Samstag, 21.10.2023: über Egnazia und Ostuni nach Nardò

In Polignano brechen wir unsere Zelte wieder ab, und ich bin mir im Vorfeld nicht ganz sicher, ob es eine gute Idee ist, bei den Ausgrabungen von Egnazia (an der Costa di Bari gelegen) anzuhalten, sehen doch römische Steinhaufen oft recht ähnlich aus…

Wir nehmen die Küstenstraße, die das Ausgrabungsfeld teilt, klettern (unerlaubt) über ein (wirklich!) niedriges Mäuerchen und sehen uns erst einmal die steinigen Reste einer spätantiken Befestigung, eines Tempels und Mauerreste der Akropolis an. Gleich daneben befindet sich der Lido archeologico, wo man im Sommer versunkene antike Steine (der ruinösen Hafenanlage) (und früher wohl auch Amphoren) tauchend oder schorchelnd besichtigen kann. Natürlich ist der Lido jetzt verwaist, nur wir stehen am Rand, vom Winde verweht. Na ja, sieht doch ganz interessant aus: Wir fahren zum Museum, das uns nun wirklich überrascht: ein hervorragender Film über die Ausgrabungen mit visuellen Rekonstruktionen zu verschiedensten Epochen, verschiedene Räume in durchdachter Architektur, die sich jeweils einem Thema einer Epoche widmen, didaktisch sehr ambitioniert, aber ausschließlich in Italienisch. Was wir nicht wörtlich verstehen, denken wir uns dazu. Wegen des Windes und des erwarteten Regens empfiehlt uns die freundliche Dame vom Empfang, möglichst gleich nach dem Film aufs Freigelände zu gehen.

Unser Reiseführer bezeichnet den Besuch der „frühapulischen Küstensiedliung Gnathia [als] ein unbedingtes Muss für geschichtlich Interessierte“. Also los! Auch draußen ist die Beschriftung gut, wenngleich stellenweise von der Sonne ausgeblichen. Kurzer Abriss: Lange nach der Bronzezeit und vor den Griechen und Römern siedelten hier schon die Messapier, ein frühapulischer Stamm (etwa im 5. Jh. v. Chr., nach Dauniern und Peuketiern… von keinem der drei Stämme jemals gehört…). Die Blütezeit, deren Reste im Freigelände zu sehen sind, fällt in die frühe römische Kaiserzeit, in der auch einfach quer durch die Stadt eine Straße für Heer und Handel angelegt wurde, die Via Traiana (wie von Haussmann in Paris …). Sie ist noch gut zu erkennen. Weitere Ruinen – das Forum, eine Basilika, ein Amphitheater, das auch ein Regenwasserspeicher sein könnte sowie Wohn- und Handwerkerviertel sind ebenfalls zu sehen, dazwischen einige Gräber aus messapischer Zeit; das Grabungsfeld der messapischen Nekropole sparen wir uns.

Neben den Vitrinen mit vielen (fast) ganz zusammengepuzzelten Vasen, Amphoren, Krügen und Statuetten sowie einem Kristallwürfel von 20 Seiten mit griechischen Zahlen, Münzen und Schmuck, fasziniert uns besonders das Untergeschoss, das so gestaltet ist, dass man denkt, in eine Unterwasserwelt einzutreten: Unterwasserarchäologie heißt denn auch das Stichwort für die zahlreichen Exponate. Wieder was gelernt…!

Nun haben wir uns viel länger als geplant in diesem tollen und doch kaum ausgeschilderten Museum aufgehalten und stillen unseren Hunger in einer Bäckerei/Pizzeria am Straßenrand, in der – Nachsaison sei Dank – nur Italiener mit Brottüten in der Hand ein Schwätzchen halten, bevor sie der Mamma, die wohl brav in der Küche steht, ihren Einkauf abliefern… Wir probieren auch noch ein Arancino, mir nur aus Kochbüchern bekannt. Wikipedia meint, dass Arancini (gefüllte Reisbällchen) als sizilianische Leibspeise gelten.

Trotz der Stärkung kann ich mich so gar nicht mit dem Ort Ostuni anfreunden, obwohl er – wegen der weißen Farbe der Häuser auf dem Stadthügel – den Beinamen „die Perle Apuliens“ trägt. Ich finde die Stadt überlaufen und erstarrt, ungepflegt und schmutzig. Leider verbessert sich der Eindruck auch nach einer Kugel hervorragenden Gelatos nicht (aber den Versuch war es wert). Es beginnt ohnehin zu tröpfeln, und so verlassen wir bald die Stadt und ihre im Foto durchaus malerisch wirkenden Gassen und Treppen.


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