Dienstag, 9.1.2024: in Aigues-Mortes und Umgebung

Geburtstagswetter: Strahlend blauer Himmel, aber natürlich kalt – genau, was Steinböcke mögen! Man bereitet mir ein wunderbares Frühstück, Blumen stehen auf dem Tisch und sogar einige Päckchen. Viele Gedanken stecken in den Geschenken – über alles freue ich mich sehr.

Mein Geburtstagswunschziel heißt Aigues-Mortes. Die Stadtmauer ist noch vollkommen erhalten, die Häuser innerhalb folgen noch den im frühen Mittelalter festgelegten Straßenzügen und zugestandenen Größen; auch haben sich einige Gärten im Stadtgebiet erhalten. Nur der einst bedeutende Hafen ist längst versandet, auch wenn das ‚tote Wasser‘ (vgl. Aigues-Mortes), also die Sümpfe, immer noch ringsherum die Siedlung umschließen. Ein museumspädagogisch hervorragender Film informiert uns über die Entstehungsgeschichte des Ortes und Bedeutung als zweimaliger Startpunkt zu Kreuzzügen; Ludwig der Heilige ist der Initiator und konnte damals tatsächlich 25.000 Mann für sein kriegerisches Vorhaben rekrutieren. Wir steigen auf den größten Turm (Tour de Constance), der auch den (heute ohne Meer unnötigen) Leuchtturm trägt und zur Zeit der Protestantenverfolgung auch als Gefängnis diente. Zwei schöne Säle mit Kreuzrippengewölbe liegen übereinander, dann erreicht man die Aussichtsterrasse und erhält einen weiten Blick über Stadt und Land bis zu den Cevennen, weil die Luft heute so klar ist.

Nach dem Umrunden des Städtchens streben wir einem schönen, platanenbestandenen Platz in der Mitte zu, an dem – sonnig-windgeschützt – auch ein Café geöffnet hat: Café bzw. Thé gourmand für vier aus fünf und eine Coca zéro. Der Café gourmand ist eine Super-Erfindung: ein Espresso, der von Nachspeisenköstlichkeiten in kleinen Gläschen umkränzt wird. Hier sind es Tiramisù, Mousse au chocolat, panna cotta mit Himbeersauce, eine Kugel Eis und etwas Sahne – genau richtig für (Geburtstags-)Leckermäulchen!

Eine knappe halbe Stunde entfernt befindet sich der `Parc Ornithologique de Gau‘, ein großzügig und weitflächig angelegter Vogelpark mit breiten gesandeten Wegen durch die Sümpfe und entlang der Brackwasser-Teiche, in denen Hunderte, wenn nicht Tausende von Rosa Flamingos stehen, schlafen, staksen und manchmal auch fliegen. Niemand von uns, auch ich nicht, hatte diese hohe Zahl an riesigen Vögeln erwartet, die wir aus unmittelbarer Nähe beobachten können. Etwas weiter entfernt sitzen verschiedene weiße und graue Reiher auf Strauchwerk oder niedrigen Bäumen und warten ab. Bei den Flamingos geht es lauter zu: Sie sind kommunikativ und verabreden sich bisweilen nach lautem Geschrei zum Abflug. Wir sind völlig fasziniert von der Flugsilhouette der Tiere: nach einem leicht strampelnden Anlauf strecken sie sich nach Erreichen der Flughöhe völlig flach aus. Unter den ausgebreiteten Schwingen erscheinen dann kontrastreich dunkelrosa und schwarze Federn. Welch ein Schauspiel! Von Flamingos im Gegenlicht oder angestrahlt von der sinkenden Sonne, krummen Flamingo-Schnäbeln, blanken ausdruckslosen Flamingo-Augen ganz zu schweigen. Tut mir leid, ihr Enten, Sperlinge, Rotkehlchen… dagegen verblasst eure Schönheit! Von den auf Schildern genannten Nutrias, Eichhörnchen, Bibern treffen wir kein einziges Exemplar. Alle fünf sind wir uns einig: trotz Vorurteilen gegenüber der Idee Vogelpark sind wir alle erfüllt von Farben (blau, golden, rosa) und überwältigt vom Erlebten der Schönheit.

Glücklich fahren wir einem prächtigen Sonnenuntergang hinter La Grande Motte entgegen, dessen stufenförmige Häuser sich in der Ferne abzeichnen. Im Apartment haben wir noch ein bisschen Zeit, um uns für das Abendessen und ein Gläschen Champagner vor dem Start schick zu machen. Die Tram bringt uns in die Nähe des Restaurants „Pastis“, in dem es ein Überraschungsmenü (nein, keinerlei Allergien, alle essen alles) zum Dîner gibt, mit gut ausgewählter Weinbegleitung. Sorgsam arrangierte Speis-chen und Speisen reihen sich aneinander und steigern sich in Güte und Kreativität. Jeder Gang wird auf filigranen Tellern plus einem Schälchen serviert, jeweils dasselbe Ausgangsprodukt in zwei grundlegend anderen Varianten bzw. Texturen. Dieses Konzept überzeugt. Kerstin und ich (als Liebhaberinnen wirklich heißen Essens) bedauern ein wenig, dass die Tischdecke fehlt und der Wein erst nach dem Servieren ausgeschenkt wird sowie die jeweiligen Erklärungen noch abgewartet werden müssen. Sonst sind alle mit dem Ambiente zwischen mittelalterlichem Gemäuer und moderner Einrichtungen, dem Menü und den Weinen höchst zufrieden. Der Küchenchef zeigt sich nicht – schade. Damit geht ein wunderschöner Geburtstag stilvoll zu Ende und stimmt mich milder gegenüber der neuen Zahl an Jahren…

Und so kommentiert der Guide MICHELIN unser Restaurant (https://pastis-restaurant.com/):

Ein Stern: eine Küche voller Finesse
Wend your way along the narrow Rue Terral to this comfortable and attractively decorated restaurant. It is one of Montpellier’s most popular eateries and you will quickly understand why! It is impossible to resist Daniel Lutrand’s cuisine, which is both inspired and inspiring, refined and delicate, in a bid to showcase the region’s top producers as well as more unusual ingredients (such as barracuda). An example: Candillargues chicken served with artichoke and hazelnuts and a reduced jus. As well as the sensibly priced lunchtime menu, you’re in for a treat with the “surprise” menu which varies depending on the chef’s inspiration. Cheerful, enthusiastic service by manager and business partner Jean-Philippe Vivant. Knockout wine list.“


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