen, weiße, stark zerfurchte Berghänge, gleich hinter den Häusern. Tom dreht öfter um, bis wir einem kleinen Weg zu Fuß folgen können und die weißen Bergflanken endlich richtig sehen. Dort, wo wir halten, erregt ein gelber Zettel mein Interesse. Die Aufforderung darauf wird von der Realität Lügen gestraft: Bitte keinen Müll abladen, heißt es da – und daneben liegen Matratzen, alte Schuhe und anderer Zivilisationsschutt. Überhaupt liegt in Kalabrien viel Müll herum, manchmal sind offensichtlich ganze Wagenladungen einfach einen Abhang hinuntergekippt worden. Im Supermarkt bekommen wir ungefragt Tüten aufs Band gelegt (die wir auch noch zahlen müssen!) – mit Plastiktüten geht man in Italien immer noch recht locker um.

In unserem Apartment brate ich noch schnell ein Omelett, bestehend aus einer roten Zwiebel (23 Cent), einer süßen Peperoni (21 Cent), drei Eiern, ein paar Kräutern und Käseresten mit rotem Peperoncino. Wenn man sich vegetarisch ernährt, ist der Aufenthalt in Italien sehr preiswert. Im Ländervergleich mit Frankreich schneidet Italien – es muss einmal gesagt werden – schlechter ab, weil es keine festgelegten Menüs gibt (oder zumindest kaum und wenn, dann langweiligste Arrangements). In Marseille z.B. bezahlten wir für ein Essen zu viert kaum mehr als hier zu zweit.


Beitrag veröffentlicht

in

,

von

Schlagwörter: