Montag, 6.11.2023: Fahrt auf und um den Ätna

Weil auch heute Superwetter angekündigt ist, brechen wir gleich nach dem Frühstück in einer typisch italienischen Bar (Antica Pasticceria Salomone) mit lecker gefüllten Hörnchen (Ricotta! Eine Entdeckung und Gaumenfreude!) in Richtung Ätna auf.

Tom hat sich schon informiert und strebt der Seilbahn in 2000 Metern Höhe zu. Vorher halten wir aber noch an einem Parkplatz, wo Honig zu teuren Preisen, aber mit gigantischem Geschmack verkauft wird. Wir entscheiden uns für Honig aus der Zeit der Zitronen-, Pistazien- bzw. Ginsterblüte – Wahnsinn, wie man die jeweilige Blüte im Honig schmeckt! Vom Parkplatz aus hat man zudem einen schönen Blick auf die Doppelspitze – bzw. eher Doppeldelle – des Ätna. Ein paar Serpentinen weiter hat sich Gras in der Vulkanasche angesiedelt und strahlt in herbstlichem Ocker – was für eine tolle Farbe!

Zuletzt hat der Ätna, der übrigens zum UNESCO Weltnaturerbe zählt und hier liebevoll Mongibello genannt wird, eine phonetische Angleichung ans arabische ‚djebel‘ für Berg, wohl im August 23 Feuer gespuckt… Hilfe… ist ja gar nicht lange her…! Wenn Wanderer dort sterben, liegt es aber offenbar eher daran, dass sie sich im Nebel verlaufen: Die schwarzen Lavabrocken dienen nicht der Orientierung… Oder es kommt plötzlich ein Gewitter – dann ist man dort oben ohne Deckung! Aber – wie man merkt – ist uns nichts passiert: Wir schweben langsam mit der Seilbahn nach oben (1 x rauf und runter schlappe 50 Euro für 500 Höhenmeter…), genießen den Aus- und Überblick noch aus der Gondel. Oben begleiten uns auf den nächsten Höhenmetern die spitzen Schreie von Amerikanerinnen: „Oh my God!!! Look at thaaaat…!!!“. Wir stehen eher wortkarg in stummer Beobachtung und Bewunderung der zwei meist dampfenden und des manchmal Rauch ausstoßenden rechten Gipfels. Die letzten Vulkane in Aktion sahen wir in Chile, später hat uns der Vulkanismus in Neuseeland beschäftigt, während wir in Clermont-Ferrand beim Schüleraustausch eine Kette von 100 (erloschenen) Vulkanen vor Augen hatten. Sehr kantiges Gestein, erkaltete Lavaströme, todbringende Masse. Andererseits muss man zugeben, dass die Gegend um den Ätna unglaublich fruchtbar ist – und das verdankt sie auch der Lava. Dafür mussten manche Dörfer mehrfach aufgebaut werden. Auch die Gipfelstation der Seilbahn musste schon einmal daran glauben, ebenso das nicht mehr existierende Skigebiet, auch wenn noch manche Sesselliftstütze im Boden verankert ist. Die Betreiberfamilie hält aber an einer Seilbahn fest: mit Risiko, aber sicher auch fetten Gewinnen.

Auf 2.500 Metern bläst der Wind, letzte Schneereste liegen noch in Spalten; mit Allrad-Kleinbussen und Führern hätte man noch höher gekonnt (2.900 m), aber wir meinen, dass sich die Ansicht nicht wesentlich ändert: alles anthrazitfarben, abweisend und um die Krater herum gibt es eine weite Sicherheitszone.

Beim Hinunterfahren lenkt uns das Navi über winzigste, sich bald durch goldgelbe Kastanien- und Steineichenwälder windende, fast nur einspurige Sträßchen. Weiter unten folgen Weinreben, ausgedehnte Bereiche mit Pistazienbäumen, dann breiten sich Oliven-, Orangen- und Zitronenbäume aus, bis wir die Lavaterrasse vom 30.000-Einwohner-Städtchen Andrano erreichen. Espresso und Gelato – für mich bitte (unbedingt!) Pistazie und Zuppa Inglese, für Tom wie immer Schokolade und dazu ausnahmsweise Erdbeer – beleben uns wieder. Dennoch beschließen wir, nicht die ganze Runde um das riesige Ätna-Gebiet auszufahren, sondern nach dem Supermarkt auf direktem Weg, will sagen: Schnellstraße plus Autobahn, nach Giardini zu fahren.

Der eigentlich Plan ist, uns pünktlich zum Sonnenuntergang auf der Dachterrasse, zwei Etagen über unserem Apartment, einzufinden. Leider verliebe ich mich in den Anblick eines lilafarbenen, knackig-frischen Blumenkohls, dessen Preis herauszufinden an der Kasse mindestens eine Viertelstunde Zeit kostet. Gleichzeitig plärrt ununterbrochen der Werbespruch des Supermarkts von wegen ‚spesa intelligente‘ aus den Lautsprechern. Als ich dies mit ironischem Lächeln gegenüber dem inzwischen herbeibemühten Filialleiter wiederhole, zuckt er zur Entschuldigung nur etwas schuldbewusst die Achseln. Ja, und dann gibt es um Catania noch Stau… Sonnenuntergang also recht unromantisch auf der Autobahn. Essen zuhause, nach einem sizilianischen Rezept: Rote Zwiebeln mit Nelken in Marsala. Gut, dann riecht das Apartment eben etwas nach Küche…


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