Donnerstag, 9.11.2023: in Catania

Auch heute kommt der Bus annähernd nach Fahrplan, und schon bestaunen wir den schönen Jugendstil-Bahnhof, den die Stadt Taormina seinerzeit extra für den angekündigten Besuch von Kaiserin Elisabeth (ja, unserer Sissi!) erbauen hat lassen, von außen burgähnlich und innen mit reich verzierten Decken, Schaltern hinter verschnörkelten Gittern, bunten Glaslampen und sehr unbequem wirkenden, aber originalen Wartebänken. Natürlich gibt es eine nette Bar mit einem freundlichen Barista, der uns den ersten ‚caffè‘ des Tages serviert.

Der Zug ist pünktlich. 45 Minuten später steigen wir in Catania aus. Eine Straße mit sehr vielen Eisenwarenhandlungen und Geschäften, die Fenster und Türen verkaufen, führt Richtung Dom. Wir sind nicht sicher, ob wir uns bereits in der Altstadt befinden oder ob einfach alles ein bisschen alt = heruntergekommen aussieht, vermutlich eher letzteres, denn die Bauzeit der hohen Häuser dürfte eher um die Jahrhundertwende liegen. Immerhin weisen die meisten Mietskasernen sehr unterschiedliche Balkone auf und sind damit und über Hinterhöfe gut belüftet.

Es dauert nicht lange, dann stehen wir vor dem Teatro Massimo Bellini, dessen hohe Seitentüre weit offen steht, wo doch unser Reiseführer meinte, dass das Theater fast immer geschlossen sei. Es bietet sogar um 12 Uhr die nächste Führung an! Wird sofort gebucht! Mal sehen, ob das Theater innen genauso verschlissen aussieht wie außen.

Links vom Theater ist die ehemalige Via Birreria in Via Maria Callas umbenannt – die Sängerin ist mit Bellinis Arien berühmt geworden oder hat sie berühmt gemacht… wie auch immer. Als wir die Theaterkasse verlassen, fällt unser Blick auf zwei Plakate, die Opern- bzw. Konzertaufführungen ankündigen. Nein, keine Oper, wäre auch ein großer Zufall gewesen… Aber da! Ein Konzert am Samstag um 17.30 Uhr und auch noch eine Hommage an Gershwin! Wir überlegen nur kurz und kehren zur Kasse zurück; es gibt noch ungefähr zehn Restkarten, zwei davon für uns! Große Freude!

Die Wartezeit auf die Führung überbrücken wir, wie könnte es anders sein, im Operncafé, gleich gegenüber, mit einem Cappuccino. Der Haupteingang des Theaters ist eher klein geraten, wenn man ihn ins Verhältnis zur Zuschauerzahl setzt: 1500 Plätze! Viel roter Samt, rundherum Logen, an der Deckenmitte die Musen, außen herum Medaillons zu den vier Opern Bellinis – sehr hübsch. Auf der Bühne probt das Orchester… wer hätte es gedacht… Gershwin, und so bekommen wir schon einmal einen Vorgeschmack auf den Samstag: ja, klappt schon recht gut. Ganz oben im Theater dann ein großartiges Foyer, mit vielen Spiegeln, die räumliche Weite vortäuschen, noch mehr Gold und natürlich mit Bellini himself als Statue – er wirkt ein bisschen wie ein Dandy.

Weiter geht‘s zur Piazza del Duomo mit vielen Palästen, alles in schwerem Barock nach dem verheerenden Erdbeben und Vulkanausbruch im 17. Jahrhundert neu aufgebaut, nachdem Catania zwei Mal kurz hintereinander fast dem Erdboden gleich war. Weil viel Lava-Stein verwendet wird, wirkt die Stadt hier etwas düster. Auch der Elefant in der Mitte des Domplatzes ist schwarz; später hat man ihm einen ägyptischen Obelisken aufgesetzt, ich nehme an, napoleonische Beute, wie auch in Paris auf der Place de la Concorde. Der Dom ist noch vier Stunden geschlossen – das ist uns zu lang, wir warten nicht. Hinter einem schönen Brunnen an einer Ecke des Domplatzes wird gerade der Fischmarkt abgebaut: Nein danke, wir haben keinen Hunger, der fiese Fischgeruch reicht.

Unweit vom Dom befindet sich in einem alten Palazzo ein sehr verwinkeltes Museo dell Arte Contemporaneo di Sicilia, das nicht nur durch klug ausgewählte Werke (auch spanischer oder schweizerischer Künstler*innen, aber auch lokaler) auffällt, sondern zudem noch durch eine perfekt überlegte Hängung und Ausleuchtung. Wir sind die einzigen Besucher und genießen es, mit den wunderbaren Bildern und Skulpturen alleine zu sein.

Leider ist ein UNESCO-Palazzo geschlossen, ebenso das Museum einer sizilianischen Modeschöpferin. Durch ein sehr ärmliches Viertel, wo wir aufgrund einer Moschee, Migranten vermuten, erreichen wir den Bahnhof. In Taormina kommen wir 20 Minuten verspätet, aber immerhin, nach 45 Minuten Zugfahrt, an. Leider keine Spur von einem Taxi – irgendwann kommt endlich der richtige Bus nach Giardini. Tom, der Catania gegenüber erst ein wenig skeptisch war, ist auch sehr zufrieden mit dem Ausflug.


Beitrag veröffentlicht

in

,

von

Schlagwörter: